Das Riese & Müller Roadster Touring ist ein echtes Novum im Line-up der deutschen E-Bike-Fachleute. Lässt das sportliche City-E-Bike mit starkem Bosch Performance CX-Motor die Konkurrenz Staub schlucken oder bleibt das Roadster auf halber Strecke liegen? Die Antwort liefert unser Pendler-Bike-Vergleichstest.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag
Soweit ihr euch zurückerinnern könnt, hat euer Leben einem eigenen Rhythmus gefolgt. Stillstand bedeutet für euch Rückschritt und die Geschwindigkeit ist eure älteste Freundin. Während andere in die Bremsen steigen, tretet ihr in die Pedale. Wenn ihr euch auf dem Bike in die Kurven lehnt, spürt ihr, wie das Metall unter Spannung steht. Bei allem, was ihr tut, beweist ihr Nerven aus Stahl und ihr sucht ein Bike, das diesen Weg mit euch geht. Mit dem Roadster Touring wagt Riese & Müller einen Vorstoß in Richtung Performance, der nicht ins restliche Produktportfolio passt, aber vielleicht eurem Rhythmus entspricht. Die E-Bike-Fachleute sind bekannt für ihre Premium-Bikes mit hohem Fahrkomfort, innovativen Transportkonzepten und großem E-SUV-Prestige. Für das R&M Homage und Packster in unserem Vergleichstest passt diese Beschreibung wie die Faust aufs Auge. Doch das dritte Bike im Bunde sticht hervor, nicht nur im Riese & Müller-Portfolio, sondern auch in unserem Pendler-Bike-Vergleichstest. Das R&M Roadster Touring will nämlich gar nicht durch die Stadt pendeln, sondern durch sie hindurch fliegen. Statt bequem in der Business-Class an Bord eines R&M-Jumbo-Jets Platz zu nehmen, sitzt man beim Roadster im Cockpit eines Kampfjets. Ob das Bike die neue Stoßrichtung bei Riese & Müller vorgibt, können wir euch nicht beantworten – wie es sich in unserem Test schlägt, aber schon.
Die Ausstattung des Riese & Müller Roadster Touring im Detail
Bei der Ausstattung eures Traum-Bikes lässt Riese & Müller euch einen großen Gestaltungsspielraum. Von Schaltung über Display bis hin zur Sonderausstattung steht einem alles offen. Sogar ob man sein Bike als S-Pedelec oder 25-km/h-Variante fahren will, kann man bei vielen Modellen im Online-Konfigurator entscheiden. Alle Roadster-Modelle haben den robust wirkenden Rahmen mit gerader Linienführung gemeinsam. Die dicken Schweißnähte, besonders am geraden Steuerrohr, schmälern den sonst so hochwertigen Eindruck des E-Bikes. Durch die vielen Ecken und Kanten erhält das Bike seinen Charakter; an der Optik scheiden sich allerdings die Geister. Der mattgraue Lack hingegen trifft bei uns voll ins Schwarze und weckt Assoziationen mit der stählernen Außenhaut von Kampfjets, leider ist die Oberfläche auch ein Magnet für Flecken und sehr pflegebedürftig. Der schmale Lenker unterstreicht die sportliche Seite des Roadster. Damit er sich nicht im Falle eines Sturzes zu weit verdreht und dabei Teile beschädigt werden, verfügt die Gabel über einen Lenkeinschlagbegrenzer.
Der Name Roadster trifft es perfekt: Der Honda S2000 ging genauso scharf um die Ecken wie das Riese & Müller Roadster und der Fahrkomfort fand auch bei ihm nur außerhalb des Wagens statt.
Die vielen Kabel am Cockpit verlaufen gut integriert durch die Acros-Topcap in den Rahmen und sorgen so für einen cleanen Look. Auch bei den anderen Komponenten wurde auf Qualität made in Germany geachtet. Die leichten SKS-Schutzbleche decken die dünnen Schwalbe G-One Allround-Reifen ab. Die Lichtanlage stammt ebenfalls von heimischen Herstellern: Supernova und Busch + Müller sorgen hier für gute Sichtverhältnisse. MAGURA steuert die starke MT4-Bremse aus Bad Urach bei. Sicherheit wird bei Riese & Müller großgeschrieben. Deshalb ist unser 4.368,80 € teures Test-Bike mit einem fest installierten ABUS SHIELD-Rahmenschloss ausgestattet, in das die 130 cm lange Kette aus der Satteltasche eingeklinkt werden kann. Dadurch muss man das 23,8 kg schwere E-Bike (ohne Kette) abends nicht in die Dachgeschosswohnung hochtragen. Sollte es doch jemand hinkriegen, es ganz dreist zu klauen, kann das E-Bike relativ einfach mit dem integrierten RX Connect GPS-Tracker aufgespürt werden.
