Ein Lastenfahrrad ist für Specialized das noch fehlende Mosaikstück im Produktportfolio. Mit der Veröffentlichung des neuen Longtail-Lastenrads Porto will Specialized das Schaffenswerk nun vervollständigt haben. Wir konnten das Lastenfahrrad bereits für euch testen und beim Hausbesuch der Specialized Turbo Unit im schweizerischen Cham ergründen, was dieses E-Bike so wichtig für die Marke macht.
Wenn man in die heiligen Hallen von Specialized, ins Turbo- Entwicklungszentrum im Schweizer Cham, eingeladen wird, sagt man nicht Nein. Nach jedem Treffen ist man um eine Handvoll Erkenntnisse reicher und bekommt einen Ausblick auf das kommende Produkt-Line-up. Im vergangenen Jahr durfte sich unser Schwestermagazin E-MOUNTAINBIKE beim Hausbesuch die Entwicklungen im sportiven Bereich vorführen lassen. Dieses Mal haben sich die Produkt- und Kategorieverantwortlichen Dominik, Mattia, Vincent, Christoph und Stephan Zeit genommen, um ihr neues Lastenfahrrad Porto aus allen Ecken und Winkeln zu beleuchten und dem DOWNTOWN Team zu präsentieren.
Das Lastenrad-Segment hat aus kommerzieller Sicht für Specialized nur eine untergeordnete Bedeutung. Die zu erwartenden Verkaufszahlen sind im Vergleich zu Modellreihen wie dem Turbo Levo nicht besonders verheißungsvoll. Doch aus firmenstrategischer Sicht ist der Lastenrad-Markt für die Schweizer entscheidend: Specialized will die Marke der Wahl für alle Biker werden. In allen sportiven Rennsport-Kategorien ist Specialized bereits gut aufgestellt und dabei oft tonangebend. Auch im urbanen sowie im Freizeit- und Trekking-Segment beherbergt das Portfolio starke Bikes. Eine richtige Auto-Alternative für eingefleischte Specialized-Fans gab es dagegen bisher noch nicht.
Nach langwieriger Entwicklung erblickt nun das Specialized Porto das Licht der Welt. Es ist das fehlende Mosaikstück, mit dem Specialized überzeugten Fahrrad-Fanatikern den letzten noch verbleibenden Wunsch erfüllen will.
Das Porto basiert auf dem Longtail-Lastenfahrrad-Konzept, mit variablen Transportmöglichkeiten auf dem verlängerten Heckgepäckträger. Angetrieben wird es vom bewährten Specialized Turbo-Motorsystem mit Specialized 2.2-Motor, 90 Nm Drehmoment und einer 710-Wh-Batterie. Zur Kraftübertragung nutzt es einen Riemen. Außerdem rollt der Cadillac unter den Alu-Lastenrädern auf einem gemischt großen Reifensetup, mit 24″-Laufrad vorne und 20″ hinten, sowie einer eigens für das Fahrrad entwickelten 2,8″ breiten Trekking-Bereifung. Ein gefedertes Fahrwerk besitzt das Porto indes nicht.
In der fahrfertigen Basisausstattung ohne Aufbauten bringt es 39,9 kg auf die Waage und hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 200 kg. Die Investition in Specializeds wahrgewordenen Lastenrad-Traum macht euch 6.500 € ärmer. Ob sich das auszahlt, haben wir bei einem Hausbesuch der Specialized Turbo Unit im schweizerischen Cham und bei den regelmäßigen Heavy-Duty-Ausfahrten unserer Redaktion für euch herausgefunden.
Der Cadillac unter den E-Lastenrädern – Das neue Specialized Porto-Longtail-Lastenfahrrad im Detail
Das neue Porto ist ein Longtail-Lastenrad mit einem massiven Alu-Rahmen. Um ein ansprechendes Design und hohe Zuverlässigkeit unter einen Hut zu bekommen, hat man für die Fertigung mehrere Verfahren herangezogen. So ist z.B. das massive Steuerrohr im Vergleich zum restlichen Rahmen geschmiedet und im CNC-Fräsverfahren nachbearbeitet worden.
