Riese & Müller Tinker Vario im Test – Der Klapster mit der Extraportion Komfort

Das Tinker Vario ist Riese & Müllers einziges kompaktes E-Bike im Portfolio und wird mit Komfortelementen an Front und Heck ausgestattet. Macht das an einem Rad für die Innenstadt überhaupt Sinn? Oder wäre ein kraftvollerer Motor die bessere Wahl gewesen? Wir haben es für euch herausgefunden!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Big City Life auf 20/24 Zoll – 4 spannende E-Kompakt-Bikes im Test

**Riese & Müller** Tinker Vario | Bosch Performance Line/500 Wh | 80/- mm (v/h)
27,24 kg in Größe | 4.199,00 € | Hersteller-Website

Was ist neben sauberer Luft und großzügigen Grünflächen das rarste Gut in den Metropolen der Welt? Ganz genau: Platz. Es herrscht akuter Platzmangel, wohin man auch schaut. Die ohnehin schon engen Straßen werden von aneinander vorbei schleichenden Blechkolonnen, Bussen, Taxen, Straßenbahnen, Fahrrädern und flanierenden Menschen in Beschlag genommen. Es grenzt an ein Wunder, dass dieses völlig überladene System nicht regelmäßiger kollabiert. Der deutsche Fahrradhersteller Riese & Müller hat nicht erst mit dem vollgefederten Load 60-Lastenrad unter Beweis gestellt, dass es in der heutigen Zeit kreatives Out-of-the-box-Denken braucht, um praxisnahe Lösungsansätze zu präsentieren. Der neueste Sprössling in einer beeindruckenden Reihe urbaner Problemlösungen ist das Tinker Vario-E-Bike, das auf kleinen 20”-Laufrädern daherrollt und selbst in die engste Lücke im Rushhour-Stau oder in der städtischen Tram passen soll. Ob das in der Praxis genauso gut funktioniert wie in der Theorie, haben wir für euch herausgefunden.

Ausstattung und Details des Riese & Müller Tinker Vario

Fast egal, an welchem Bauteil des Tinker euer Blick hängen bleibt: Es wird höchstwahrscheinlich mit einem Schnellspanner befestigt sein. Daher kann sich das Riese & Müller zu Recht die Schärpe als Schnellspanner-König umhängen. Was heißt das für den Alltag? Ob Sattelhöhe, Lenkerneigung oder Lenkerhöhe – alles ist mit wenigen Handgriffen und komplett werkzeugfrei auf die persönlichen Vorlieben eingestellt. Damit ist das E-Bike auch perfekt fürs Family-Sharing und der wechselnden Nutzung durch verschiedene Familienmitglieder gewachsen. Der schmale Lenker lässt sich übrigens komplett aufs Oberrohr umlegen, wodurch das Bike bei gleichzeitig runtergefahrenem Sattel nur noch 86 cm in der Höhe misst oder gar 81 cm, wenn man Sattel und Sattelstütze komplett herauszieht. Das ist natürlich sehr praktisch zum Verstauen im Zug, in ein kleines Kellerabteil oder den Kofferraum des Pkws. Ihr solltet allerdings keine Sekunde unterschätzen, dass das Tinker trotz seiner geringen Größe und der kleinen Laufräder mit 26,8 kg wahrlich kein leichtes Bike ist – und mit knapp 1,60 m Länge ist es auch nicht wirklich superkompakt. Wer beim Anblick dieses E-Bikes also denkt, dass es die Handlichkeit eines Brompton-Klapprad-Klassikers oder gar des weitgehend aus Titan gefertigten Brompton T-Line-Modells besitzt, wird in der Praxis enttäuscht sein.

Das Tinker Vario kostet in unserer Ausstattungsvariante 4.598,90 € und gibt sich in puncto Fertigungs- und Verarbeitungsqualität keine Blöße. Trotz der voluminösen Schweißnähte wirkt es sehr hochwertig. Der Racktime-Gepäckträger ist leider nur bis 20 kg belastbar und damit nicht für die Montage eines Kindersitzes freigegeben – schade! Dafür kann im Konfigurator von Riese & Müller ein praktischer Cargo-Aufsatz hinzugebucht werden, den wir euch zusammen mit dem RX Chip für vollen Diebstahlschutz absolut empfehlen würden. Mehr Infos zu den RX Services und digitalem Diebstahlschutz findet ihr hier. Beeindruckt war unsere Testcrew von der Leistung der Bremsen, die das Bike mit Zuladung trotz der vergleichsweise kleinen Bremsscheiben zu jeder Zeit zuverlässig zum Stillstand gebracht haben – und das bei einem hohen zulässigen Gesamtgewicht von 135 kg für Bike, Fahrende und Beladung! Obwohl die Kette bei einem Rad mit Riemenantrieb stets gespannt bleiben muss, kann man das Hinterrad dank der vertikalen Ausfallenden nämlich leicht ein- und ausbauen. Dafür zieht man das Laufrad einfach nach unten raus. Das ist bei vielen anderen Bikes mit Riemen deutlich fummeliger und eher ein Fall für den Bike-Shop.

**Chaoszentrale**
Trotz gebündelter Kabelführung wirkt das Cockpit mit seiner Fülle an Leitungen chaotisch. Immerhin sind alle Leitungen lang genug, um den Lenker komplett ausziehen oder umlegen zu können.

**Geschickt eingefädelt**
Durch die hochgezogenen Kettenstreben ist es möglich, einen Riemenantrieb auch ohne Kettenschloss im Rahmen zu verbauen – clever!