Riese & Müller folgt bei der Ausstattung einem einfachen Prinzip: Quality made in Germany.
Zu den wenigen Teilen aus Fernost gehören die SR Suntour-Federgabel mit 63 mm Federweg und die Shimano 11-fach-Schaltung. In Kombination mit dem großen 42er-Kettenblatt fehlt es der Schaltung zwar an einem leichten Gang für steile Rampen, aber da springt ja zum Glück der starke Bosch-Motor aus Reutlingen in die Bresche. Statt einer Kettenschaltung lässt sich das Roadster in der Vario-Ausstattung auch mit einer wartungsarmen Nabenschaltung und einem Riemenantrieb erwerben. Die Ausfallenden sind dafür bereits mit einem Rahmenschloss und einem Riemenspanner vorgesehen. Was ebenfalls nachrüstbar ist, aber an unserem Test-Bike durch Abwesenheit glänzt, sind die Gepäckträger. Als Zusatzoption lässt sich sowohl ein Frontgepäckträger mit 5 kg Zuladung als auch ein Heckgepäckträger mit maximal 20 kg Zuladung ordern.
Riese & Müller Roadster Touring
4.368 €
Ausstattung
Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Smartphonehub
Fork SR Suntour NCX 28" 63 mm
Sattelstütze SATORI Trident
Bremsen MAGURA MT4 180/180 mm
Schaltung Shimano SLX/XT 1x11
Vorbau SATORI Stealth 6 90 mm
Lenker SATORI Horizon 620 mm
Laufradsatz Mach1 650
Reifen Schwalbe G-One Allround 28 x 1,5"
Technische Daten
Größe 51 56 61
Gewicht 23,8 kg
Besonderheiten
Supernova-/Busch + Müller-Lichtanlage
ABUS 5750 SHIELD Plus-Rahmenschloss
RX Connect-Ortungschip
Online Konfigurator
Größe | 51 | 56 | 61 |
---|---|---|---|
Sattelrohr | 510 mm | 560 mm | 610 mm |
Oberrohr | 540 mm | 570 mm | 610 mm |
Steuerrohr | 140 mm | 140 mm | 150 mm |
Lenkwinkel | 69,0° | 70,0° | 70,0° |
Sitzwinkel | 74,0° | 74,0° | 74,0° |
Kettenstrebe | 470 mm | 470 mm | 470 mm |
Tretlagerhöhe | 275 mm | 275 mm | 275 mm |
Radstand | 1.085 mm | 1.100 mm | 1.145 mm |
Reach | 360 mm | 390 mm | 425 mm |
Stack | 625 mm | 630 mm | 640 mm |
Der Bosch Performance CX-Antrieb im Riese & Müller Roadster Touring
Das Team von Riese & Müller vertraut bei seinen E-Bikes auf die Antriebe aus der Bosch-Produktpalette. Der starke Bosch Performance Line CX-Motor ist eher ungewöhnlich für ein schlankes E-City-Bike wie das Roadster Touring. Durch seine etwas größeren Abmessungen wirkt er am Roadster eher schlecht integriert und mehr von unten angesteckt, dafür sorgt er aber mit seinen 85 Nm Drehmoment für enormen Vortrieb. Wenn man mal vom Cannondale Topstone Neo absieht, gelingt keinem anderen Bike in diesem Vergleichstest der Sprint an die 25-km/h-Grenze so schnell und einfach wie dem Roadster. Auch an steilen Rampen oder mit viel Gepäck ist trotz fehlendem leichtem Gang immer genug Kraft für einen entspannten Aufstieg vorhanden. Nicht nur die Motorpower beeindruckt, auch die 625 Wh Akkukapazität machen sich gut im E-Bike. Dem Riese & Müller-Team ist es gelungen, den großen Akku in das Unterrohr zu integrieren. Zum Laden schließt man das E-Bike am Motorgehäuse ans Ladegerät an oder entnimmt den Akku nach unten aus dem Rahmen. Als Display-Option hat man die freie Wahl zwischen Bosch Purion, Nyon oder dem SmartphoneHub, der an unserem Test-Bike montiert war. Ohne ein verbundenes Smartphone besitzt er ein 1,5” kleines Display, das die elementarsten Funktionen wie Akkustand oder Motorsupport-Level anzeigt. In Verbindung mit einem Smartphone und der COBI.Bike App verwandelt es sich in eine hochentwickelte Kommandozentrale mit Navigationsfunktion, Media-Player und Fitnesstrainer in einem. Das Besondere daran: Viele Funktionen in der App lassen sich über die Fernbedienung am Lenker steuern.
