Mit dem Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE hat sich still und heimlich ein E-Gravel-Bike ins Testfeld geschmuggelt und nähert sich der urbanen Mobilität vom stark freizeitorientierten Blickwinkel. Kann das Bike mit Rennradlenker, Hightech-Komponenten und geballter Bosch-E-Power für eine Überraschung im Test sorgen?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag
Hat sich da etwa jemand im Vergleichstest geirrt? Was macht ein E-Gravel-Bike mit Rennradlenker in einem Test der besten E-Bikes für den Alltag? Klar, das Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE ist ein besonderes Rad und sticht sofort aus dem Testfeld heraus. Dabei hätte Cannondale z. B. mit dem Mavaro Neo (zum Test) auch ein Hightech-Bike im Portfolio, das auf den ersten Blick besser in den Test gepasst hätte. Wir wollten aber gerne mal schauen, wie sich ein E-Gravel-Bike im Commuter-Alltag schlägt und ob es eine ernsthafte Alternative sein kann für alle, die beim Pendeln gerne mal offroad fahren. Wer sagt denn, dass niemand nach dem Aufstehen mit ausreichend Motor-Support durch die City zur Arbeit cruisen möchte, um es nach Feierabend auf den heimischen Waldwegen und Schotterautobahnen ordentlich krachen zu lassen? Wir haben genau das für euch getestet.
Die Ausstattung des Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE im Detail
Das große Alleinstellungsmerkmal des Topstone ist in diesem Vergleichstest eindeutig sein Rennradlenker, der Fluch und Segen zugleich sein kann. Der Dropbar-Lenker ermöglicht mehr Griffpositionen und erhöht dadurch den Langstreckenkomfort. Wer keinen Rennlenker gewohnt ist, wird die Bedienung dementsprechend ungefähr so intuitiv finden wie ein 93-Jähriger ein iPhone 12 Pro und wird sogar so simple Funktionen wie das Bremsen und Schalten wieder erlernen müssen. Neben dem Lenker polarisiert natürlich auch die einseitige Lefty Oliver-Federgabel in der Front und die KingPin-Federung am Heck. Wer auf der Suche nach einem Packesel ist, wird beim E-Gravel-Bike enttäuscht sein. Bis auf zwei Flaschenhalter nimmt das Rahmen-Gabel-Set keine Gepäckträger, Taschen oder Schutzbleche auf. Technologisch gesehen ist das Cannondale Topstone Neo Carbon eine Evolutionsstufe weiter als die meisten anderen Bikes im Test und lässt Teile der Konkurrenz in der Steinzeit zurück.
Das Topstone Neo ist DAS Bike für Technik-Fans. Kabelloses Schalten per Funk? Check. Integrierte Navigation per Nyon-Display? Check. Über anstehende Wartungsintervalle benachrichtigt werden? Ebenfalls check!
Neben der elektrischen und per Bluetooth gesteuerten SRAM AXS-Schaltgruppe, die nach individuellen Bedürfnissen per App konfigurierbar ist, finden sich mit dem Bosch Nyon-Display und dem Cannondale-Laufradsensor weitere Hightech-Teile am Bike für Navigation, Tracking, das Steuern von Wartungsintervallen und vieles mehr. Einzig der Speichenmagnet wirkt in diesem Kontext etwas veraltet. Wer der Faszination Technik verfallen ist, wird dieses Bike lieben und sollte sich mit dem Kauf beeilen: Das von uns getestete Topstone Neo Carbon Lefty LE ist die Nummer 22 von insgesamt nur 100 Exemplaren, wiegt 17,50 kg und wechselt für glatte 10.000 € in euren Besitz!
Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE
9.999 €
Ausstattung
Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 500 Wh
Display Bosch Nyon
Fork Lefty Oliver Carbon 30 mm
Sattelstütze Promax SP-9032E, Carbon 27,2 mm mm mm
Bremsen SRAM Force AXS 160/160 mm
Schaltung SRAM X01/GX 1x12
Vorbau Cannondale mm
Lenker Cannondale 3 420 mm
Laufradsatz WTB ST i25 TCS / mm
Reifen WTB Resolute 650 x 42B
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 17,5 kg
Besonderheiten
KingPin Suspension System
Lefty Oliver-Federgabel
Bosch Nyon-Display
Rennrad-Lenker
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 410 mm | 440 mm | 500 mm | 550 mm |
Oberrohr | 534 mm | 552 mm | 569 mm | 586 mm |
Steuerrohr | 127 mm | 158 mm | 195 mm | 229 mm |
Lenkwinkel | 71,0° | 71,0° | 71,0° | 71,0° |
Sitzwinkel | 74,0° | 74,0° | 74,0° | 74,0° |
Kettenstrebe | 420 mm | 420 mm | 420 mm | 420 mm |
Tretlagerabsenkung | 64 mm | 61 mm | 61 mm | 59 mm |
Radstand | 1.018 mm | 1.038 mm | 1.057 mm | 1.076 mm |
Reach | 377 mm | 387 mm | 394 mm | 402 mm |
Stack | 549 mm | 575 mm | 610 mm | 640 mm |
Das Motorsystem des Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE im Check: Mehr geht nicht
Cannondale spendiert dem Topstone Neo den neuesten Bosch Performance CX-Motor mit 85 Nm und setzt das geniale Nyon-Display oben drauf. Im Vergleich zu den älteren Intuvia- oder Kiox-Displays vieler anderer Bosch-Bikes trumpfen neben dem Cannondale lediglich das Moustache Samedi 27 Xroad FS 7 und das Riese & Müller Homage GT Rohloff HS mit dem Nyon auf. Das Bosch Nyon ermöglicht neben der Navigationsfunktion auch die übersichtliche Darstellung aller Fahrparameter, eine gute Positionierung auf dem Lenker, eine tolle Integration in das Bosch-Ökosystem und die Schnittstelle zu Software-Anbietern wie bspw. Komoot. Viel mehr geht nicht! Leider ist der im Vergleich zum Sport-Modus deutlich dynamischere eMTB-Modus nicht vorinstalliert, was im Bosch-Fachhandel jedoch per Update behoben werden kann. Das Bedienelement für Display- und Motorsteuerung ist nicht besonders clever positioniert, da es nur in der nicht bremsbereiten Oberlenker-Position bedient werden kann. Hier gibt es aus dem E-Rennrad-Bereich bessere Konzepte.
