UPDATE: Riese & Müller hat aufgrund von Problemen in der Lenkung das Packster 70 zurückgerufen. Alle Infos dazu findet ihr hier.
Als einziges E-Lastenrad im Test muss sich das R&M Packster 70 Vario mit der deutlich leichteren Konkurrenz messen. Kann der Riese mit seinem cleveren Transportsystem und dem Bosch Cargo-Motor überzeugen oder bedeutet die schiere Größe des Cargo-Bikes das Aus? Wir haben es für euch herausgefunden!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag

Riese & Müller Packster 70 Vario | Bosch Cargo Line Cruise/1250 Wh
62 kg | 9.548 € | Hersteller-Website

Ein E-Lastenrad im Pendler-Bike-Vergleichstest? Moment mal! Hat der Chefredakteur (mal wieder) zu viele von den besonderen Brownies vernascht, während er die Einladungen zum Test rausgeschickt hat? Oder steckt tatsächlich mehr dahinter? Schließlich haben wir bereits während der Suche nach dem besten Cargo-Bike festgestellt, welches Potenzial in den sanften Riesen auf zwei bzw. drei Rädern schlummert. Wenn andere E-Bikes voll Stolz und mit breiter Brust 25 kg Gepäck in zwei Satteltaschen auf dem Gepäckträger schleppen, kann das Riese & Müller Packster 70 Vario nur müde lächeln – denn dieses Bike stellt sich den wirklich großen Herausforderungen des urbanen Alltags. Eine halbe Kita-Belegschaft in die Natur shutteln? Warum nicht? In die Transportbox passen, wenn es hart auf hart kommt, drei Lütten und hinten auf dem Gepäckträger kann noch ein Krümel Platz nehmen. Den Wocheneinkauf für die ganze Bande erledigen? Auch das ist kein Problem, die Box glänzt mit einem Ladevolumen von 375 l und ist mit einem Gewichtslimit von 100 kg freigegeben. Beeindruckend? Oh ja. Commuting-tauglich? Wir finden es heraus!

Die Ausstattung des Riese & Müller Packster 70 Vario im Detail

Das Riese & Müller Packster 70 Vario versprüht nicht nur für E-Lastenrad-Fans einen unbändigen Sex-Appeal. Kaum jemand kann auf der Straße die Augen von dem Ferrari unter den Cargo-Bikes abwenden! Im Vergleich zu einem der italienischen Sportwagen erscheint sogar der aufgerufene Preis von 9.548,20 € nicht mehr ganz so hoch. In puncto Verarbeitungsqualität gibt es nicht viel zu diskutieren, in dem Bereich setzt Riese & Müller seit Jahren Maßstäbe. Die Ausstattung ist komplett alltagstauglich und glänzt mit einem MIK-Gepäckträger, der bis 27 kg freigegeben und damit für die Montage eines Kindersitzes geeignet ist, einem sehr hellen Supernova M99-Vorderlicht mit Fernlichtfunktion, Metall-Schutzblechen, einem zentralen und einfach zu bedienenden Ständer und zwei Schlössern: einem Rahmenschloss und einem passenden Kettenschloss in der Satteltasche. Falls es einem kriminellen Mastermind doch gelungen ist, beide Schlösser zu knacken, dürfte spätestens zu Hause das böse Erwachen kommen: Dank dem ab Werk installierten RX Chip könnt ihr euer Bike orten und wiederbeschaffen lassen. Hierfür gibt es von R&M einige RX Services mit verschiedenen Abo-Modellen, die man ab 39,90 € pro Jahr buchen kann.

Das Packster 70 Vario ist sicherlich nicht das intuitivste Bike im Test. Wer sich jedoch an die hohe Agilität der Lenkung gewöhnt hat, wird kaum ein spaßigeres Bike im Test finden!

Große Füße? Och nee.
Leute mit großen Füßen können Probleme beim Pedalieren bekommen und die Box mit der Fußspitze berühren. Schade um die schöne Box!
Beinsalat garantiert
Auch wenn Mattis und Sarah zu gerne Marlene mitgenommen hätten, wirklich Platz für eine dritte Person gibt die Box nicht her.
Made by Daniel Düsentrieb
Hier hat das Genie Entenhausens ganze Arbeit geleistet und es geschafft, die Lenkung des E-Cargo-Bikes komplett intern zu integrieren.

