Statt je ein Bike für den Alltag und die Freizeit zu besitzen, sehnen sich viele Pendelnde nach nur einem Bike für alle Einsatzzwecke. Darum haben wir den Allrounder MERIDA eONE-SIXTY 10K, den Sieger des E-MOUNTAINBIKE-Vergleichstests, in unseren Pendler-Bike-Vergleichstest aufgenommen. Macht er auch hier eine gute Figur?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag
Der Weg zum Gipfel war anspruchsvoll, aber nicht anstrengend. Er hat gerade lang genug gedauert, um die alltäglichen Sorgen aus dem Kopf zu verbannen. Jetzt macht sich eine neue Form von Anspannung in euch breit. Im Tal vor euch liegt eure Heimatstadt, doch der Weg nach Hause führt über einen harten Trail. Ein Sturm brodelt in euch – mit den bevorstehenden steilen Spitzkehren, erbarmungslosen Felsformationen und weiten Sprüngen habt ihr noch eine Rechnung offen. Die Anspannung wird unerträglich, bis ihr einfach loslasst und euch und euer Bike dem Trail übergebt. Ihr seid schwerelos. Eingefleischte Mountainbike-Fans wissen, wovon wir sprechen. Alle von ihnen, die in der Freizeit und im Alltag auf ein Bike für alles setzen, werden immer ein Mountainbike zum Pendeln einem Pendel-Bike zum Mountainbiken vorziehen. Das MERIDA eONE-SIXTY 10K hat sich bereits als nahezu perfekter E-Mountainbike-Allrounder im Vergleichstest unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE (zum Test) erwiesen und wildert jetzt in fremden Gefilden, um einen weiteren Testsieg zu ergattern. Ob es sich mit Einkaufstüten am Lenker genauso intuitiv fährt wie mit Trail-Schlamm unter dem Sattel, haben wir untersucht.
Die Ausstattung des MERIDA eONE-SIXTY 10K im Detail
Fährt man mit dem MERIDA eONE-SIXTY 10K am lokalen Bike-Café vor, lassen der Rahmen und die Top-Ausstattung alle Gesichter vor Neid erblassen. Der hochwertige Carbon-Hauptrahmen erstrahlt in einer aufwendigen Metallic-Lackierung mit Flip-Flop-Effekt. Am Steuerrohr dient das futuristisch wirkende THERMO GATE gleichzeitig als Belüftungsöffnung für den Akku und als Aufnahme für die intern verlaufenden Züge. Die elektronischen Leitungen für das Display und die Remote münden noch früher in dem breiten Lenker. Besonders für Mountainbikerinnen und -biker interessant sind das Spitzenfahrwerk von FOX, die funkgesteuerte versenkbare Sattelstütze, die hervorragende Shimano XTR-Schaltgruppe und die XTR-Bremsen. Die Premium-Ausstattung hat auch ihren Preis: Das 22,96 kg schwere E-Bike kostet 9.899 €, also beinahe 10K. Daher auch der Name.
Für seine Trail-Ausstattung bekommt das MERIDA 10/10 Punkten, für den Alltag sind es eher -2/10.
Während die Trail-Ausstattung wirklich keine Wünsche offen lässt, wird man bei der Alltagsausstattung vor fast unlösbare Aufgaben gestellt. Während ein Fahrradständer und ein Frontschutzblech noch relativ einfach nachgerüstet werden können, sieht das bei einem guten Schutzblech für den Hinterreifen oder irgendeiner Form von Gepäckträger bereits anders aus. Abgesehen von einer Trinkflasche lässt sich am MERIDA eONE-SIXTY 10K kein Gepäck verstauen. Die Lichtanlage aus Lezyne-Licht vorne und einem mitgeliefertem ansteckbaren USB-Licht hinten ist nicht für Pendelfahrten bei Nacht ausgelegt und zu schwach. Euer Bike-Abstellplatz sollte zudem gut gesichert sein, denn selbst wenn ihr den Rahmen fest angeschlossen habt, lassen sich die kostspieligen Komponenten mit gewöhnlichem Werkzeug innerhalb weniger Sekunden abbauen. Für längere Stopps lohnt es sich daher aus unserer Sicht immer, den nicht abschließbaren Akku oder die kabellose Sattelstütze aus dem E-Bike zu entfernen. Immerhin ist dafür ein unter dem Sattel verstecktes Multitool jederzeit griffbereit.