**Schloss vergessen? Nie wieder.**
Eine große Erleichterung im Alltag: Durch das U-Schloss ist das Bike mit nur einem Handgriff abgeschlossen. Weitere Sicherheit bietet der optionale RX Connect-Chip.

Riese & Müller Tinker Vario

4.199 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line 65 Nm
Akku Bosch PowerPack 500 Wh
Display Bosch Intuvia
Fork Spinner Grind OS 80 mm
Dämpfer -
Sattelstütze Cane Creek Thudbuster gefedert
Bremsen TEKTRO Auriga Comp 160/160 mm
Schaltung Enviolo 380 380 % / keine definierten Gänge
Vorbau R&M Twist Pro
Lenker FSA V-Drive 630 mm
Reifen Schwalbe Big Ben Plus 20 x 2,15

Technische Daten

Größe One Size
Gewicht 27,24 kg
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 135 kg
Max. Zuladung (Fahrer) 107,76 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

RackTime-Gepäckträger 20 kg
Parallelogramm-Sattelstütze
Verstellbares und einklappbares Cockpit
Abus Shield 5650-U-Schloss

**Klapp und weg**
Obwohl das Cockpit für einen einfachen Transport im Handumdrehen weggeklappt werden kann, ist es einfach und werkzeuglos in der Höhe verstellbar.

**Außen drauf statt innen drin**
Der 500-Wh-Akku sitzt abgeschlossen auf dem Unterrohr und ist zum Laden oder zum Transport einfach entnehmbar.

**Moped-Feeling inklusive**
Wie vom Moped gewohnt, geht der Enviolo-Drehgriff im Vergleich zur Nexus-Schaltung am QiO oder FLYER in die richtige Richtung. Hochschalten: zum Körper hin. Runterschalten: vom Körper weg. Und das auch im Stand und unter Last.

Größe	ONE SIZE
Oberrohr	555 mm
Lenkwinkel	72,0°
Sitzwinkel	73,0°
Kettenstrebe	455 mm
Radstand	1.070 mm

Motor- und Akkusystem des Riese & Müller Tinker Vario

Riese & Müller setzt wie gewohnt auf einen Elektromotor aus dem Hause Bosch, verbaut aber nicht wie so häufig das Spitzenmodell Performance Line CX, sondern den etwas leistungsschwächeren Performance Line-Mittelmotor mit 65 statt 85 Nm. Das macht in dem Fall aber absolut Sinn und steht dem kleinen Bike hervorragend. Trotz des etwas geringeren Drehmoments beschleunigt das Tinker überraschend stark und gibt sich auch am Berg keine Blöße. Der externe Akku mit 500 Wh Kapazität ist ebenfalls nicht das größte Modell, stellt sich für ein reines City-Bike wie das Tinker Vario jedoch als absolut ausreichend heraus. Er ermöglicht eine ausreichende Reichweite selbst für transurbane Touren und kann entspannt zum Laden entnommen werden. Das Bosch Intuvia-Display zeigt zwar die wichtigsten Daten an, ist in Sachen Connectivity aber im letzten Jahrzehnt stehen geblieben und bietet keinerlei smarte Features wie Navigation etc. an. In dem Punkt geht in diesem Test kein Weg vorbei am komplett vernetzten VanMoof X3.

Wer hat das Komfortprogramm gebucht? Mit dem Riese & Müller Tinker Vario gleitet ihr wie auf einer Sänfte über Kopfsteinpflaster, schlechten Asphalt und Feld- und Waldwege.

Tuning-Tipp: breiterer Lenker für mehr Vertrauen

Auf der Straße – Das Riese & Müller Tinker Vario im Test

Wer bereits eins oder mehrere Bikes aus dem Portfolio von Riese & Müller gefahren ist, wird vom Handling des Tinker Vario-E-Bikes wenig überrascht sein. Es lässt sich durch den tiefen Schwerpunkt und den schmalen Lenker direkt und präzise durch enge Gassen und Kurven lenken und ist das dynamischste aller 20”-Bikes im Test. Die Kehrseite der Medaille: Bei hohen Geschwindigkeiten fehlt es dem Rad an Gutmütigkeit und Neulinge werden sich in kniffligen Fahrsituationen mehr Vertrauen ins Bike wünschen. Ein etwas breiterer Lenker wäre an der Stelle angebracht gewesen, und er würde auch nicht die dynamische Grundwahrnehmung des Bikes einschränken. Dafür brilliert das Tinker Vario als Komfortkönig der Kompaktklasse, und das in Front und Heck gleichermaßen. Als einziges der vier Bikes im Test verfügt es über eine Federgabel, die für ein Gefühl wie auf einem fliegenden Teppich sorgt. Im Heck arbeitet die gefederte Cane Creek-Sattelstütze, die mit einer tollen Dämpfung glänzt und durch die Parallelogramm-Bauweise nie den Abstand von Sattel zu Tretlager verändert. Die mit Abstand beste Stütze in diesem Test und definitiv die 149,90 € Aufpreis wert, die man im Konfigurator für dieses Update zahlt!

Unser Fazit zum Riese & Müller Tinker Vario

Egal ob als Bike für den innerstädtischen Alltag, den suburbanen Commute oder als Urlaubsrad für den nächsten Camper-Urlaub: Das Tinker Vario ist das perfekte Kompaktrad für alle Komfort-Suchenden und überzeugt mit einem direkten und agilen Handling. Durch mehrere Schnellspanner ist es kompakt in Höhe und Breite zusammenstauchbar oder für verschiedene Fahrende einstellbar. Der einzige Wermutstropfen ist der etwas zu schmale Lenker, der das Sicherheitsgefühl bei hohen Geschwindigkeiten sinken lässt.