Auf ein Oberrohr wurde nicht verzichtet, das Specialized Porto ist daher kein echter Tiefeinsteiger wie z.B. das Trek Fetch+ 2. Dennoch wurde das Oberrohr so weit wie möglich abgesenkt, um einen tiefen Durchstieg zu ermöglichen. Um den 541 mm hohen Durchstieg zu bewältigen, müssen kleine Menschen jedoch weiterhin einen Karate-Kick vollführen, damit sie das Bein über den Rahmen bekommen.
Das vordere Rahmendreieck wirkt schlicht und erweckt einen vertrauensvollen Eindruck. Die sehr breite Starrgabel, die mit einem relativ flachen Lenkwinkel ins E-Bike integriert wurde, lässt vermuten, dass das Porto auch auf schlecht befestigten Wegen, abseits vom Stadtverkehr, mit Fahrstabilität glänzen kann.
Das hintere Rahmendreieck wird durch eine serienmäßige Rahmentasche und eine Vollverkleidung von Antriebsstrang und Hinterrad ausgefüllt. Somit kommt etwas Ruhe in die Silhouette – eine Design-Idee, die uns an die abgedeckten Radkästen eines Cadillacs aus den 70ern erinnert. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass der Rahmen im Vergleich zu anderen Longtails bereits auf Höhe der Hinterradnabe aufhört, Heckgepäckträger und Radkasten sind mit Verstrebungen auf dem Rahmen aufgesetzt.
Motor und Akku im Unterrohr wurden gekonnt im Rahmen integriert. Was vom Motorsystem noch optisch übrig bleibt, sind ein paar extra Kabel, die von der Lenkerremote und dem Display in großen Bögen in den Rahmen wandern. Die auffällige Leitungsverlegung ist dem „One size fits all“-Größenkonzept des Specialized Porto geschuldet.
Das Größenkonzept des Specialized Porto Longtail-Lastenrads im Detail
Wie die meisten Lastenfahrräder erscheint auch das Specialized Porto nur in einer Rahmengröße. Dennoch soll es Biker mit einer Körpergröße von 1,55 m bis 1,95 m bequem aufnehmen. Um diese breite Spannweite zu ermöglichen, musste man sich bei Specialized zuvor von ein paar Dogmen befreien. Winkelverstellbare Vorbauten und erst recht höhenverstellbare Lenker sucht man an den Bikes von Specialized meist vergebens. Die ursprüngliche Annahme bei Specialized war, dass die hohen Anforderungen von mechanischer Belastung mit verstellbaren Cockpit-Komponenten nicht vereinbar waren. Scheinbar sind sie es doch. Per Schnellspanner lässt sich eine Klemme am überdimensionierten Steurrohraufstatz lösen, um den Lenker in die gewünschte Position zu bringen. Dafür stehen knapp 7 cm Verstellweg zur Verfügung.
Der winkelverstellbare Vorbau wird mit einem 5er-Inbus in Position gebracht. Die überlangen Leitungsbögen vor dem Cockpit folgen dann dem Lenker. Eine Kabelklemme am Frontgepäckträger sorgt dafür, dass sich die Leitungen selbst beim maximalen Einlenkwinkel nicht verfangen.
Für die Sattelhöhe geht man ähnlich wie beim Lenker vor. Hier hat man sogar zwei Schnellspanner zur Verfügung, um die richtige Sitzhöhe zu finden. Durch den flachen Sitzwinkel verlängert sich mit zunehmendem Sattelauszug auch der Abstand zum Lenker, weshalb sich auch die größeren Redakteure aus unserem Team an Bord des Portos nicht eingezwängt gefühlt haben.
Auch für den Sozius auf dem verlängerten Heck hat sich Specialized was einfallen lassen, damit die Ergonomie nicht zu kurz kommt, und ein ausgeklügeltes Transportkonzept auf die Beine gestellt.
