Sie sind aus dem Verkehrsalltag vieler Großstädte kaum mehr wegzudenken: E-Kompakträder werden immer beliebter – zu Recht! Kaum ein anderes urbanes E-Bike vereint Fahrfreude, intuitiven Umgang und Praktikabilität so gut wie die kompakten Bikes mit kleinen Laufrädern. Aber für wen ist ein E-Kompaktrad das richtige?

Klein, aber oho! So lautet der erste Gedanke vieler Menschen, die zuvor noch nie auf einem E-Kompaktrad gesessen haben. Bei den kleineren Abmessungen hat sich schnell die Annahme im Gehirn verankert, dass automatisch auch die Leistung und Performance sehr viel kleiner und überschaubarer sein müsste als bei herkömmlichen E-Bikes. Weit gefehlt! Wie ihre großen Brüder und Schwestern greifen kompakte E-Bikes ebenfalls auf moderne und leistungsstarke Motoren und Fahrradkomponenten zurück. Die Unterschiede liegen vielmehr im Bereich der Laufradgröße und Rahmenform. E-Kompakt-Bikes verfügen in der Regel über eine Laufradgröße zwischen 14” und 24”, haben einen vergleichsweise kurzen Radstand und einen weit heruntergezogenen Rahmen. Was das in der Praxis für euch bedeutet, erfahrt ihr jetzt.

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Was sind denn nun die Vorteile eines E-Kompaktrads im Vergleich zu einem herkömmlichen E-Bike?

Kompakte E-Bikes stehen für unbeschwerte Fahrfreude und ein ganz bestimmtes Lebensgefühl. Sie machen ab dem ersten Meter Spaß und überzeugen durch die heruntergezogenen Rahmenformen mit einem leichten Überstieg, der im Alltag wirklich praktisch ist und ein hohes Level an Vertrauen schafft. Man bekommt bei den meisten Bikes sogar im Sitzen den Fuß auf den Boden, was nicht nur an der Rahmenbauweise liegt, sondern auch am flachen Sitzwinkel. Auch das Fahrverhalten ist bei vielen Bikes sehr intuitiv und gibt gerade Neulingen viel Sicherheit auf dem Rad. Die Kombination aus einer ausgesprochen langen Sattelstütze und dem großen Gabelschaft führt zu einer wirklich entspannten, aufrechten Sitzposition. Praktisch, wenn man das Bike gemeinsam als Paar, Familie oder WG nutzen will: E-Kompakträder sind in den meisten Fällen durch Schnellspanner am Cockpit und an der Sattelstütze innerhalb von Sekunden von Person A auf Person B umgebaut. Wer nur wenig Platz in der Garage oder im Fahrradkeller hat oder sein Rad gerne im Wohnmobil mit in den Urlaub nimmt, wird sich über die etwas kürzere Gesamtlänge im Vergleich zu klassischen E-Bikes freuen.

Auf was solltet ihr beim Kauf eines E-Kompaktrads achten?

Wir haben uns für euch ins Stadtgewimmel gestürzt und vier verschiedene E-Kompakt-Bikes intensiv getestet. Dabei haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen, die wir mit euch teilen wollen und die euch bei der anstehenden Kaufentscheidung helfen. Zwei Dinge haben uns sehr überrascht: Zum einen ist der Fahrspaß wie bereits erwähnt sehr hoch, die Räder mit ihren kleinen Laufrädern machen in der City richtig Laune! Zum anderen sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen enorm. Das hätten wir so nicht erwartet, da sich die Bikes teilweise sehr in ihrer Bauweise und den verbauten Komponenten ähneln. Dabei wurde die gesamte Palette bedient von einem ausgesprochen agilen über ein ausgeglichenes Handling bis hin zu einem trägen Fahrverhalten. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass man dabei das Segment der Kompakt-Bikes für unterschiedliche Fahrtypen aufschlüsseln muss. Egal ob man es eher entspannt angehen lässt und viel Gepäck dabeihat oder ob man der sportlich-dynamische Typ ist, der auch das letzte Quäntchen Agilität aus dem Bike herauskitzeln möchte: Für jeden E-Kompakt-Bike-Typ ist das richtige Rad auf dem Markt dabei.