[MISSING: Merida-E-160-E-Bike-MTB-Test-Review-2021-21.jpg]MERIDA eONE SIXTY 10K
9.899 €
Ausstattung
Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku Shimano E8036 630 Wh
Display Shimano SC-EM800
Fork FOX 38 Factory 160 mm
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 30,9 mm 170 mm
Bremsen Shimano XTR M9120 200/200 mm
Schaltung Shimano XTR 1x12
Vorbau MERIDA EXPERT eTR II 40 mm
Lenker MERIDA EXPERT eTR 780 mm
Laufradsatz DT Swiss HXC1250 SPLINE
Reifen MAXXIS ASSEGAI/Minion DHRII DD 29"/27,5" x 2,6"
Technische Daten
Größe XS S M L XL
Gewicht 22,96 kg
Besonderheiten
Lezyne-Lichtanlage
Multitool im Sattel
in XS nur 504-Wh-Akku
Versenkbare Sattelstütze
Größe | XS | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 405 mm | 420 mm | 440 mm | 470 mm | 500 mm |
Oberrohr | 563 mm | 584 mm | 605 mm | 629 mm | 652 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 115 mm | 120 mm | 135 mm | 150 mm |
Lenkwinkel | 65,5° | 65,5° | 65,5° | 65,5° | 65,5° |
Sitzwinkel | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° |
Kettenstrebe | 440 mm | 440 mm | 440 mm | 440 mm | 440 mm |
Tretlagerabsenkung | 18 mm | 18 mm | 18 mm | 18 mm | 18 mm |
Radstand | 1.168 mm | 1.190 mm | 1.212 mm | 1.239 mm | 1.265 mm |
Reach | 400 mm | 420 mm | 440 mm | 460 mm | 480 mm |
Stack | 629 mm | 633 mm | 638 mm | 652 mm | 665 mm |
Der Shimano EP8-Antrieb im MERIDA eONE-SIXTY 10K
Der EP-8 Motor ist das Powerhouse im Shimano E-Bike-Line-up und passt super in ein potentes E-MTB wie das MERIDA eONE-SIXTY 10K. Obwohl er über dasselbe Drehmoment verfügt wie der Bosch Performance Line CX-Motor im Cannondale Topstone oder im Haibike Trekking 9, tritt er eine Spur gefühlvoller und natürlicher an. Für Technik-Fans lässt sich die Motorcharakteristik per E-TUBE PROJECT-App präzise tunen und in zwei unabhängigen Profilen direkt auf dem Display speichern. Unterwegs kann man selbst ohne Smartphone zwischen den Profilen wechseln. Seinen Strom bezieht der Motor aus dem im Unterrohr integrierten 630-Wh-Akku. Wer das MERIDA in Größe XS erwirbt, erhält aus Platzgründen nur einen 504-Wh-Akku. Akkustand und Motordaten liefert das kleine Farbdisplay direkt neben dem Lenker, gesteuert wird es über die Shimano SW-EM800-Remote, die um Welten ergonomischer ist als die Shimano-Lenkerfernbedienung am MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ. Allerdings besitzt weder die Remote noch das Display einen eigenständigen Knopf für den Frontscheinwerfer – er muss stattdessen umständlich im Menü auf dem Display aktiviert werden. Eine eigene Taste für die Schiebehilfe, wie z. B. am Specialized Turbo Vado SL, fehlt ebenfalls.