Das Transportkonzept des Specialized Porto-Lastenrads im Detail
Wenn man davon absieht, Supermarkt-Plastiktüten um den Lenker zu hängen, bietet das Specialized Porto insgesamt sechs Stellen am Bike, um Kind und Kegel zu transportieren. Den Löwenanteil aller anspruchsvollen Transportaufgaben übernimmt dabei der Heckgepäckträger.
Das Specialized Porto verfügt über ein zulässiges Gesamtgewicht von 200 kg. Davon entfallen 60 kg auf den verlängerten Heckgepäckträger, der mit drei MIK HD-Ansteckplätzen ausgerüstet ist. Darauf lassen sich kompatible Kindersitze oder Einkaufskörbe im Handumdrehen anbringen.
Will man noch schneller zwischen Einkauf und Personentransport wechseln, hat Specialized das passende Zubehör im Katalog. Für 220 € erhält man die Porto Safety Rails. Dabei handelt es sich um Sicherheitsschienen aus Aluminium mit einer Polsterung. Für weitere 50 € gibt es den passenden Porto Passenger Seat, ein Sitzkissen mit MIK-Befestigung, dazu. Hat man zwei der Sitzkissen montiert, finden zwei Kinder hintereinander sicher auf dem Heck Platz. Es lassen sich sogar zwei Trinkflaschen an das hintere Ende der Sicherheitsschiene anschrauben.
Der Umfang der Sicherheitsschiene ist außerdem speziell für Euroboxen mit 60 cm Länge und 40 cm Breite zugeschnitten. So gelingt der Wechsel zwischen Kind und Kegel am schnellsten.
Durch den vollverkleideten Antriebsstrang und das verkleidete Hinterrad können die Füße der Beifahrer nicht in die Speichen oder in den Riemen geraten. Damit die Beinchen trotzdem nicht frei umher baumeln, findet man im Teilekatalog zwei praktische Zubehör-Optionen. Entweder greift man zur Porto Foot Platform (200 €) – zwei langgezogenen Trittbrettern, die sich für kurze und längere Beine in einer hohen bzw. niedrigen Position seitlich anbringen lassen, wodurch sie mit den Passagieren auf dem Heck „mitwachsen“ können. Oder man wählt die Porto Foot Pegs (40 €) – einfache Fussrasten, die an die langen Kettenstreben angeschraubt werden. Ihr Vorteil: So kann man auch lange Gepäckträgertaschen und Körbe an den seitlichen Schienen des Heckgepäckträgers anbringen, ohne dass sie auf den Trittbrettern aufliegen.
Hat man das Safety Rail verbaut, lässt sich das Porto auch im Hochkantformat abstellen. Specialized hat das Porto dahingehend zwar nicht speziell austariert und gibt das Hochkant-Parken nicht explizit frei. Den Schweizer Entwicklern war aber bewusst, dass nicht alle Biker einen vollwertigen Lastenrad-Stellplatz zur Verfügung haben, weswegen das Aufrichten aufs Heck nicht durch runde Schienenformen unnötig erschwert wurde. Seiltänzern und Steinestaplern, die den Hochkant-Balanceakt mit dem Porto gerne nachahmen wollen, empfiehlt Specialized dennoch, das Porto am Vorderrad mit einem Riemen vor dem Umfallen zu sichern.
Für sperriges Gepäck, das nicht mehr in eine Eurobox passt, bietet Specialized die Porto Cargo Base an (190 €). Mit 73 cm Länge und 46 cm Breite lässt sich eine Partypizza so prima auf dem Heck verladen. Der Cargo Base liegen drei Spanngurte bei, sodass man das Gepäck auch höher als einen Pizzakarton stapeln kann. Die Plattform darf mit bis zu 60 kg belastet werden.