Riese & Müller Packster 70 Vario

9.548 €

Ausstattung

Motor Bosch Cargo Line Cruise 85 Nm
Akku 2x Bosch PowerTube 1250 Wh
Display Bosch SmartphoneHub
Fork SR Suntour MOBIE-A32 70 mm
Sattelstütze SATORI Elegance-LT OV
Bremsen TRP C2.3 180/203 mm
Schaltung GATES CDX/Enviolo 380 stufenlos
Vorbau SATORI 60 mm
Lenker SATORI Horizon 620 mm
Laufradsatz Alex MD30
Reifen Schwalbe Smart Sam Plus 20/26 x 2,35"

Technische Daten

Größe ONE SIZE
Gewicht 62 kg

Besonderheiten

Riesige Transportbox, Online Konfigurator
Zentraler Ständer, Abus Rahmenschloss
Gefederte Sattelstütze
RX Connect-Ortungschip

Geladen und entsichert
Die beiden abschließbaren Bosch PowerTube-Akkus sind perfekt in den Rahmen integriert und sorgen neben einer hohen Reichweite für einen tiefen Schwerpunkt des E-Lastenrads.
Wenn’s steil wird, ist man leider raus
Die Enviolo-Nabenschaltung kommt bei steilen Anstiegen an ihre Grenzen, da hilft auch die enorme Power des Bosch-Motors nur geringfügig.
Größe ONE SIZE
Oberrohr 590 mm
Lenkwinkel 71,0°
Sitzwinkel 69,0 °
Kettenstrebe 440 mm
Radstand 1.870 mm
90°-Kurve – warum nicht?
Das Packster 70 Vario ist durch die Seilzuglenkung sehr agil und auch scharfe Kurven stellen für das E-Lastenrad kein Problem dar.

E-Lastenrad-Power satt – Der Bosch Cargoline Cruise-Motor

Welcher E-Motor ist kräftig genug, um ein voll beladenes Cargo-Bike den nächsten Anstieg hochzuschieben? Auf diese Frage gibt es eigentlich nur eine sinnvolle Antwort: der Bosch Cargoline Cruise-Motor mit 85 Nm Drehmoment – und glücklicherweise hat sich R&M für genau dieses Modell entschieden. Den Bosch-Motor versorgen zwei Akkus mit Strom, die auf eine Gesamtkapazität von 1.250 Wh kommen. Bei genauer Betrachtung des gesamten Motor-Akku-Konzepts zeigt sich wieder das ganze Know-how der hessischen Firma. Der Ladeport zum internen Laden der Akkus ist vorne an der Transportbox angebracht. Man fährt also einfach mit dem Vorderrad zur Steckdose und verbindet das E-Lastenrad mit dem örtlichen Stromnetz – clever! Auch die Position der abschließbaren Akkus im unteren Teil der Box ist sinnvoll gewählt und ermöglicht einen tiefen Schwerpunkt des Bikes. Natürlich ist aber auch ein externes Laden möglich, die zwei Bosch-Akkus kann man dafür einfach aufschließen, rausziehen und mit in die Wohnung nehmen. Für Navigation und andere Connectivity-Features ist der Bosch SmartphoneHub zuständig, der auch ohne eingeklemmtes Smartphone die wichtigsten Fahrdaten auf dem Display anzeigt.

Beim Thema Beschleunigung gewinnt das große E-Cargo-Bike sicherlich keinen Blumentopf und auch das Überfahren der 25-km/h-Schwelle gelingt nur abwärts. Das Packster 70 Vario lässt sich in der Ebene jedoch ohne großen Kraftaufwand zügig fortbewegen und eignet sich dadurch auch für die schweißfreie Fahrt ins Office. Logischerweise fährt man das schwere Lastenfahrrad mit einem Leergewicht von 63,2 kg ausschließlich im Turbo-Modus. Das ist aber sowieso klar, einen Ferrari fährt man ja auch nur mit Vollgas. 😉

Die halbe Kita-Belegschaft shutteln? Kein Problem! Vorne passen je nach Alter und Größe zwei bis drei Kiddies in die Box, hinten eins auf den Gepäckträger und wer noch nicht genug hat, kann noch einen Anhänger mit zwei weiteren Lütten ans E-Lastenrad packen.