Das MERIDA eONE-SIXTY 10K im Test
Auf dem potenten MERIDA eONE-SIXTY 10K mussten wir uns im Test davor hüten, dass der in uns versteckt lebende Verkehrsrowdy nicht zutage trat. Bordsteinkanten oder Kopfsteinpflaster können dem satten Fahrwerk nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Auf dem MERIDA bremst man vor Treppenstufen nicht mehr ab, sondern hält immer voll drauf, bergab wie bergauf. Selbst künstliche Betonwände werden mit diesem Bike zu Absprungschanzen! Das MERIDA blüht erst auf anspruchsvollen Trails voll auf und verblüfft Mountainbike-Fans mit seinen sehr ausgewogenen Fahreigenschaften und seiner hohen Laufruhe. Das vertrauenserweckende Handling lädt einen dazu ein, das Potenzial des MERIDA zu erkunden. Wer das Bike primär zum Pendeln nutzt, wird hingegen eiskalt überrascht von der flachen und kippligen Front, die für Mountainbikes typisch ist, und braucht ein wenig Zeit, um sich an das Fahrverhalten und den sehr breiten Lenker zu gewöhnen.
Tuning-Tipp: Reifen auf das Einsatzgebiet abstimmen
Das MERIDA eONE-SIXTY macht aus einer Betonwüste einen Spielplatz. Leider besteht der Alltag aber nicht immer nur aus Spiel und Spaß.
Auch das einstellbare Fahrwerk ist trotz gefühlten zwei Metern Federweg für einen sportlichen Einsatz straff getrimmt und nicht so komfortabel wie an den vollgefederten Konkurrenten Moustache Samedi 27 Xroad FS 7 oder Riese & Müller Homage. Die Sitzposition ist ebenfalls sportlicher und weiter nach vorne gestreckt als bei urbanen Bikes. Trotzdem fällt die Front nicht zu tief aus, wie an so manch anderem Mountainbike. Das entspannt die Arme etwas und macht das MERIDA eONE-SIXTY zu einem passablen Offroad-Touren-Bike. Der kraftvolle Motor hilft unterwegs dabei, lange und steile Anstiege ohne viel Körpereinsatz zu bewältigen und fast mühelos eine Reisegeschwindigkeit von 25 km/h zu halten. Will man aus eigener Kraft schneller fahren, fällt sofort der hohe Rollwiderstand der griffigen Stollenreifen auf und bremst einen nach einem kurzen Sprint wieder auf 25 km/h runter. Wer sich nicht regelmäßig mit dem MERIDA auf Trails begibt, sollte über einen Reifenwechsel auf weniger profilierte Modelle nachdenken. Im Pendleralltag enttäuscht das Bike durch seine nicht vorhandenen Transportkapazitäten, den schlechten Schutz vor dem Wetter und der umständlichen Handhabung beim Abstellen und Sichern.
Unser Fazit zum MERIDA eONE-SIXTY 10K
Das MERIDA eONE-SIXTY 10K eignet sich genauso zum vielseitigen Alltagspendler wie ein Lotus Exige für den Campingtrip. Jedes Detail ist auf den sportlichen Trail-Einsatz abgestimmt. Wer im Alltag bereit ist, große Abstriche beim Transport, Komfort und bei der Handhabung in Kauf zu nehmen, findet im exklusiven MERIDA eONE-SIXTY 10K ein Pendler-Bike mit einer Menge Sexappeal, Fahrspaß und Adrenalin. Alle, für die der Alltagsnutzen im Vordergrund steht, werden bei der starken Konkurrenz im Testfeld fündig.