Das Riese & Müller Roadster Touring im Test
Wer schon mal in einem zweisitzigen Roadster aus den späten 1980ern oder frühen 90ern Platz genommen hat, wird auf dem R&M Roadster Touring sofort verstehen, woher es seinen Namen bezieht. Das Handling ist ehrlich, direkt und äußerst agil. Wie bei einem Sportwagen aus der Roadster-Kategorie erfordert die sportliche Fahrweise auf dem E-Bike Erfahrung und gut dosierten Druck auf dem Gaspedal, Körpereinsatz über dem Sattel und Feingefühl beim Betätigen der kraftvollen Bremsen. Wer sich auskennt und aktiv fährt, kommt in Kurven und bei hohen Geschwindigkeiten auf seine Kosten und profitiert von der guten Balance zwischen Front und Heck. Auch der Kompromiss aus Agilität und Laufruhe bei hohem Speed ist gelungen. In der Rushhour schlängelt man sich mit dem schmalen Lenker zwischen dem stockenden Autoverkehr durch, als würde man in Manhattan für den Fahrradkurierdienst arbeiten.
Das Fahrverhalten hat seinen Preis, es kann nun mal kein Fahrzeug Sportwagen und Reisebus zugleich sein. Die Sitzposition ist zwar angenehm aufrecht, aber man sitzt weit oben auf dem Sattel und nicht tief integriert im Bike. Auch die Überstandshöhe fällt hoch aus – der Fahrkomfort hingegen nicht! Der Federgabel gelingt es nicht, Schläge aus der Fahrbahn abzufangen, und auch einfachere Komfortaufgaben misslingen: Vibrationen aus Kopfsteinpflaster werden z. B. vorne und hinten fast ungedämpft an die Fahrenden weitergegeben und versetzen Fahrradschloss-Kette und Ständer in Schwingungen, was zu einer permanenten Geräuschkulisse führt. Der Rahmen und die massive Sattelstütze erzeugen ein sehr hartes und steifes Fahrgefühl. Auf Wald- und Feldwegen ist das Roadster daher absolut deplatziert. Die schmalen Reifen werden für anspruchsvolle Fahrmanöver zwar gut von den ebenso schmalen Felgen abgestützt, tragen aber zum Fahrkomfort nur wenig bei. Außerdem stellen sie ein Risiko für Fahrneulinge dar bei nasser Fahrbahn, bei Bremsmanövern oder beim Überfahren von Bahnschienen. Wer ein E-Bike zum Beschleunigen UND Entschleunigen sucht, sollte im Riese & Müller-Fachhandel einen Bogen um das Roadster machen oder es mit dem Komfort-Kit, bestehend aus gefederter Sattelstütze, Komfort-Lenker und Ergon-Griffen, Probe fahren.
Tuning-Tipp: je nach Einsatzzweck den wartungsfreien Riemenantrieb, das Transport-Set oder das Komfort Kit aus dem Konfigurator dazu ordern
Unser Fazit zum Riese & Müller Roadster Touring
Das Riese & Müller Roadster Touring ruft nach der Straße und nicht nach dem Feldweg. Alle, die auf der Langstrecke pendeln, profitieren vom hohen Fahrtempo – solange sie nicht den glatten Asphalt verlassen müssen. Auch wer gern Städte erkundet oder sportlich fährt, kann an dem rasanten Bike mit brachialem Motor, eigenwilligem Design und guter Connectivity Gefallen finden. Für einen breiteren Einsatz fehlen der Komfort und die Transportkapazitäten, deshalb hat es nicht für eine Top-Platzierung gereicht.