Für die seitlichen Schienen am Heckgepäckträger bietet Specialized mit den Porto Side Bags (130 € pro Stück) maßgeschneiderte Seitentaschen aus robustem Polyester an. Sie fassen jeweils bis zu 44 Liter Gepäck, mit einem Gewicht von bis zu 25 kg. Auf der Innenseite befindet sich zudem eine gepolsterte Laptoptasche. Damit Laptop und Einkäufe trocken bleiben, wird der Faltverschluss auf der Oberseite von zwei soliden Riemen sicher verschnürt. Der Träger ist selbstverständlich auch mit den meisten Gepäckträgertaschen anderer Anbietern kompatibel.
Zubehör | Gewicht | Preis |
---|---|---|
Porto Safety Rails | 2.020 g | 220 € |
Porto Foot Pegs | 240 g | 40 € |
Porto Foot Platform | 1.460 g | 200 € |
Porto Passenger Seat | 300 g | 50 € |
Porto Side Bag | 1.350 g | 130 € |
Porto Cargo Base | 2.680 g | 190 € |
Der Zubehörkatalog rückt den Preis (6.500 €) und das Gewicht (39,9 kg) der Basisausstattung wieder etwas ins Verhältnis. Unser für Transportaufgaben ausgestattetes Lastenrad wiegt mit Plattform und einer Tasche bereits fast 44 kg und kostet 6.820 €.
Das für den Kindertransport ausgelegte Testrad wiegt beinahe ebenfalls 44 kg und würde mit Safety Rails, Trittbrettern und zwei Sitzkissen sogar mit 7.020 € zu Buche schlagen.
Der ausladende Frontgepäckträger ist Teil der Basisausstattung und darf mit weiteren 20 kg belastet werden. Praktisch: Auch er verfügt über ein MIK-Interface. So lässt sich hier z.B. ein Einkaufskorb mit Griff befestigen, wenn am Heck durch die Sitzpolster alle Plätze blockiert sind.
Hinter dem Sattelrohr befindet sich serienmäßig eine kleine Rahmentasche, die, analog zum Handschuhfach beim Auto, Platz für die wichtigsten kleinen Utensilien bietet. Ein weiterer Kniff, den sich Specialized beim Auto abgeschaut hat, sind die Reifendruckangaben je nach Beladung – clever.
Wem das immer noch nicht genug ist, der kann die zwei Anschraubpunkte an der Starrgabel für einen Gabel-Gepäckträger nutzen, wie z.B. den sündhaft teuren tubus DUO TITAN für 450 €, wobei es ein günstigeres Modell sicher auch tut. Auch am Heck ist noch eine weitere Transportmöglichkeit versteckt: Die hintere Strebe des Radkastens hält einen Anschraubpunkt für einen Anhänger mit einer maximalen Anhängelast von 60 kg parat. Interessiert ihr euch für einen Hundeanhänger? Dann werft einen Blick in unseren Hundeanhänger-Vergleichstest.
Wer genau mitgezählt hat, kommt bislang nur auf fünf Transportmöglichkeiten, wobei zu Beginn jedoch von sechs Möglichkeiten die Rede war. Nicht zu vergessen ist daher natürlich der obligatorische Flaschenhalter auf dem Oberrohr, der in Griffweite befestigt ist und den Durchstieg nicht blockiert.
Das Motorsystem des Specialized Porto-Longtail-Lastenfahrrads im Detail
Damit die bis zu 200 kg Lebendgewicht auch zügig in Fahrt kommen, verbaut Specialized den stärksten Motor aus dem eigenen Portfolio: den Specialized 2.2-Motor. Der vielseitige Motor kommt auch im Specialized Levo oder dem Sieger aus dem SUV-Vergleichstest unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE, dem Tero X, zum Einsatz. Für das Porto erhält er jedoch ein spezielles Software-(De-)Tuning und hört intern auf die Bezeichnung Specialized 2.2 Cargo. Der fließende Strom wird etwas früher gekappt, um den Motor vor einer Überhitzung zu schützen. Mit bis zu 90 Nm Drehmoment und 410 % Motorunterstützung bietet der Motor dennoch genug Power, um das Porto mühelos auch über hügeliges Terrain zu befördern.
