MERIDA schickt mit dem eBIG.TOUR 700 EQ ein E-Bike mit Shimano EP8-Motor ins Rennen. Kann das Rad aus der Mountainbike-Trekking-Kategorie im harten Pendleralltag mit großer Bandbreite und gefederter Sattelstütze überzeugen oder wäre es besser nicht angetreten? Die Antwort dazu erfahrt ihr hier in unserem Test!
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag

24,74 kg in Größe L | 4.299,00 € | Hersteller-Website
Go big or go home! Die Mountainbike-Affinität ist dem taiwanesischen Fahrradhersteller MERIDA auch beim eBIG.TOUR anzumerken und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass man das Bike in dessen Produktportfolio unter der Kategorie Mountainbike-Trekking findet. Ob diese Fahrradkategorie Zukunft hat, sei mal dahingestellt. Es steht jedoch bereits beim ersten Anblick fest, dass MERIDA viel Wert auf eine vernünftige Offroad-Performance legt. Warum sollte der tägliche Weg zur Arbeit nicht auch über unbefestigte Wege führen? Viele können erst dann wirklich abschalten, die Seele baumeln lassen und die frische Luft genießen, wenn die Reifen unter ihnen über Schotterpisten fliegen, wenn die Pneus morgens nach dem Aufstehen ein paar Wurzeln guten Morgen sagen und wenn die Reifenstollen abends vor dem Zubettgehen ein paar größeren Steinen einen Gutenachtkuss geben.
Der Shimano EP8-Motor überzeugt mit einem natürlichen und einsteigerfreundlichen Fahrverhalten und stellt eine sinnvolle Alternative dar zu Boschs Platzhirsch, dem Performance Line CX-Motor.



Die Ausstattung des MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ im Detail
Sexbomb, sexbomb, you’re a sexbomb … stopp, zurück; falscher Text, falsches Bike. Das MERIDA eBIG.TOUR ist im Vergleich mit dem Schindelhauer Arthur VI/IX oder dem Movea Modo 20” das Mauerblümchen im Vergleichstest und hofft inständig, dass es dem Testteam auf die vielgepriesenen inneren Werte ankommt – im Fahrrad-Fachjargon auch Ausstattung genannt. In dem Punkt kann das MERIDA-E-Bike, das ohne Schloss knapp 25 kg wiegt, mit einer der besten Federgabeln aller Bikes glänzen, trumpft mit einer Vierkolben-Bremsanlage vorne sowie hinten auf und lässt mit der 12-fachen Shimano XT-Schaltgruppe und einer großen 10–51T-Kassette mit riesiger Bandbreite die Muskeln spielen. Und das für einen wirklich fairen Preis von 4.299 €! Gefallen haben uns auch die Metall-Schutzbleche, das am Sattel integrierte Minitool, das montierte ABUS-Faltschloss und der Gepäckträger mit dem praktischen MIK-Standard und einer Zuladung von 27 kg, wodurch man einen Kindersitz montieren kann. Weniger überzeugen kann die Kettenführung aus dem Mountainbike-Bereich; ein Schmutzabweiser über Kettenblatt und Kette wäre für den Alltag deutlich praktischer gewesen. Die Lezyne-Lichtanlage ist wahrlich kein Wunderwerk an Lichtausbeute und ist gerade noch ausreichend, um im Dunkeln den Weg nach Hause auszuleuchten.

Der Gepäckträger ist bis zu einer Zuladung von 27 kg freigegeben und dadurch im Gegensatz zu den 25-kg-Kollegen zur Kindermitnahme freigegeben. Außerdem bietet der MIK-Standard eine tolle Möglichkeit zur flexiblen Gepäckmitnahme. Und habt ihr schon das formschöne Rücklicht gesehen?!

Die Shimano-Remote enttäuscht auf ganzer Linie, knarzt während der Bedienung und gibt keinerlei haptisches Feedback. Sie wird dem qualitativ hochwertigen EP8-Motor nicht gerecht.