Den 500 Wh großen Akku des Topstone kann man sowohl im Rad als auch extern laden und dafür nach oben hin aus dem Unterrohr entnehmen. Im Antritt zeigt sich der Bosch Performance Line CX-Motor extrem kraftvoll und krönt das Cannondale Topstone Neo damit zur absoluten Ampelrakete im Testfeld. Die motorisierten vierrädrigen Vehikel neben euch werden gucken, wenn sie nur noch das schicke Supernova-Rücklicht eures E-Gravel-Bikes zu sehen bekommen! Ein Vorderlicht sucht man am Cannondale Topstone Neo jedoch vergebens. Auch die Durchzugsstärke ist phänomenal und das Bike ist ruckzuck auf 25 km/h beschleunigt. Das Fahren an der Schwelle ist jedoch deutlich bemerkbar und macht das Cannondale damit nicht zur ersten Wahl für alle, deren bevorzugte Reisegeschwindigkeit im Bereich von 23 bis 27 km/h liegt. Auch an steilen Anstiegen kommt echtes Shuttle-Feeling auf; man kann definitiv ohne einen Schweißtropfen auf der Stirn am Ziel ankommen. Bei abgeschaltetem Motor ergibt sich dafür kein zusätzlicher Widerstand.
Bevor das Auto neben euch auch nur an sein Gaspedal denken konnte, seid ihr bereits außer Sichtweite. Die Beschleunigung des Cannondale Topstone Neo ist gewaltig!
Das Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE im Test
Das Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE überzeugt auf Anhieb mit einem vergleichsweise guten Komfortlevel. Die Lefty Oliver-Federgabel ist zwar von der strafferen Sorte, entschärft Bordsteinkanten, Schlaglöcher und andere Handgelenksgegner jedoch effektiv. Auch wer anspruchsvolle Touren fährt und gerne den einen oder anderen Abstecher ins grobe Gelände wagt, wird vom erweiterten Einsatzbereich über Schotter, Wurzeln und Absätze profitieren. Im Vergleich zum Specialized Vado SL, das mit dem hauseigenen Future Shock-System ausgestattet ist, zieht es jedoch den Kürzeren im Komfort-Battle an der Front. Die Sitzposition fällt ausgesprochen sportlich aus – wer untrainiert mit dem Pendeln angefangen hat, schafft damit also erst mal keine lange Strecke zur Arbeit. Hier ist wie auch beim Rennradlenker eine gewisse Eingewöhnungszeit notwendig, um mit dem Cannondale Topstone Neo richtig Spaß zu haben. Damit wird es feierlich zum am wenigsten einsteigerfreundlichen Bike im Test gekürt!
Wer also kommt ernsthaft auf die Idee, sich das Cannondale Topstone Neo als Pendler-Bike zu kaufen? Wie eingangs bereits vermutet, stellt das E-Gravel-Bike eine sinnvolle Alternative für alle da, die sich morgens nicht großartig anstrengen, dafür aber nachmittags mit einem Grinsen durch den Wald fliegen wollen. Nicht nur die exponierte Sitzposition auf dem Bike selbst, auch der Mangel an Schutzblechen erfordert die Mitnahme von Wechselkleidung. Die Dusche kann man sich aufgrund der Motorpower sparen, Zahnpasta sollte aber auf jeden Fall vor Ort sein, um den Dreck wegzuputzen, der beim Fahren über Stock und Stein mit Dauergrinsen zwischen die Zähne geflogen ist ;). Gravel-Neulinge, die sich erst mal an die ungewohnte Cockpit-Ergonomie gewöhnt haben, werden sich jedoch über ein laufruhiges Handling und die Möglichkeit freuen, abseits langweiliger Asphaltpisten in neues Terrain vorzudringen – und das sowohl im Alltag als auch am Wochenende!