Der Akku besitzt 710 Wh Kapazität. Er wird in E-Mountainbike-Manier nach unten aus dem Unterrohr entnommen. Ladeport und Schlüsselloch zur Akkuentriegelung befinden sich seitlich am Unterrohr. Sowohl das Laden als auch die Akkuentnahme erfordern immer ein leichtes Bücken.
Ist man bereits im Besitz eines Tero X mit 710-Wh-Akku, lässt sich der Porto-Akku ins Tero X packen und umgekehrt, denn die Akkus sind die gleichen. Im Gegensatz zum Tero X mit zwei Akkuoptionen gibt es beim Porto jedoch keine Wahlmöglichkeiten. Auch einen Range-Extender oder eine Dual-Akkuoption wird es nicht geben.
Durch die etwas umständliche Akkuentnahme und das unflexible Akkukonzept wirkt das Motorsystem nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Was heutzutage bei Lastenfahrrädern möglich ist, führt z.B. das Tern Orox R14 mit Dual-Akkukonzept eindrucksvoll vor. Nichtsdestotrotz reichen 710 Wh für die allermeisten Tagestrips locker aus.
Für die Wiedergabe der Motordaten hat man sich bei Specialized für das MasterMind TCD-Farbdisplay entschieden. Es beherrscht neben den Basics wie Geschwindigkeitsanzeige, Anzeige des Akkustands und der Unterstützungsstufen noch ein paar nette Gimmicks wie die Anzeige der optimalen Trittfrequenz. Am linken Displayrand gibt die Anzeige auch Auskunft über den von hinten herannahenden Verkehr, in Form eines weißen Punktes, der auf einen grünen Punkt in der linken oberen Ecke zufährt. Wird der Abstand kleiner, wechselt der Punkt seine Farbe zu Gelb und das Display gibt ein warnendes Piepen von sich – das Ganze ähnelt dann sehr stark einer Partie Pac-Man. Die Abstandsmessung erfolgt mittels Garmin Radar, das serienmäßig am Heckgepäckträger verbaut ist.
Darüber hinaus bietet das Motorsystem im Zusammenspiel mit der Specialized Mission Control-App noch weitere Features. So kann z.B. per Smart Control die zu fahrende Restdistanz eingetragen werden. Die Motorsteuerung drosselt die Motorpower dann anhand der restlichen Akkukapazität automatisch, damit man sein Ziel noch mit einem gewissen Grad an Motorunterstützung erreicht.
Auch ein bewegungsempfindlicher Alarm samt Motor-Systemsperre kann aktiviert werden. Macht sich jemand dann am Bike zu schaffen, wird ein Alarm ausgelöst. Der Alarm des kleinen Displays fällt aber nicht viel lauter aus als ein kleiner Wecker und kann schon mal überhört werden, wenn man im Inneren eines belebten Cafés kurz eine Pause macht. Darum verbaut Specialized serienmäßig noch ein ABUS-Ringschloss am Vorderrad, das sich den Schlüssel mit dem Akku teilt.
Eine Navigationslösung direkt auf dem Display, die gerade für Trekking-Biker spannend wäre, gibt es nicht.
Specialized Porto
6.500 €
Ausstattung
Motor Specialized 2.2 Cargo 90 Nm
Akku Specialized U2 710 Wh
Display MasterMind TCD
Fork Alu Starrgabel mit Tubus Duo Side Rack Mounts
Sattelstütze Double Extension-Stütze
Bremsen Tektro Dorado 203 mm
Schaltung enviolo Heavy Duty 380%
Vorbau Specialized, winkelverstellbar 77 mm
Lenker Specialized Alu 680 mm
Laufradsatz Specialized Alu 24"/20"
Reifen Pathfinder Sport Reflect 2,8"
Technische Daten
Größe One Size
Gewicht ab 39,9 kg
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 200 kg
Max. Zuladung (Fahrer) 160 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja
Besonderheiten
höhenverstellbarer Lenker
Abus Ringschloss
Lezyne-/Spanninga Licht
Das Specialized Porto Longtail-Lastenfahrrad im Praxistest
Für unseren ersten Fahreindruck in Cham haben wir alles, was nicht niet- und nagelfest war, aus den Büros der Turbo Unit entwendet und auf zwei Portos fest verzurrt. Die Beladung der Lastenfahrräder gelingt sehr einfach, eine Handvoll Spanngurte für sperrige Objekte liegen dem Porto direkt bei.
