Das VanMoof X3 sieht aus, als würde es aus der Zukunft stammen, und ist sowohl mit seinem außergewöhnlichen Design als auch seinem Konzept das eigenwilligste Pendler-Bike in unserem Vergleichstest. Doch anders muss nicht zwangsweise gleich schlecht bedeuten. Wir haben das ungewöhnliche E-Bike für euch getestet.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag

VanMoof X3 | VanMoof/504 Wh
21,04 kg | 1.998 € | Hersteller-Website

Ihr lebt in zwei Welten: Morgens brecht ihr aus einer ländlichen Umgebung zur Arbeit auf. Auf dem Weg zur S-Bahn zieht ihr auf eurem E-Bike an der Dorf-Tankstelle und am Gebrauchtwagenhandel vorbei. Sie wirken auf euch wie Relikte aus einer längst vergangenen Zeit. Sobald ihr aus der S-Bahn steigt, befindet ihr euch inmitten einer pulsierenden Metropole. Ihr seid in der Gegenwart angekommen. Beiden Welten muss euer E-Bike gerecht werden – doch wie das am besten klappt, darüber sind sich die Rad-Marken alles andere als einig. In diesem Vergleichstest treten die größten Hersteller gegeneinander an, mit zum Teil jahrzehntelanger Firmenhistorie. Entsprechend sind ihre Vorstellungen darüber, wie ein City-E-Bike auszusehen hat, zum Teil historisch gewachsen und nur eine weitere Evolutionsstufe des bereits bestehenden Portfolios. Viele Leute in der Stadt, die sich aktuell Gedanken über ihre individuellen Mobilitätsansprüche machen und sich für ein E-Bike entscheiden, haben zuvor noch nie ein E-Bike besessen. Im Gegensatz zu den Big Playern der Bike-Branche besitzt diese neue Zielgruppe oft keine Vorstellung davon, was ein City-E-Bike können muss und aus welchen Komponenten es besteht. Auftritt: VanMoof. Dieses Unternehmen beherrscht den Perspektivwechsel so gut wie kein zweites im Test. Statt sich an bereits bestehenden Bikes zu orientieren, hat man sich bei VanMoof voll und ganz auf die Problemstellungen der Kurzstreckenmobilität in Metropolen konzentriert und sie mit den Werkzeugen des 21. Jahrhunderts gelöst. Von den Konzepten der traditionellen Hersteller hat sich das niederländische Team höchsten die zwei Räder abgeschaut, der Rest strotz vor Originalität.

Was macht dieser Knopf? Die Ausstattung des VanMoof X3 im Detail

Die Ästhetik des VanMoof ist schwer zu beschreiben und spaltet die Gemüter. Auf die einen wirkt die Linienführung des kompakten Alu-Rahmens wie die ersten Gehversuche mit dem Linien-Tool in MS Paint, auf die anderen ist das Bike Industrial-Design in Vollendung. Die Kreuzungen der Rohre, die namensgebend für das E-Bike sind, wurden sauber nachbearbeitet und von allen Schweißnähten befreit. Auch bei den Teilen setzt VanMoof auf eine starke Integration und einen hohen Eigenanteil an Komponenten.

Das einteilige Cockpit sieht aus wie aus einem Guss. Bei den Griffen, dem Lenker und den Schellen der Bremshebel, die die multifunktionalen Bedienelemente beherbergen, wurde penibel darauf geachtet, dieselben Durchmesser einzuhalten, wodurch ein einheitlicher und aufgeräumter Look entsteht. Mit Spacern lässt sich das Cockpit in zwei 15-mm-Schritten in der Höhe verstellen. Ein Display am Lenker fehlt, stattdessen besitzt das Oberrohr ein cleveres Matrix-Display aus 166 LEDs, das viele Informationen grafisch darstellt.

Vergesst Verfolgungsjagd-Reality-TV-Shows! Viel angesagter ist das Team der VanMoof Bike Hunters, die in Großstädten und auf YouTube für euch auf die Jagd nach geklauten Bikes gehen.

Geklingelt wird bei VanMoof elektronisch über die Lenkertaste, der Ton lässt sich natürlich in der App einstellen. Die Lichtanlage stammt von VanMoof selbst und ist in die Enden des Oberrohrs integriert. Statt einem Lichtschalter am Cockpit gibt es eine Funktion in der VanMoof-App, über die man die Lichter bedient und die Automatik kalibrieren kann. Sobald der eingestellte Schwellenwert für das Umgebungslicht erreicht wird, schaltet sich das Licht dann automatisch zu oder ab. Der Antriebsstrang ist komplett verkleidet, wodurch sowohl die Kette als auch die Person auf dem Sattel frei von Schmutz bleibt. Die automatische 4-Gang-Schaltung sitzt in der Hinterradnabe und schaltet geschwindigkeitsabhängig durch die Gänge. Sie hat nur eine stark eingeschränkte Bandbreite, abgestimmt auf den Einsatz in flachen Großstädten. Manuell betätigen lässt sie sich zwar nicht, dafür kann man sie aber wie fast jedes Bauteil in der App konfigurieren. Die Einstellungen kann man dann Profilen für hügeliges und flaches Gelände zuordnen.