Tuning-Tipps: Vorderlicht für Pendeleinsatz | Rahmentasche für ein Minimum an Transportmöglichkeiten am Bike
Unser Fazit zum Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE
Das Cannondale Topstone Neo Lefty LE ist kein Alltags-E-Bike für Lieschen Müller und Max Mustermann. Das ist durch den montierten Rennradlenker, den Mangel an Schutzblechen, Vorderlicht und vernünftigen Transportlösungen schnell klar. Wer jedoch Spaß an Hightech hat und auf dem täglichen Weg zur Arbeit neue Wege entdecken möchte, ist bei dem E-Gravel-Bike genau richtig und wird sich über ein hohes Level an Komfort, diverse Connectivity-Features und einen kraftvollen Motor freuen.
Tops
- Innovationsträger in seinem Segment und darüber hinaus
- Hightech und Highspec, wohin das Auge schaut
- hohe Offroadtauglichkeit
- großer Fahrspaß für Tech-Fans mit Fahrexpertise
- vergleichsweise hohes Level an Komfort
- Connectivity-Features von Schaltgruppe, Sensor und Nyon-Display
Flops
- Transportmöglichkeiten maximal eingeschränkt
- durch Rennradlenker nicht sehr intuitiv zu bedienen
- spitzer Einsatzbereich
- ohne Schutzbleche, Ständer und Vorderlicht keine Alltagstauglichkeit
Fahrertyp
6Mehr Informationen findet ihr unter cannondale.com
Das Testfeld
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… oder auch: die regelmäßigen Langstreckenpendler*innen. Die übliche Pendelstrecke beträgt hier über 15 km pro Richtung und der Alltagsnutzung steht dabei klar im Vordergrund. Das E-Bike kommt als Fortbewegungsmittel, als echte Alternative zum Zweitwagen oder zum ÖPNV zum Einsatz. Praktikabilität, Zuverlässigkeit und ein hoher Nutzwert schlägt bei diesem E-Biker*innen-Typ den ultimativen Bling-Faktor, denn das E-Bike wird in weiten Teilen aus Überzeugung genutzt.↩
Dieser E-Biker*innen-Typ vereint E-Bike-Profis und Early-Adopter*innen sowohl aus der Fashion- als auch aus der Tech-Szene. Als hippe Trendsetter*innen wissen sie genau, wie man mit viel Style unterwegs ist. Sci-Fi, Hi-Fi, Wi-Fi – hier blicken sie genau durch und bespielen die digitale Klaviatur problemlos im Halbschlaf. Mit einem leichten Hang zum exzentrischen Ausleben ihrer Passionen stehen emotionale Entscheidungen vor den rationalen.↩
Mal eben die Kids in den Kindergarten, danach auf den Wochenmarkt und später noch im Getränkemarkt einen Kasten Selters holen – für diesen E-Biker*innen-Typ alles kein Problem und das auch ohne Auto. Wer sich hier wiederfindet, liebt es zu kombinieren: Rationale und emotionale Beweggründe gehen Hand in Hand, denn es wird aus Überzeugung und mit einer klaren Vision und Mission in ein passendes Gefährt investiert.↩
… wohnen in einer sogenannten 15-Minuten-Stadt wie beispielsweise Paris. Das heißt, dass alle Dinge des täglichen Bedarfs in einem Radius von 15 Minuten per Fuß oder E-Bike erreichbar sind. Für kurze Strecken unter 2 km scheuen sie sich nicht davor, auch einfach mal zu laufen. Bei mittelweiten Distanzen bis zu 10 km steigen sie selbstverständlich aufs Bike. Alle Strecken, die weiter sind, erledigen sie spielerisch mit dem Mobilitätsmix aus ÖPNV und Bike. Kurzstrecken-Biker*innen sind aktive, sportliche Menschen, die sich nie festlegen wollen, einen flexiblen Lebensstil pflegen und sich gerne von Impulsen inspirieren lassen. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse haben sie häufig kein Auto und wenn doch, kommt es überwiegend für den Genuss zum Einsatz.↩
Sie sind die E-Biker*innen mit der größten Bike-Erfahrung und kommen häufig aus dem sportiven Bike-Bereich. Wir fassen hier alle Mountainbiker*innen und Trailshredder*innen zusammen sowie Rennrad-Fans, Strava-Held*innen und Hobby-Touren-Fans mit Vorliebe für (ländliche) Ausflügen ins Umland und vor die Stadttore. Für den täglichen Weg zur Arbeit ziehen sie sich in Sportbekleidung um, denn der Commute wird direkt mit der Fitness-Einheit kombiniert – geduscht wird dann am Zielort. Ihr Bike muss sowohl unter der Woche fürs Pendeln herhalten als auch für die Touren am Wochenende und ist somit Fortbewegungs- und Transportmittel sowie Sportgerät in einem.↩
In diesem Artikel erfährst du mehr zu den verschiedenen Fahrertypen: Hier klicken! ↩
Words: Aaron Steinke Photos: Benjamin Topf