Ist das Porto auf dem Doppelständer aufgebockt, steht es stabil genug da, um auf dem Heck einen Handstand zu vollführen. Die Kehrseite davon ist leider, dass das Auf- und Abbocken auf dem Ständer – sobald das Porto erstmal mit viel Gewicht beladen ist – zu einem Kraftakt wird. Ein Griff auf der Unterseite des Sattels hilft zwar etwas, um das schwere Bike auf den Ständer zu wuchten, ein Fußhebel am Ständer hätte uns jedoch besser gefallen.
Vor Fahrtantritt lässt sich dank der stufenlosen Enviolo HD-Nabenschaltung bereits im Stand ein sehr leichter Anfahrtsgang einlegen. Der Motor besitzt zwar viel Power, schiebt aber selbst im Turbo-Modus sanft und leicht kontrollierbar an. Ist das Lastenrad bis unters Dach hin voll beladen, sind die ersten zwei bis drei Meter für ungeübte Cargo-Biker noch ein wenig wackelig. Doch schon ab Schrittgeschwindigkeit verhält sich das Porto sehr fahrstabil. Es profitiert dabei enorm vom niedrigen Schwerpunkt, der durch das kleine 20″-Hinterrad und die tiefe Motor-und Akkuintegration so weit wie möglich abgesenkt ist. Solange man nicht probiert, zwei aufeinander gestapelte Giraffen auf dem Heck zu transportieren, kann man sich mit dem Porto sanft in Kurven legen und entspannt cruisen.
Das Porto folgt auch schnelleren Lenkbewegungen intuitiv und lässt sich so relativ einfach um Hindernisse manövrieren. Erst wenn man durch ein enges Umlaufgitter an einem U-Bahn-Übergang mit dem langen Heck aneckt, wird man daran erinnert, dass man auf einem Lastenfahrrad und nicht auf einem gewöhnlichen Stadtrad sitzt. Biker mit langen Beinen müssen in engen Linkskurven außerdem darauf achten, nicht mit dem Knie an den Rückspiegel zu stoßen.
Die etwas redundante Kombi aus Radar und Rückspiegel ist zwar gut gemeint, aber auch etwas gewöhnungsbedürftig und in manchen Fällen irritierend. Löst der Garmin einen (Fehl)-Alarm aus, vergewissert man sich nochmals im Rückspiegel, dass der sich annähernde Verkehr nicht von drei Spuren weiter links anrollt. Der Spiegel hängt durch einen Verlängerungsarm jedoch weit unten und weg vom Sichtfeld, sodass man den richtigen Winkel erst wie mit einem schmalen Zielfernrohr suchen muss. Ein breiterer Rückspiegel auf Lenkerhöhe hätte uns besser gefallen.
Muss man an einer Ampel einen Stopp einlegen, haben kleine Personen, die mit den Füßen nicht zu Boden reichen, das Nachsehen. Ohne eine absenkbare Sattelstütze müssen sie sich immer aus dem Sattel aufrichten.
Will man nach der Rotphase im Ampelsprint ein paar andere Verkehrsteilnehmer abziehen, hat man eher schlechte Karten. Der Motor schiebt zwar kräftig, aber nur wenig spritzig mit an. Die Enviolo-Schaltung hat nur eine geringe Gang-Bandbreite und ist eher für steile Rampen untersetzt, statt nach oben hin übersetzt. Um die 25 km/h-Grenze zu erreichen, braucht man entweder die Schwerkraft an seiner Seite oder man muss in einer hohen Trittfrequenz mitpedalieren. Schade, denn der verwindungssteife Rahmen, die kraftvollen TEKTRO Dorado-Bremsen und die starke Traktion der Reifen verleihen auf dem Porto genug Selbstvertrauen, um mit viel Tempo etwas Fahrspaß für einen selbst und die Kinder auf dem Heck aufkommen zu lassen.