Tops
- extravagante Carbon-Optik mit Metallic-Lack
- super sportliches Bike für Hobby und Freizeit
- Premium-Ausstattung für den Trail-Einsatz
Flops
- minimaleste Alltagsausstattung
- ungewohntes Handling für alle ohne MTB-Erfahrung
- sehr spitzer Einsatzbereich
Fahrertyp
6Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag
Alle Bikes im Test: Ampler Stout (Zum Test) | Brompton M6L Cloud Blue (Zum Test) | Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE (Zum Test) | Canyon Commuter:ON 7 (Zum Test) | Diamant Juna Deluxe+ (Zum Test) | FEDDZ E-Moped (Zum Test) | FLYER Upstreet6 7.10 HS (Zum Test) | Haibike Trekking 9 (Zum Test) | Kalkhoff Endeavour 5.B Excite+ (Zum Test) | MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ (Zum Test) | MERIDA eONE SIXTY 10K | Moustache Samedi 27 Xroad FS 7 (Zum Test) | Movea Modo 20” (Zum Test) | Riese & Müller Homage GT Rohloff HS mit DualBattery (Zum Test) | Riese & Müller Packster 70 Vario (Zum Test) | Riese & Müller Roadster Touring (Zum Test) | Schindelhauer Arthur VI/IX (Zum Test) | Specialized Turbo Vado SL 5.0 EQ (Zum Test) | VanMoof X3 (Zum Test)
… oder auch: die regelmäßigen Langstreckenpendler*innen. Die übliche Pendelstrecke beträgt hier über 15 km pro Richtung und der Alltagsnutzung steht dabei klar im Vordergrund. Das E-Bike kommt als Fortbewegungsmittel, als echte Alternative zum Zweitwagen oder zum ÖPNV zum Einsatz. Praktikabilität, Zuverlässigkeit und ein hoher Nutzwert schlägt bei diesem E-Biker*innen-Typ den ultimativen Bling-Faktor, denn das E-Bike wird in weiten Teilen aus Überzeugung genutzt.↩
Dieser E-Biker*innen-Typ vereint E-Bike-Profis und Early-Adopter*innen sowohl aus der Fashion- als auch aus der Tech-Szene. Als hippe Trendsetter*innen wissen sie genau, wie man mit viel Style unterwegs ist. Sci-Fi, Hi-Fi, Wi-Fi – hier blicken sie genau durch und bespielen die digitale Klaviatur problemlos im Halbschlaf. Mit einem leichten Hang zum exzentrischen Ausleben ihrer Passionen stehen emotionale Entscheidungen vor den rationalen.↩
Mal eben die Kids in den Kindergarten, danach auf den Wochenmarkt und später noch im Getränkemarkt einen Kasten Selters holen – für diesen E-Biker*innen-Typ alles kein Problem und das auch ohne Auto. Wer sich hier wiederfindet, liebt es zu kombinieren: Rationale und emotionale Beweggründe gehen Hand in Hand, denn es wird aus Überzeugung und mit einer klaren Vision und Mission in ein passendes Gefährt investiert.↩
… wohnen in einer sogenannten 15-Minuten-Stadt wie beispielsweise Paris. Das heißt, dass alle Dinge des täglichen Bedarfs in einem Radius von 15 Minuten per Fuß oder E-Bike erreichbar sind. Für kurze Strecken unter 2 km scheuen sie sich nicht davor, auch einfach mal zu laufen. Bei mittelweiten Distanzen bis zu 10 km steigen sie selbstverständlich aufs Bike. Alle Strecken, die weiter sind, erledigen sie spielerisch mit dem Mobilitätsmix aus ÖPNV und Bike. Kurzstrecken-Biker*innen sind aktive, sportliche Menschen, die sich nie festlegen wollen, einen flexiblen Lebensstil pflegen und sich gerne von Impulsen inspirieren lassen. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse haben sie häufig kein Auto und wenn doch, kommt es überwiegend für den Genuss zum Einsatz.↩
Sie sind die E-Biker*innen mit der größten Bike-Erfahrung und kommen häufig aus dem sportiven Bike-Bereich. Wir fassen hier alle Mountainbiker*innen und Trailshredder*innen zusammen sowie Rennrad-Fans, Strava-Held*innen und Hobby-Touren-Fans mit Vorliebe für (ländliche) Ausflügen ins Umland und vor die Stadttore. Für den täglichen Weg zur Arbeit ziehen sie sich in Sportbekleidung um, denn der Commute wird direkt mit der Fitness-Einheit kombiniert – geduscht wird dann am Zielort. Ihr Bike muss sowohl unter der Woche fürs Pendeln herhalten als auch für die Touren am Wochenende und ist somit Fortbewegungs- und Transportmittel sowie Sportgerät in einem.↩
In diesem Artikel erfährst du mehr zu den verschiedenen Fahrertypen: Hier klicken! ↩
Words: Rudolf Fischer Photos: Valentin Rühl