Der Diebstahlschutz setzt sich bei VanMoof aus einer Software-, einer Hardware- und einer optionalen Servicekomponente zusammen. Das E-Bike besitzt eine praktische Kick Lock-Verriegelung im Ausfallende. Stellt man das VanMoof X3 ab, reicht ein kurzer Tritt dagegen, um das Hinterrad zu blockieren und den Diebstahlalarm zu aktivieren. Entsperren lässt sich das VanMoof je nach Einstellung per Smartphone-App, mit einer dreistelligen Tastenkombination auf den Bedienelementen am Lenker oder durch nur einen einfachen Tastendruck, wenn das Smartphone des Besitzers oder der Besitzerin in der Nähe des E-Bikes erkannt wird. Sollte ein Langfinger das 21 kg schwere VanMoof wegtragen wollen, wird er von einer lauten Sirene und einem Totenkopf auf dem Display begrüßt. Falls das die dreisten Kriminellen in eurer Hood nicht abschreckt, bietet VanMoof eine umfassende Recovery-Garantie an. Sie kostet 348 € für 3 Jahre und beinhaltet einen Rückholservice für euer gestohlenes Bike durch die VanMoof Bike Hunters innerhalb von zwei Wochen, sonst spendiert euch VanMoof ein neues E-Bike. Dazu greifen die Bike Hunters auf verbaute Mobilfunktechnologie im E-Bike zurück. Diebstahlanfällige Komponenten wie die Laufräder werden mit speziellen Muttern gesichert, die sich nur mit dem beiliegenden Werkzeug lösen lassen.

Das Transportkonzept in der Basisausstattung fällt am X3 überschaubar aus: An der Front befindet sich eine kleine Ladefläche, auf der man mit einem Spanngurt verzurrte Gepäckstücke transportieren kann. Ohne den optionalen Frontkorb für 79 € mit 10 kg Ladekapazität oder den Gepäckträger hinten mit einer Traglast von 15 kg für weitere 59 € lässt sich nur wenig auf dem VanMoof X3 transportieren. Und obwohl die Liste mit Posten für Sonderausstattungen bei VanMoof lang ist, kann sich die restliche Preispolitik sehen lassen. Während sich die Preisspirale bei den meisten Herstellern nach oben schraubt, ist es VanMoof bei der aktuell dritten Generation E-Bikes gelungen, die Preise drastisch zu reduzieren. So kostet das von uns getestete VanMoof X3 nur 1.998 € und ist damit das zweitgünstigste Bike im Vergleichstest – nur das minimalistische Brompton-Klapprad kann den Preis des VanMoof um knapp 200 € unterbieten.

Eigenwillig
Der Frontgepäckträger mit zwei sich kreuzenden Spanngurten ist ebenso eigenwillig wie das X3 selbst. Leider bietet diese Idee kein so hohes Maß an Praktikabilität wie die anderen Ideen am VanMoof. Mit dem optionalen Korb für den Frontgepäckträger sieht das schon anders aus.
Keine Chance für Langfinger
Das ist kein Nabendynamo, sondern der Motor des VanMoof X3. Damit niemand das Rad mit dem Frontantrieb klaut, ist es durch eine spezielle Radmutter gesichert.
Sicherer Tritt
Durch einen kurzen Tritt auf den Kick Lock-Knopf wird das Hinterrad blockiert und die Alarmanlage aktiviert. Das Entsperren per App oder Tastenkombination ist ebenso clever, aber nicht so einfach wie der Sicherungstritt.
Beats by Dr. VanMoof
Im Unterrohr befinden sich der Ladeport, der Einschaltknopf und der Lautsprecher für die Hupe und den Diebstahlalarm.