Das gutmütige und laufruhige Handling kommt dem Porto auch bei einer Ausfahrt außerhalb der Gemarkung einer Großstadt zugute. Die 2,8″ breiten Pathfinder-Reifen sorgen auch auf schlecht befestigten Straßen für guten Grip. Sie erfüllen zudem eine zweite Funktion als Stoßabsorbierer. Durch ihr großes Volumen können sie kleine Unebenheiten ausfiltern. Jedoch ist das Porto ohne weitere aktive Federelemente kein Komfortwunder sobald man die geteerte Innenstadt verlässt. Laut Specialized wären Federgabeln und gedämpfte Fahrwerke bei einem Gewicht von 200 kg schnell überfordert und würden zu einem instabilen Fahrverhalten führen. Man musste einen Kompromiss wählen. Beim Überfahren von Bordsteinkanten, Schlaglöchern und kleinen Wurzeln während einer Trekking-Ausfahrt wird das Porto samt Biker und Gepäck durchgeschüttelt.
Außerdem sollte man beim Field-Trip aufmerksam nach spitzen Steinen und in der Stadt nach Glasscherben Ausschau halten. Zieht man sich am Hinterrad einen Platten zu, ist der Schlauchwechsel mit deutlich größerem Schrauberaufwand verbunden. Dann zeigt sich das sonst so wartungsfreundliche Porto von seiner etwas anderen Seite.
Bei einer späten Rückkehr von einem langen Trekking-Trip sorgt die Lezyne Classic STVZO E500-Lampe unter dem Gepäckträger für gute Sicht. Für Nachtfahrten fehlt es ihr jedoch an einem Fernlicht. Das im Heckgepäckträger integrierte Spanninga Commuter GLOW XE-Rücklicht unterstützt die Sichtbarkeit mit einer zusätzlichen Bremslichtfunktion.
Das Ketteschmieren nach einer matschigen Trekking-Ausfahrt wird dank des Carbon-Riemens überflüssig. Auch der Rahmen bleibt durch die großen Schutzbleche von einer Matschpackung verschont. So kann man das Porto auch mal zum Entladen direkt in den Wohnungsflur mitnehmen. Dabei fällt auf, dass sich das Porto mit einer relativ kurzen Gesamtlänge von 206 cm auch in den ein oder anderen Aufzug schieben lässt.
Das Fazit zum Specialized Porto
Das erste Lastenfahrrad aus der Feder von Specialized ist gut gelungen. Die gutmütigen Fahreigenschaften und das durchdachte Transportkonzept können sich sehen lassen. Durch einen breiten Zubehörkatalog erfüllt das Porto ein sehenswertes Spektrum an Transportaufgaben. Nur das unflexible Akkukonzept und der eingeschränkte Fahrkomfort abseits geteerter Straßen schmälern den ersten Eindruck. Wie sich das Porto gegen die besten Lastenräder auf dem Markt schlägt, testen wir für euch im kommenden Lastenrad-Vergleichstest – dranbleiben lohnt sich.
Tops
- hohe Laufruhe und Fahrsicherheit
- vielseitiges Transportkonzept mit großem Zubehörkatalog
- hochwertige Verarbeitung
- clevere und robuste Komponenten
Flops
- Aufbocken benötigt (zu)viel Kraft
- unflexibles Akkukonzept
- eingeschränkter Fahrkomfort bei Offroad-Touren
- keine absenkbare Teleskopsattelstütze
Für mehr Infos besucht Specialized.com
Words: Rudolf Fischer Photos: Robin Schmitt