Die große Shimano SLX 10–51T-Kassette überzeugt mit guter Schaltperformance und einer bergtauglichen Bandbreite.
MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ
4.299 €
Ausstattung
Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku Shimano E8036 630 Wh
Display Shimano SC-E6100
Fork SR Suntour Raidon34 100 mm
Sattelstütze MERIDA TEAM TK 30,9 mm 100 mm
Bremsen Shimano M4100 180/180 mm
Schaltung Shimano XT/SLX 1x12
Vorbau MERIDA EXPERT CT 90 mm
Lenker MERIDA EXPERT CC 720 mm
Laufradsatz MERIDA COMP CC
Reifen Kenda Booster 29 x 2,2"
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 24,74 kg
Besonderheiten
Lezyne-/Spanninga-Lichtanlage
Multitool im Sattel
ABUS-Rahmenschloss
Versenkbare und gefederte Sattelstütze

Das Unterrohr bietet neben Anschraubpunkten für eine Trinkflasche auch ein Loch für den Wake-up-Knopf des Shimano-Akkus. Der passende Stecker ist clevererweise in der Hinterradachse versteckt.

Am Cockpit tummeln sich viele Kabel, die teilweise ins Steuerrohr und teilweise in den Rahmen geführt werden. Da gibt es durchaus strukturiertere Lösungen.

Der Shimano EP8-Motor glänzt mit einem einsteigerfreundlichen Fahrverhalten und toller Unterstützung.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 380 mm | 430 mm | 480 mm | 530 mm |
Oberrohr | 588 mm | 605 mm | 625 mm | 645 mm |
Steuerrohr | 115 mm | 120 mm | 130 mm | 140 mm |
Lenkwinkel | 67,5° | 67,5° | 67,5° | 67,5° |
Sitzwinkel | 74,5° | 74,5° | 74,5° | 74,5° |
Kettenstrebe | 465 mm | 465 mm | 465 mm | 465 mm |
Tretlagerabsenkung | 63 mm | 63 mm | 63 mm | 63 mm |
Radstand | 1.165 mm | 1.183 mm | 1.204 mm | 1.225 mm |
Reach | 411 mm | 427 mm | 445 mm | 462 mm |
Stack | 636 mm | 640 mm | 650 mm | 659 mm |

Mit Shimanos EP8-Motor auf den Thron?
Als eins von zwei Bikes im Pendler-Bike-Vergleichstest setzt das eBIG.TOUR 700 EQ auf Shimanos EP8-Motor mit 85 Nm. Und der muss sich keineswegs hinter Boschs Performance Line CX-Motor verstecken, mit dem ganze vier Test-Bikes bestückt sind. Aus der Vogelperspektive betrachtet macht der EP8 einen wirklich schmalen Fuß und ermöglicht dadurch viel Bewegungsfreiheit. Die Ladebuchse ist im Vergleich zu vielen anderen Rädern sehr weit unten und direkt über dem Tretlagerbereich positioniert, die Handhabung gestaltet sich etwas fummelig. Der Akku mit einer Kapazität von 630 Wh kann zum Laden jedoch auch nach unten aus dem Unterrohr entnommen werden.


Im Fahrbetrieb überzeugt der EP8-Motor mit einer verhältnismäßig geringen Geräuschkulisse und einem wirklich natürlichen und einsteigerfreundlichen Fahrverhalten. Der Shimano-Motor ist nicht ganz so durchzugsstark wie der Bosch Performance Line CX, schiebt aber mit angenehmem Druck nach vorne und hat genug Kraft, um euch auch nach einem steilen Anstieg ohne Schweißflecken auf dem Shirt zum Date auf den höchsten Aussichtspunkt der Stadt zu bringen. Die Fahrmodi sind im Vergleich zum Bosch-Motor etwas differenzierter abgestimmt und die Mitglieder unseres Testteams waren große Fans des sogenannten Trail-Modus, der dynamisch auf die von den Fahrenden erbrachte Kraft reagiert und sowohl in der Ebene als auch bergauf stets die passende Motorunterstützung bereitstellt. Das Shimano SC-E6100-Display wirkt im Vergleich dazu etwas altmodisch, ist jedoch selbst bei direkter Sonneneinstrahlung perfekt ablesbar. Leider fällt die montierte Shimano E6000-Remote durch ein Knarzen und eine undefinierte Handhabung ohne Feedback negativ auf. Das kann die Shimano SW-EM800-Remote aus dem Mountainbike-Bereich deutlich besser, die z. B. beim MERIDA eONE SIXTY 10K montiert ist!

