Mit dem City Transformer will das gleichnamige Start-Up städtische Mobilität neu denken. In Zusammenarbeit mit dem Urvater des Smart wurde ein 2-Sitzer mit formvariablem Fahrwerk entwickelt. Kann der City Transformer die Sicherheit und das Platzangebot eines Autos mit der Wendigkeit und dem geringen Flächenverbrauch eines Motorrads vereinen? Und welche Hürden stehen dem City Transformer im Weg?

Zu viele und zu große Autos drängen sich auf den Straßen und in den Innenstädten nahezu aller Städte weltweit. Jeder PKW in Deutschland wird laut ADAC im Durchschnitt lediglich eine Stunde pro Tag genutzt, wovon allein die Parkplatzsuche im innerstädtischen Verkehr 35 % ausmacht. Obendrein sitzt meist nur eine Person im Auto. Den Rest der Zeit belegen die stählernen Kolosse öffentlichen Raum, der eigentlich für uns Menschen gedacht ist. Bei knapp 50 Millionen PKW in Deutschland und einer durchschnittlichen Parkplatzfläche von ca. 15 qm kommt man schnell auf über hunderttausend Fußballfelder verlorenen Raums. Hier setzt das israelische Start-Up City Transformer an, das mit seinem Hybrid aus Auto und Motorrad die besten Eigenschaften aus beiden Welten vereinen will. Dabei sollen die Sicherheit und das Platzangebot eines Autos mit der Wendigkeit und dem geringen Flächenverbrauch eines Motorrads vereint werden. Alles rein elektrisch – versteht sich. Wir konnten den City Transformer in München unter die Lupe nehmen und sogar eine kleine Runde mit dem Prototyp in der BMW-Hauptstadt drehen. Was wir vom Konzept und der Umsetzung des Mini-Optimus-Prime halten, erfahrt ihr hier.

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Der City Transformer – eine mögliche Lösung?

Mit dem City Transformer soll die aktuelle Entwicklung des Automobils, die bisher immer mehr in Richtung größer und schwerer ging, eine 180-Grad-Kehrtwende bekommen. Das Konzept fußt auf einem kleinstmöglichen Auto für bis zu zwei Personen bzw. eine Person plus einen Großeinkauf. Wir wurden auf den City Transformer erstmals auf der IAA 2021 aufmerksam. Er reiht sich in die sogenannte L7e-Klasse ein: leichte, vierrädrige Kraftfahrzeuge, die sich zwischen E-Bike und E-Car einordnen und der Game-Changer der Mikromobilität sein wollen. Damit die Sicherheit der Insassen nicht leidet, sollen beim Serienstart alle üblichen Assistenzsysteme wie ESP oder ABS verbaut werden, was jedoch für diese Fahrzeugklasse nicht verpflichtend ist. Das Herz des City Transformers ist eine transformierbare Plattform, die von 1 m auf 1,40 m ausgefahren werden kann. Diese patentierte Technologie soll bei hohen Geschwindigkeiten für Stabilität sorgen und im eingefahrenen Zustand die Parkplatzsuche erleichtern. Außerdem soll durch die geringe Breite von nur einem Meter geschickt durch das innerstädtische Verkehrschaos navigiert werden können. Allerdings sind mit einer Breite von einem Meter bauartbedingt nur maximal 45 km/h möglich. Als weiteres Feature sollen die Fahrzeuge mit einer Sharing-Option ausgestattet werden und so auch von Privatperson zu Privatperson vermietet werden können – eine Art „Carbnb“. Dass der City Transformer durch seine Formveränderung zahlreiche Blicke auf sich zieht, können wir euch vorab schon mal versichern.

Die Parkplatzsuche soll zum Kinderspiel werden …
… dank der schmalen Spurweite von nur einem Meter.

Der City Transformer im Detail

Vom City Transformer gibt es bisher zwei Prototypen, die beide in der Nähe von München hergestellt wurden. Die Daten sind jedoch nahezu identisch mit den geplanten Serienfahrzeugen. Im City Transformer sollen zwei Personen hintereinander Platz finden. Wenn der hintere Sitz umgeklappt wird, erhält man einen kleinen Kofferraum mit rund 350 l Volumen. Das reicht gut für den großen Wocheneinkauf oder die Aufstockung des Biervorrats. Um das flüssige Gold nicht zu stark durchzuschütteln, lässt sich die Spurweite innerhalb von 2–4 Sekunden von 1 m auf 1,40 m verbreitern und sorgt so für mehr Stabilität. Im Stadtmodus mit 1 m Breite ist die Geschwindigkeit auf 45 km/h begrenzt und damit vorwiegend für den innerstädtischen Verkehr und das Parken gedacht. Dies hat fahrsicherheitsbedingte Gründe und soll außerdem den Zugang zu Zonen, welche nur für Fahrzeuge bis 45 km/h befahrbar sind, ermöglichen. Solche finden sich z. B. in manchen italienischen Innenstädten, sogenannte ZTL (zona traffico limitato). Wer weiß, vielleicht werden auch in Deutschland in Zukunft solche Zonen eingeführt? Im Performance-Modus mit einer Breite von 1,40 m liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 90 km/h. Überlandfahrten bis zu 180 km sollen so möglich sein. Mit den Maßen von 2,50 m x 1,40/1,00 m x 1,50 m (L x B x H) soll der City Transformer einen Wendekreis von 8,5 m haben. Zum Vergleich: Der Smart EQ mit 2,7 m Länge kommt auf einen Wendekreis von 6,95 m und bietet eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Im Gegenzug ist der Stadtflitzer von Smart aber auch knapp 1,70 m breit.