Das Level an Integration

In Bezug auf clevere Integrationslösungen wurde unsere Testcrew leider enttäuscht. Die Bikes sind nicht wirklich up to date und für urbane Räder im Jahr 2022 teilweise lächerlich wenig integriert. Bis auf das VanMoof sind alle Bikes im Test mit externen Speichenmagneten ausgestattet. Außerdem setzen weiterhin mehrere Hersteller auf externe Akkus, die im Endeffekt nur wenige Sekunden schneller entnommen werden können als ihre internen Pendants, dafür aber optisch deutlich weniger hermachen. Auch beim Thema Design liegt die Konkurrenz meilenweit hinter dem branchenführenden VanMoof zurück. Die Zeichen stehen bei vielen Herstellern noch auf maximalem Nutzwert, das Thema Ästhetik fällt da vom Tisch. Schade!

Wie praktikabel ist das Bike im Alltag?

Wer auf der Suche nach maximaler Alltagstauglichkeit ist, wird sich darüber freuen, dass die Bikes größtenteils werkzeugfrei in Lenker- und Sattelhöhe verstellbar sind und damit vor allem Familien mit mehreren Fahrenden glücklich machen. Leider hatte nur ein Bike im Test die Freigabe für einen Kindersitz auf dem Gepäckträger, was wiederum jungen Familien ein Dorn im Auge ist. In Bezug auf Wetter- und Tageszeitflexibilität sind die Räder mit ordentlichen Lichtanlagen und Schutzblechen sehr gut ausgestattet, einzig ein U-Schloss haben wir an einem Bike vermisst.

Das wiegt schwer!

Jetzt denkt man ja gerne mal: „Wenn ich ein kompaktes E-Bike kaufe, dann ist das sicher leicht und lässt sich mal eben die Treppe in den Keller runter- und hochtragen.“ Jaaa … das stimmt so leider nicht ganz. Bis auf das leichte VanMoof sind alle Räder im Bereich um die 25 kg, was für einige von uns bereits zu viel ist, um es täglich zu tragen. Auch in Sachen Gesamtlänge sind die E-Kompakträder länger als zu Beginn vermutet. So passt z. B. selbst das in der Höhe zusammenklappbare R&M Tinker nicht einfach in den Kofferraum eines Pkws. Sollte das ein regelmäßiger Anwendungsfall von euch sein, seid ihr mit einem wirklich kompakten Klapprad wie dem Brompton eindeutig besser bedient.

So smart sind die Bikes tatsächlich

Kommen wir zum Thema Connectivity. Auch hier ist das niederländische Team von VanMoof Vorreiter und glänzt bereits seit Jahren mit Features, um die sie die Konkurrenz bis heute beneidet. Hier wird auch im Jahr 2022 wirklich erschreckend wenig geboten, wenn man sich die aufgerufenen Preise mal genauer anschaut. Dabei wären vor allem digitale Sicherheits- und Navigations-Features eine feine Sache und würden euch im Alltag einen praktischen Nutzen bieten. Auch die Intuvia-Displays, die an allen drei Bosch-Bikes verbaut sind, zeigen nur die absoluten Basics an und gehören schleunigst ersetzt. Wir drücken ganz fest und nicht ganz uneigennützig die Daumen, dass sich in dem Bereich in den nächsten Jahren einiges tun wird!

Für wen sind kompakte E-Bikes interessant und für wen nicht?

Der E-Bike-Markt ist stetig am Wachsen – und das ist auch gut so! Immerhin sind die Räder ebenso vielfältig wie die Personen darauf. Wir haben uns für unseren letzten Vergleichstest der besten E-Bikes die Mühe gemacht, die fünf grundlegendsten Fahrertypen zu definieren, in denen sich jede*r wiederfindet. Und eins steht fest: E-Kompakträder sind durch ihre vergleichsweise kleinen Akkus und den Mangel an Connectivity-Features weder die richtigen Bikes für regelmäßige Langstreckenpendler*innen noch für hippe Trendsetter*innen. Vielmehr versprechen kompakte E-Bikes durch ihre große Flexibilität und die geringen Abmessungen viel Fahrspaß und Freude auf Kurzstrecken. Sie sind also gemacht für alle, die ihre Erledigungen in einem Radius von 10 km auf dem Rad erledigen oder bei längeren Distanzen auf den Mobilitätsmix aus ÖPNV und Bike zurückgreifen. Genau diese Menschen erfreuen sich nämlich täglich am spaßigen und intuitiven Fahrverhalten und können dabei Abstriche in puncto Akkukapazität und Komfort machen.

Das Testfeld

Alle Bikes im Test: FLYER Upstreet1 (Zum Test) | Riese & Müller Tinker Vario (Zum Test) | QiO EINS P-5 (Zum Test) | VanMoof X3 (Zum Test)

Words: Photos: Benjamin Topf