Das MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ im Test
Auch wenn das MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ über eine weniger hohe Front verfügt als z. B. das Haibike Trekking 9, ist die Sitzposition sehr angenehm und absolut tourentauglich. Die großen Reifen mit 29 x 2,2” – ohne Schutzbleche nimmt das E-Bike sogar Reifen bis zu einer Breite von 2,35” auf – überrollen kleine Hindernisse so geschmeidig wie ein Leopard 2-Panzer Baumstämme. Die Suntour Raidon34-Federgabel mit 100 mm Federweg schluckt effektiv Bordsteine und andere Unebenheiten und überzeugt mit einer ordentlichen Eigendämpfung.
Die gefederte und hydraulisch versenkbare Sattelstütze ist ein absoluter Gewinn – nachdem man sich an die Funktionsweise gewöhnt hat.
Kommen wir zum Komfort-Elefanten im Raum: der gefederten und hydraulisch absenkbaren Sattelstütze. Im Vergleich zur Federgabel hat die Stütze einen sehr hohen Losbrechmoment und gibt dann plötzlich den ganzen Federweg frei. Man ist also zu Beginn überrascht und fragt sich, ob die Stütze überhaupt funktioniert, ehe sie dann bei einer etwas größeren Unebenheit plötzlich einsinkt. Das ist gerade auf den ersten Ausfahrten ungewohnt, stellt aber langfristig eine echte Bereicherung für euch und eure Rücken dar. Die Kombination aus versenkbarer Sattelstütze und Federung ist unschlagbar in Sachen Bedienkomfort, die fälligen 164,95 € für das Sattelstützen-Upgrade sind gut investiertes Geld. Insgesamt bewegt sich das MERIDA in Sachen Komfort deutlich über dem steifen Haibike Trekking 9 und etwas unterhalb des Komfortwunders Samedi 27 Xroad FS 7 aus dem Hause Moustache. Damit ist es bestens geeignet für Ganztagestouren, die auch mal über Schotterpisten und Waldwege führen.


Tuning-Tipp: Schmutzabweiser für Kettenblatt und Kette montieren, um ohne Ölflecken an der Hose auf der Arbeit einzutreffen

Lenkimpulse setzt das MERIDA im Vergleich zu sportlicheren Bikes wie dem Canyon Commuter:ON 7 ein wenig langsamer um, was aber nicht negativ sein muss, sondern zu dem etwas entspannteren Charakter des Bikes passt. Das eBIG.TOUR überzeugt nicht zuletzt durch die großen Laufräder mit einer souveränen und stabilen Laufruhe und generiert mit dem Plus an Kontrolle durch den breiten Lenker und mit den hohen Sicherheitsreserven der Vierkolben-Bremsanlage viel Vertrauen, was vor allem Einsteigern zugutekommt. Go big? Gerne, wenn es nicht zu ruppig wird. Go home? Klar – nach der ausgedehnten Feierabendrunde mit Biergarten-Rast!

Unser Fazit zum MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ
Das MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ ist ein tolles E-Bike mit stimmiger Ausstattung für Fans von Touren und Ausflügen und ermöglicht als eines von wenigen Bikes die Montage eines Kindersitzes auf dem Gepäckträger. Der Shimano EP8-Motor überzeugt mit ausreichend Power und einsteigerfreundlichem Fahrverhalten; nach etwas Eingewöhnung ist auch die gefederte versenkbare Sattelstütze ein echter Gewinn. Wer jedoch ein Bike mit Sexappeal und Ausstrahlung sucht, sollte einen Bogen um das Mauerblümchen machen.

Tops
- tolle Alltagsausstattung für Einkäufe und das Mitnehmen von Kindern
- einsteigerfreundlicher Shimano EP8-Motor
- langstreckentaugliche Sitzposition mit ausreichend Komfort durch Federung und Sattelstütze
- hohes Sicherheitsempfinden
- große Bandbreite für maximale Bergtauglichkeit

Flops
- weniger Style-Punkte gibt’s nur bei Primark
- Bedienelemente des Shimano-Antriebs wirken billig
Fahrertyp
6Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com

Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Bike 2021 – Die 19 spannendsten Konzepte für den Alltag
Alle Bikes im Test: Ampler Stout (Zum Test) | Brompton M6L Cloud Blue (Zum Test) | Cannondale Topstone Neo Carbon Lefty LE (Zum Test) | Canyon Commuter:ON 7 (Zum Test) | Diamant Juna Deluxe+ (Zum Test) | FEDDZ E-Moped (Zum Test) | FLYER Upstreet6 7.10 HS (Zum Test) | Haibike Trekking 9 (Zum Test) | Kalkhoff Endeavour 5.B Excite+ (Zum Test) | MERIDA eBIG.TOUR 700 EQ | MERIDA eONE SIXTY 10K (Zum Test) | Moustache Samedi 27 Xroad FS 7 (Zum Test) | Movea Modo 20” (Zum Test) | Riese & Müller Homage GT Rohloff HS mit DualBattery (Zum Test) | Riese & Müller Packster 70 Vario (Zum Test) | Riese & Müller Roadster Touring (Zum Test) | Schindelhauer Arthur VI/IX (Zum Test) | Specialized Turbo Vado SL 5.0 EQ (Zum Test) | VanMoof X3 (Zum Test)

… oder auch: die regelmäßigen Langstreckenpendler*innen. Die übliche Pendelstrecke beträgt hier über 15 km pro Richtung und der Alltagsnutzung steht dabei klar im Vordergrund. Das E-Bike kommt als Fortbewegungsmittel, als echte Alternative zum Zweitwagen oder zum ÖPNV zum Einsatz. Praktikabilität, Zuverlässigkeit und ein hoher Nutzwert schlägt bei diesem E-Biker*innen-Typ den ultimativen Bling-Faktor, denn das E-Bike wird in weiten Teilen aus Überzeugung genutzt.↩
Dieser E-Biker*innen-Typ vereint E-Bike-Profis und Early-Adopter*innen sowohl aus der Fashion- als auch aus der Tech-Szene. Als hippe Trendsetter*innen wissen sie genau, wie man mit viel Style unterwegs ist. Sci-Fi, Hi-Fi, Wi-Fi – hier blicken sie genau durch und bespielen die digitale Klaviatur problemlos im Halbschlaf. Mit einem leichten Hang zum exzentrischen Ausleben ihrer Passionen stehen emotionale Entscheidungen vor den rationalen.↩
Mal eben die Kids in den Kindergarten, danach auf den Wochenmarkt und später noch im Getränkemarkt einen Kasten Selters holen – für diesen E-Biker*innen-Typ alles kein Problem und das auch ohne Auto. Wer sich hier wiederfindet, liebt es zu kombinieren: Rationale und emotionale Beweggründe gehen Hand in Hand, denn es wird aus Überzeugung und mit einer klaren Vision und Mission in ein passendes Gefährt investiert.↩
… wohnen in einer sogenannten 15-Minuten-Stadt wie beispielsweise Paris. Das heißt, dass alle Dinge des täglichen Bedarfs in einem Radius von 15 Minuten per Fuß oder E-Bike erreichbar sind. Für kurze Strecken unter 2 km scheuen sie sich nicht davor, auch einfach mal zu laufen. Bei mittelweiten Distanzen bis zu 10 km steigen sie selbstverständlich aufs Bike. Alle Strecken, die weiter sind, erledigen sie spielerisch mit dem Mobilitätsmix aus ÖPNV und Bike. Kurzstrecken-Biker*innen sind aktive, sportliche Menschen, die sich nie festlegen wollen, einen flexiblen Lebensstil pflegen und sich gerne von Impulsen inspirieren lassen. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse haben sie häufig kein Auto und wenn doch, kommt es überwiegend für den Genuss zum Einsatz.↩
Sie sind die E-Biker*innen mit der größten Bike-Erfahrung und kommen häufig aus dem sportiven Bike-Bereich. Wir fassen hier alle Mountainbiker*innen und Trailshredder*innen zusammen sowie Rennrad-Fans, Strava-Held*innen und Hobby-Touren-Fans mit Vorliebe für (ländliche) Ausflügen ins Umland und vor die Stadttore. Für den täglichen Weg zur Arbeit ziehen sie sich in Sportbekleidung um, denn der Commute wird direkt mit der Fitness-Einheit kombiniert – geduscht wird dann am Zielort. Ihr Bike muss sowohl unter der Woche fürs Pendeln herhalten als auch für die Touren am Wochenende und ist somit Fortbewegungs- und Transportmittel sowie Sportgerät in einem.↩
In diesem Artikel erfährst du mehr zu den verschiedenen Fahrertypen: Hier klicken! ↩
Words: Aaron Steinke Photos: Valentin Rühl