Deutlich schmaler als ein Smart.
Quer statt längs steht man an der Ladesäule.

Angetrieben wird der 560 kg (inkl. Batterie) schwere City Transformer von zwei Hinterradmotoren, die zusammen 15 kW erzeugen. Die Energie liefert eine 16-kWh-Batterie mit 110 kg Eigengewicht, die laut Hersteller per Schnellladefunktion in unter 30 Minuten auf 80 % geladen werden kann. Damit hebt sich das Fahrzeug von der Konkurrenz aus der L7e-Klasse ab, da es als einziges die CCS-Schnellladetechnik besitzt. Allgemein fallen in diese Kategorie Fahrzeuge mit einem Gewicht von unter 450 kg (ohne Batterie). Für diese Fahrzeugklasse gibt es im Gegensatz zu „normalen” E-Autos noch keine Subventionen. City Transformer will sich aber dafür einsetzen, dass die Subventionen auch für diese Fahrzeugklasse eingeführt werden. Außerdem bemüht sich das Team darum, dass man mit den Fahrzeugen auf Motorradstellplätzen parken darf, um die Parkplatzsuche noch einfacher zu gestalten. Der aktuelle Preis beträgt 15.000 Euro (1.000 Euro Rabatt) bis zum 1. April. Nach diesem Datum wird der Preis 16.000 Euro betragen. Da es aber bislang noch keinen Produzenten gibt und City Transformer nach weiteren Investoren sucht, kann logischerweise noch keine echte Preiskalkulation vorhanden sein. Hinsichtlich der Produktionsstandorte plant City Transformer, seine Fahrzeuge mindestens zu 80 % in Europa herzustellen, um kurze Lieferketten zu realisieren und eine nachhaltige Produktion zu ermöglichen. Als mögliche Produktionsstandorte haben die Entwickler bisher Deutschland, Frankreich und Italien ins Visier genommen.

Die Vision des City Transformer

Die Ambitionen des Teams rund um den City Transformer sind groß. Die erste Generation soll bereits mit vielen Sicherheitssystemen wie ABS und ESP ausgerüstet sein und auch Rekuperation ermöglichen. Außerdem sollen Komfort-Features wie Klimaanlage, Sitzheizung und elektrische Fensterheber verbaut werden. Als weitere Transportoption soll eine Dachbox verfügbar sein, und als platzsparende und stylische Version sollen Scherentüren, die nach oben weg rotieren, angeboten werden. Bei der CT 2-Generation planen die Entwickler teilweise autonomes Fahren, die dritte Generation soll komplett autonom sein. In Sachen Connectivity setzt City Transformer auf eine Zusammenarbeit mit Bosch. Über eine App sollen Mobility Services verfügbar sein, wie zum Beispiel das Auto über das Smartphone zu finden, es zu öffnen und abzuschließen oder die Übernahme der persönlichen Einstellungen automatisch vorzunehmen. Diese Features sollen ebenfalls bei der schon erwähnten Sharing-Option möglich sein. Der Mini-Optimus-Prime soll aber nicht nur für Otto Normalverbraucher verfügbar sein, sondern auch als Mietfahrzeug bei Flottenanbietern in Großstädten angeboten oder als Erste-Hilfe-Fahrzeug eingesetzt werden. Hier ist die Idee von einem kleinen Fahrzeug, dass sich auch durch Staus ohne Rettungsgasse problemlos durchschlängeln kann.

(Ent-)Sperren und direkt die persönlichen Informationen übertragen – NFC soll es möglich machen.
Die Schnauze des City Transformer klappt auf und ermöglicht das Laden per Schnellladefunktion.

Erste Testfahrt mit dem City Transformer

„Klein aber fein” trifft den ersten optischen Eindruck des City Transformer ganz gut. Von außen fallen vor allem die durchgehenden Lichter an der Front und die Scherentüren ins Auge. Im Innenraum ist alles recht minimalistisch gehalten. Auf zwei Displays werden dem Fahrer die wichtigsten Informationen mitgeteilt. Das Lenkrad ist übersichtlich und auch die Auswahl der Fahrtrichtung ist ohne Erklärung zu verstehen. In puncto Verarbeitung kann man dem Prototyp bereits eine relativ hohe Qualität zusprechen. Beim Einschalten des Fahrzeugs benötigt die Software jedoch noch etwas Zeit um hochzufahren, dafür ist die Hardware schon reif für die Serienproduktion. Eins ist sicher: Blicke zieht der kleine Optimus Prime jetzt schon auf sich.

In den Hinterrädern fügen sich die beiden 7,5 kW starken Motoren elegant ein.
Der Kampf der Zukunft – SUV vs. Micro-Mobility.