Tops
- Rahmenplattform mit hoher Ausstattungs- und Konfigurationsvielfalt im Online-Konfigurator
- smarte Sicherheits-Features
- hohes Maß an Connectivity
- cleaner Look
Flops
- unkomfortabel
- Einsatzgebiet auf guten Fahruntergrund beschränkt
Fahrertyp
6Mehr Informationen findet ihr unter r-m.de
Das Testfeld
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… oder auch: die regelmäßigen Langstreckenpendler*innen. Die übliche Pendelstrecke beträgt hier über 15 km pro Richtung und der Alltagsnutzung steht dabei klar im Vordergrund. Das E-Bike kommt als Fortbewegungsmittel, als echte Alternative zum Zweitwagen oder zum ÖPNV zum Einsatz. Praktikabilität, Zuverlässigkeit und ein hoher Nutzwert schlägt bei diesem E-Biker*innen-Typ den ultimativen Bling-Faktor, denn das E-Bike wird in weiten Teilen aus Überzeugung genutzt.↩
Dieser E-Biker*innen-Typ vereint E-Bike-Profis und Early-Adopter*innen sowohl aus der Fashion- als auch aus der Tech-Szene. Als hippe Trendsetter*innen wissen sie genau, wie man mit viel Style unterwegs ist. Sci-Fi, Hi-Fi, Wi-Fi – hier blicken sie genau durch und bespielen die digitale Klaviatur problemlos im Halbschlaf. Mit einem leichten Hang zum exzentrischen Ausleben ihrer Passionen stehen emotionale Entscheidungen vor den rationalen.↩
Mal eben die Kids in den Kindergarten, danach auf den Wochenmarkt und später noch im Getränkemarkt einen Kasten Selters holen – für diesen E-Biker*innen-Typ alles kein Problem und das auch ohne Auto. Wer sich hier wiederfindet, liebt es zu kombinieren: Rationale und emotionale Beweggründe gehen Hand in Hand, denn es wird aus Überzeugung und mit einer klaren Vision und Mission in ein passendes Gefährt investiert.↩
… wohnen in einer sogenannten 15-Minuten-Stadt wie beispielsweise Paris. Das heißt, dass alle Dinge des täglichen Bedarfs in einem Radius von 15 Minuten per Fuß oder E-Bike erreichbar sind. Für kurze Strecken unter 2 km scheuen sie sich nicht davor, auch einfach mal zu laufen. Bei mittelweiten Distanzen bis zu 10 km steigen sie selbstverständlich aufs Bike. Alle Strecken, die weiter sind, erledigen sie spielerisch mit dem Mobilitätsmix aus ÖPNV und Bike. Kurzstrecken-Biker*innen sind aktive, sportliche Menschen, die sich nie festlegen wollen, einen flexiblen Lebensstil pflegen und sich gerne von Impulsen inspirieren lassen. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse haben sie häufig kein Auto und wenn doch, kommt es überwiegend für den Genuss zum Einsatz.↩
Sie sind die E-Biker*innen mit der größten Bike-Erfahrung und kommen häufig aus dem sportiven Bike-Bereich. Wir fassen hier alle Mountainbiker*innen und Trailshredder*innen zusammen sowie Rennrad-Fans, Strava-Held*innen und Hobby-Touren-Fans mit Vorliebe für (ländliche) Ausflügen ins Umland und vor die Stadttore. Für den täglichen Weg zur Arbeit ziehen sie sich in Sportbekleidung um, denn der Commute wird direkt mit der Fitness-Einheit kombiniert – geduscht wird dann am Zielort. Ihr Bike muss sowohl unter der Woche fürs Pendeln herhalten als auch für die Touren am Wochenende und ist somit Fortbewegungs- und Transportmittel sowie Sportgerät in einem.↩
In diesem Artikel erfährst du mehr zu den verschiedenen Fahrertypen: Hier klicken! ↩
Words: Rudolf Fischer Photos: Valentin Rühl, Benjamin Topf