VanMoof X3

1.998 €

Ausstattung

Motor VanMoof 59 Nm
Akku LG 504 Wh
Display Matrix-Display im Oberrohr mit Sound
Fork VanMoof Alu
Sattelstütze VanMoof 34 mm
Bremsen VanMoof 160/140 mm
Schaltung VanMoof elektronische Nabenschaltung 1x4
Vorbau VanMoof Cockpit
Lenker VanMoof Cockpit 680 mm
Reifen Schwalbe Big Apple 24 x 2"

Technische Daten

Größe ONE SIZE
Gewicht 21,04 kg

Besonderheiten

Wegfahrsperre, Recovery-Garantie
GSM und Bluetooth-Standortverfolgung
integrierte Lichtanlage
Range-Extender, 378 Wh, 348 €

Helles Köpfchen
Das integrierte LED-Licht wird von einem Umgebungslichtsensor gesteuert und geht automatisch an. Der Sensor lässt sich per App kalibrieren.
Wie aus einem Guss
Bei VanMoof findet Integration auf höchstem Niveau statt. Durch viele eigene Komponenten wie den Lenker, die Griffe und die Bremsen mit den Bedienelementen entsteht eine saubere und durchgängige Optik.
Jeder Pizzaroller ist größer als diese Bremse
Die Bremsscheiben am VanMoof X3 fallen besonders klein aus. Für einen sportlichen Einsatzzweck sind sie deutlich unterdimensioniert.
Bleibt unbesorgt
Der Antriebsstrang ist bis auf eine kleine Schmieröffnung komplett verkleidet und bleibt daher frei von Schmutz und besonders wartungsarm. Wer die Wartung trotzdem lieber den Profis überlässt, kann gegen eine einmalige Zahlung von 300 € den Wartungsservice für 3 Jahre dazu bestellen.
Größe ONE SIZE
Sattelrohr 500 mm
Oberrohr 588 mm
Radstand 1.060 mm

Super Mario Kart statt Stop-and-go – Der E-Antrieb des VanMoof X3 im Detail

Der elektrische Nabenmotor des X3 stammt, wie so viele Komponenten, direkt von VanMoof. Da der Platz in der Hinterradnabe bereits für die Schaltung reserviert ist, sitzt der Motor in der Frontnabe – ein Alleinstellungsmerkmal in unserem Vergleichstest. Er leistet 59 Nm Drehmoment und schiebt deutlich spritziger an als die Konkurrenz von Movea, Schindelhauer oder Ampler. Neben der ausbalancierten Gewichtsverteilung ist ein weiterer Pluspunkt des Konzepts, dass der Vortrieb von den Schaltvorgängen der Automatikschaltung unbeeinflusst bleibt, dafür muss man auf sehr nassen und wenig griffigen Böden mit einem durchdrehenden Vorderrad rechnen. Der Strom für den Antrieb und die ganzen elektronischen Spielereien stammt aus dem fest integrierten 504-Wh-Akku. Zum Laden muss eine Steckdose am Abstellplatz verfügbar sein oder man sichert sich für 348 € den VanMoof Range-Extender mit 378 Wh. Der externe Range-Extender kann nicht nur als die weltgrößte Powerbank fürs Smartphone genutzt werden, sondern auch das VanMoof X3 während der Fahrt und im Stand laden.

Welcher Knopf schießt den blauen Schildkrötenpanzer ab? Mit dem Turbo-Knopf wird aus dem VanMoof ein verspielter Fun-Racer.

Im Stillstand kann man über den rechten Knopf am Lenker zwischen den Unterstützungsstufen von 0 bis 4 wechseln, der Modus wird auf dem Matrix-Display am Oberrohr angezeigt. Sollten es die Lichtverhältnisse gerade nicht zulassen, das etwas schwach beleuchtete Matrix-Display abzulesen, kann man die Stufen auch per App wechseln. Während der Fahrt bewirkt der rechte Knopf einen Turbo, der die volle Kraft aus dem VanMoof herauskitzelt. Das erinnert stark an das Pilz-Power-up in Mario Kart und ist dazu geeignet, eine längere Fahrradkolonne links zu überholen, bevor man sich mit einer gemütlichen Fahrweise wieder in den Fahrradverkehr einordnet.

Das VanMoof X3 im Test

Kurz das VanMoof X3 per Smartphone aufschließen, das hügelige Profil für die Gangschaltung wählen und schon kann es losgehen. Bereits auf den ersten Metern wird klar, dass sich das VanMoof als vielseitiger Problemlöser im Stadtverkehr versteht, statt seine Zielgruppe mit einem sportlichen Handling oder bequemem Langstreckenkomfort für sich zu gewinnen. Das etwas abgesenkte Oberrohr vereinfacht den Aufstieg. Auch die Sitzposition auf dem X3 ist dank dem weit nach hinten gekrümmten Lenker relativ aufrecht und entspannt. Durch den flachen Sitzwinkel müssen größere Personen etwas weit nach vorne treten, dafür lässt sich die Sitzposition über den Sattelauszug besser an die Körpergröße anpassen, was durchaus Sinn ergibt. Denn das VanMoof X3 wird nur in einer Rahmengröße angeboten und soll alle Körpergrößen von 155 cm bis 200 cm abdecken.