Das Riese & Müller Packster 70 Vario im Test

Wer sich näher mit dem R&M Packster 70 Vario beschäftigt, wird unweigerlich auf die neue und in den Rahmen integrierte Seilzuglenkung stoßen. Im Vergleich zu den meisten anderen Lastenrädern ist bei diesem Fahrrad-Lkw von außen nicht zu erkennen, wie das Bike gelenkt wird. Viele Grüße an dieser Stelle an Daniel Düsentrieb, der – und da sind wir uns ganz sicher – im Entwicklungsteam von Riese & Müller sitzen muss. Durch die Seilzuglenkung ist es möglich, den Wendekreis auf eine beachtlich kleine Zahl von nur 2,3 m zu senken, und so konnten wir z. B. das E-Cargo-Bike ohne Probleme schiebend im Redaktionshof wenden. Für enge Großstädte ist das natürlich von Vorteil, zumal sich das Packster auch während der Fahrt und bei langsamer Geschwindigkeit sehr wendig verhält. Lastenrad-Neulinge sollten es mit dem Packster jedoch langsam angehen lassen und besser die eine oder andere Übungsfahrt auf einem leeren Parkplatz einplanen, denn das Cruisen mit dem Elefanten im Vergleichstest will gelernt sein und erfordert eine gewisse Eingewöhnung. Das vom Hersteller versprochene kinderleichte Handling können wir dem Packster 70 deshalb nicht attestieren.

Tuning-Tipps: Wer statt dem Nachwuchs vor allem Lasten transportiert, sollte sich das Carry System für einen Aufpreis von 169,90 € genauer anschauen. Durch diese praktische Erweiterung wird der Transport von Eurokisten zum Kinderspiel und auch die Frachtsicherung erhält durch vier Ösen zum Fixieren ein dickes Upgrade. | Wer viel im hügeligen Terrain unterwegs ist, sollte das Bike mit einer anderen Schaltgruppe bestellen.

Auweia
Wir schreiben das Jahr 2021 und ihr hatet noch immer gegen E-Bikes und lacht über Cargo-Bikes? Leute, reißt euch zusammen. Es geht nichts über das Gefühl, im E-Lastenrad mit dem besten Freund durch die Gegend kutschiert zu werden!

Die bei unserem Test-Bike verbaute und schwammig zu schaltende Enviolo-Nabenschaltung kann auch beim Packster 70 Vario nicht vollends überzeugen und so bringen steile Anstiege das E-Lastenfahrrad trotz des potenten Bosch-Motors schnell in die Bredouille, da es an kleinen Gängen mangelt. Für ein gutes Komfortlevel in der Front sorgt die Suntour MOBIE-A32-Federgabel, die Bordsteinkanten, Schlaglöcher und andere Straßendefizite effektiv entschärft. Das ist vor allem bei empfindlicher Beladung von großem Vorteil! Durch das Regenverdeck bleiben sowohl Fracht als auch Kids stets trocken und auch wenn das Bike mal umkippt, muss man sich keine Sorgen um den wertvollen Box-Inhalt machen, da durch den tiefen Sitz und die gute Knautschzone viel Sicherheit generiert wird. Insgesamt lässt sich festhalten, dass unsere Testcrew eine Menge Spaß mit dem R&M Packster 70 Vario hatte. Es ist sicherlich nicht das typische Pendler-Bike und keine Option für Leute, die ihr Rad täglich Treppen hochtragen müssen oder es in der Wohnung aufbewahren. Wer jedoch vor der Arbeit seine Kids in die Kita bringt, nach der Arbeit noch spontan den Wocheneinkauf erledigen möchte oder eine ernsthafte Transport-Alternative zum Pkw sucht, ist mit dem R&M Packster gut beraten!

Unser Fazit zum Riese & Müller Packster 70 Vario

Das R&M Packster 70 Vario ist der Exot im Testfeld und das Handling des E-Lastenrads bedarf einer gewissen Eingewöhnung. Wer sich aber darauf einlässt, wird mit hohem Fahrspaß belohnt und befördert dank modularem Transportkonzept problemlos Kinder und Lasten aller Art. Der Connectivity-King überzeugt durch das geniale RX-Konzept sowie den SmartphoneHub und glänzt mit einem potenten Motor und einer hohen Akkukapazität. Kein Wunder, dass die Testcrew kaum die Finger vom roten Ferrari lassen konnte …

Tops

  • modulares Transportkonzept
  • hohe Connectivity durch SmartphoneHub und RX-Konzept
  • solidester Ständer aller Bikes im Test
  • hohe Akkukapazität
  • viel Fahrspaß nach Eingewöhnung

Flops

  • geringe Bandbreite der Enviolo-Nabenschaltung
  • Fußkontakt zur Box bei Leuten mit großen Füßen
  • vergleichsweise wenig intuitives Fahrverhalten
  • erfordert dedizierten Abstellplatz
  • Handhabung bauartbedingt eingeschränkt

Fahrertyp

6
Die Trans-Urbanen Meilen-Millionäre 1
Die stilsicheren Stadterkunder 2
The Transporter(s) 3
Die Kurzstrecken-Biker 4
Die Hobby-Biker 5

Mehr Informationen findet ihr unter r-m.de

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag

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Words: Aaron Steinke Photos: Valentin Rühl