Bei unserer kleinen Runde durch den Münchner Westen sind wir zu mehreren Erkenntnissen gekommen. Zu zweit fährt es sich im City Transformer wenig angenehm. Der hintere Sitz ist für erwachsene Personen sehr klein und ist keine Lösung für längere Strecken. Alleine kann man durchaus komfortabel und dank (Sitz-)Heizung bei kalten Temperaturen mit warmem Hintern durch den innerstädtischen Verkehr kommen. Die breite Spurweite vermittelt ein sicheres Fahrgefühl und lädt dazu ein, die elektrische Power auch ein wenig auszunutzen. Der einzige Nachteil ist, dass man die ausgefahrenen Kotflügel aus dem Innenraum nicht besonders gut sehen kann und somit ein wenig Übung braucht, um die Breite des Fahrzeugs einschätzen zu können. In eingefahrenem Zustand ist man dafür klar im Bilde über die Dimensionen, und auch die integrierte Rückfahrkamera, die den Innenspiegel ersetzt, ermöglicht eine gute Sicht nach hinten. Allerdings neigt sich der City Transformer im eingefahrenen Modus erheblich mehr in Kurven und macht schnell klar, dass man doch bitte langsam um die Ecken fahren sollte. Beim Serienfahrzeug will City Transformer diese negative Kurveneigenschaft durch das ESP etwas verbessern. Bei der Beschleunigung von 0 auf 50 km/h, die vom Hersteller mit 5 Sekunden angegeben wird, entwickelt sich (noch) eine recht laute Geräuschkulisse. Außerdem macht sich das Ein- und Ausfahren des Fahrwerks deutlich durch ein anhaltendes Surren à la Optimus Prime bemerkbar.

Zwei sind einer zu viel. Auf dem hinteren Sitz fühlt man sich schnell beengt.
Stylisch! Das Cockpit ist simpel und aufgeräumt.

Einschätzung des City Transformer

Der City Transformer wurde bereits 2018 in anderer Optik vorgestellt. Seitdem sind äußerlich zwar einige Änderungen vorgenommen worden, an der Serienproduktion hapert es aber immer noch. Für Start-Ups ist das keine Seltenheit, auch andere Firmen wie etwa Microlino mussten immer wieder mit Rückschlägen kämpfen. Ob der City Transformer – wie vom Hersteller geplant – kommendes Jahr in Serienproduktion gehen und ausgeliefert werden kann, bleibt jedoch offen. Unsere Einschätzung: unwahrscheinlich. Denn für die Serienproduktion sind enorme finanzielle Mittel notwendig, wofür weitere Investoren gefunden werden müssen, und bislang steht ein Produktionsstandort noch nicht fest. Ist dieser gefunden, braucht es zudem viel Know-how und Expertise, um die Qualität ad hoc im Griff zu haben!

Als Option sind Scherentüren geplant, das spart Platz!
Die Entwickler des City Transformer haben noch Großes vor.

Ob der City Transformer der Auslöser einer Transformation der Städte wird oder ob er eine bereits umstrukturierte Stadt benötigt, um erfolgreich und nützlich zu sein, bleibt fraglich. Eine kleine Hilfestellung seitens der Politik kann auf jeden Fall nicht schaden, seien es Subventionen, Regulierungen oder Einschränkungen für den Individualverkehr in Innenstädten. Beim City Transformer handelt es sich um ein spannendes Konzept, das fahrdynamisch sowie in Sachen Usability jedoch noch einige Kompromisse aufweist. Was jedoch mit Sicherheit gesagt werden kann: Der City Transformer ist eine stark zukunftsorientierte Lösung, die ihrer Zeit voraus ist.

Der City Transformer benötigt noch einige Zeit bis zur Serienproduktion. Wir hoffen nicht so lange, wie das Siegestor in München schon steht.

Fazit zum City Transformer

Das formvariable Fahrwerk des City Transformer ist durchaus innovativ und nützlich, um sich an verschiedene Situationen anzupassen. Diese Eigenschaft steht mit der maximalen Breite von einem Meter (Stadtmodus) klar im Mittelpunkt. Andere Merkmale wie die Praktikabilität für zwei Personen oder auch der Wendekreis haben hier jedoch das Nachsehen. Hinzu kommt: Der City Transformer scheint noch viele Schritte von einer Serienproduktion entfernt, die immer wieder angekündigt, dann aber doch wieder verschoben wurde. Eine typische Start-Up-Problematik: Das Konzept ist spannend und vielversprechend, doch jetzt müssen Taten in Form von wirklich lieferbaren Fahrzeugen folgen, damit Hype und Interesse nicht verpuffen!

Mehr Informationen unter citytransformer.com.

Alle getesteten E-Autos: City Transformer Prototyp | Fiat 500e | Honda e | KIA EV6 | Opel Rocks E | Polestar 2 | Porsche Taycan | Smart EQ Forfour | Tesla Model 3 Dual Motor Long Range | VW ID.3 | VW ID.BUZZ

Words: Gabriel Knapp Photos: Manfred Schmitt