Während die Sitzposition recht komfortabel ausfällt, ist der Fahrkomfort stark eingeschränkt. Die Schwalbe Big Apple-Reifen sind die einzigen Komponenten am E-Bike, die für Dämpfung sorgen. Der steife Rahmen, das einteilige Cockpit und die massive Sattelstütze geben alle Unebenheiten ungefiltert weiter, für Touren auf unbefestigten Wegen ist das X3 nicht geeignet. Auch für eine sportlichere Gangart ist es nicht ausgelegt. Dafür fehlt es dem E-Bike zum einen an Bremsleistung, um aus hohen Geschwindigkeiten schnell zum Stehen zu kommen. Zum anderen ist das Handling weniger wendig, als man es von einem so kompakten E-Bike erwarten würde, und die Automatik-Schaltung verselbstständigt sich mit unvorhersehbaren Gangwechseln beim Beschleunigen. Dafür sorgt sie in der Grundeinstellung für flaches Terrain mit einer niedrigen Trittfrequenz für ein entspanntes Cruise-Feeling. Auch die Geräuschkulisse des E-Bikes ist angenehm leise. Der Motor bringt das VanMoof selbst in der höchsten Standard-Stufe sanft in Bewegung, der Nachbrenner aus der Turbo-Taste verleiht der ganzen Fahrt etwas Schwung und erzeugt lang anhaltende Fahrfreude. Durch die Turbo-Funktion lassen sich leichte Anstiege ohne zu große Anstrengung meistern, an steilen Rampen fehlt es dem sanften Antrieb jedoch an Kraft. Mit dem etwas gewöhnungsbedürftigen Frontantrieb und der komplexen Smartphone-Bedienung ist das VanMoof X3 nicht für alle Neulinge auf Anhieb verständlich. Hat man die Funktionen jedoch verinnerlicht, kann es in der Stadt kein E-Bike mit dem VanMoof X3 aufnehmen.

Tuning-Tipp: durch den optionalen Frontgepäckträger mit Einkaufskorb und den Heckgepäckträger lässt sich das Einsatzgebiet sinnvoll erweitern

Unser Fazit zum VanMoof X3

Das VanMoof X3 ist ebenso unkonventionell wie smart. Es ist in seiner Handhabung nahezu perfekt auf den Kurzstrecken-Stadteinsatz zugeschnitten. Durch seine zahlreichen Connectivity-Features und den günstigen Einstiegspreis bietet es ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis und sichert sich damit unseren Kauftipp. Die Adaption für den Langstrecken- oder Toureneinsatz gelingt leider nicht so bravourös, weshalb wir diesen stylishen City-Flitzer wohl weiterhin nur in der Stadt antreffen werden.

Tops

  • innovatives Konzept, wegweisend für die Fahrrad-Branche
  • smarte Connectivity-Features
  • maximales Maß an Integration
  • kompakte Abmessungen und einfache Handhabung
  • starkes Preis-Leistungs-Verhältnis

Flops

  • Vorderradantrieb ist wenig intuitiv
  • Antrieb und Komponenten nur für entspannte Fahrten im Flachen geeignet
  • niedriges Komfortlevel

Fahrertyp

6
Die Trans-Urbanen Meilen-Millionäre 1
Die stilsicheren Stadterkunder 2
The Transporter(s) 3
Die Kurzstrecken-Biker 4
Die Hobby-Biker 5

Mehr Informationen findet ihr unter vanmoof.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag

Alle Bikes im Test: Ampler Stout (Zum Test) | Brompton M6L Cloud Blue (Zum Test) | Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE (Zum Test) | Canyon Commuter:ON 7 (Zum Test) | Diamant Juna Deluxe+ (Zum Test) | FEDDZ E-Moped (Zum Test) | FLYER Upstreet6 7.10 HS (Zum Test) | Haibike Trekking 9 (Zum Test) | Kalkhoff Endeavour 5.B Excite+ (Zum Test) | MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ (Zum Test) | MERIDA eONE SIXTY 10K (Zum Test) | Moustache Samedi 27 Xroad FS 7 (Zum Test) | Movea Modo 20” (Zum Test) | Riese & Müller Homage GT Rohloff HS mit DualBattery (Zum Test) | Riese & Müller Packster 70 Vario (Zum Test) | Riese & Müller Roadster Touring (Zum Test) | Schindelhauer Arthur VI/IX (Zum Test) | Specialized Turbo Vado SL 5.0 EQ (Zum Test) | VanMoof X3

Words: Rudolf Fischer Photos: Valentin Rühl, Benjamin Topf