115 kg Lebendgewicht auf dem kleinsten E-Lastenrad im Test – kann das gut gehen? Wir haben unseren stärksten Mann vorgeschickt, um zu checken, ob das Tern GSD S00 E-Lastenfahrrad bombensicher ist. Ausgerüstet mit Bosch Performance CX-Motor, 1.000-Wh-Doppelakku und zwei Pullen Bier musste das 173 cm kurze Tern zeigen, was in ihm steckt!
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Cargo-Bike im Test
Das Thema Landflucht ist präsenter denn je. Gerade junge Leute zieht es in die Städte. Alle wollen studieren, feiern und dazugehören. Der Platz in den überfüllten Großstädten ist mittlerweile jedoch so rar wie Toilettenpapier in Deutschlands Supermarktregalen im Frühjahr 2020. Lastenfahrräder sind en vogue, das Problem: Für einige Menschen sind sie schlichtweg zu sperrig. Alle, bis auf das 173 cm kurze Tern-E-Lastenrad!
Schwere Füße? Kein Problem! Der Durchstieg ist schön niedrig, der Fuß muss kaum gehoben werden. Komfortabel und deutlich besser gelöst als beim Riese & Müller Multicharger GT Vario! Mit eingeklapptem Lenker misst es gerade mal 83 cm in der Höhe und 41 cm in der Breite und sollte damit in jede Garage oder unter die Wendeltreppe passen, sogar der Transport im Kombi ist möglich. Es gibt nun eigentlich auch in der Großstadt keinen Grund mehr, auf ein Lastenrad mit Elektroantrieb zu verzichten!
Schwere Füße? Kein Problem! Der Durchstieg ist schön niedrig, der Fuß muss kaum gehoben werden.
Tern GSD S00
4.999 €
Ausstattung
Motor Bosch Performance Line CX 75 Nm
Akku Bosch PowerPack 1000 Wh
Display Bosch Purion
Bremsen MAGURA MT5 180/180 (v/h) mm
Schaltung Enviolo Cargo 380 %
Reifen Schwalbe Super Moto-X 20 x 2,4" (v/h)
Technische Daten
Größe One Size
Gewicht 42,8 kg
Länge 173 cm
Breite 40,5 cm
Höhe 83 cm
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 200 kg
Max. Zuladung (Fahrer) - kg
Besonderheiten
klappbare Lenkersäule
vertikal aufstellbar
Die meisten Lastenfahrräder ziehen ständig und überall Blicke auf sich. Jeder dreht sich nach den überlangen Rädern um, Aufmerksamkeit ist garantiert. Nicht so mit dem Tern! Das Bike ist nicht viel länger als ein klassisches Fahrrad und in der Entwicklung wurde der Fokus klar auf die praktische Funktionalität gelegt, nicht auf das Aussehen – der Wow-Faktor ist eher gering. Die Träger sind auf hohe Funktionalität ausgelegt, Eurokisten mit 600 x 400 mm passen genau. Praktisch: Die Kiste Bier kann sogar auf dem optionalen Front-Gepäckträger transportiert werden – in Griffweite vom Lenker. Zufall? Wohl kaum. Cool: Für das Tern GSD S00 gibt es jede Menge an Zubehör – insbesondere in den Packtaschen mit jeweils 37 l Packvolumen findet sich massig Stauraum! Fußrasten für Erwachsene, Accessoires wie den Mini-Lenker für Kids und diverse Gepäckträgeroptionen machen das Tern zum Verwandlungskünstler.
Form follows Function. Stylefaktor? Gering. Bei der Entwicklung des Tern-Bikes standen Qualität und Funktionalität klar vor Design.
Perfekt passt auch die Sitzposition, selbst für Riesen wie unseren Testfahrer Benedict mit 115 kg Lebendgewicht. Die doppelt verstellbare Sattelstütze ermöglicht trotz kurzem Sitzrohr einen enormen Einstellbereich, mit dem Schnellspanner am Vorbau ist eine problemlose Anpassung von Höhe und Winkel am Lenker möglich. Weniger durchdacht konstruiert ist der Ständer des E-Cargo-Bikes. Das Tern muss leicht angehoben werden, um ihn ein- oder auszuklappen – bei 40 kg Beladung und 43 kg Leergewicht ein ganz schöner Kraftakt! In ausgeklappter Position steht das Bike leider auch nicht sicher, sondern recht kippelig, und bewegt sich aufgrund des etwas zu kurzen Ständers auch, sobald es nicht in der Ebene steht.
Unterstützung erhaltet ihr beim Fahren vom Bosch Performance Line CX-Motor, der mit 75 Nm Drehmoment zwar ausreichend Power bietet, im Vergleich mit dem Bosch Cargo Line-Motor aber deutlich das Nachsehen hat. Dank dem Bosch Dual-Battery-System und der 1.000 Wh Akkukapazität sind auch dreistellige Kilometerzahlen ohne Zwischenladung möglich, was aber natürlich auch stark vom Höhenprofil und der Beladung abhängt. Das einfache Bosch Purion-Display zeigt nur die nötigsten Informationen an und kommt ohne Navigations- oder Multimedia-Features aus. Die Tern Valo Direct-Lichtanlage ist leider nur mittelmäßig und fällt deutlich ab neben der Konkurrenz aus dem Hause Supernova, die z. B. beim R&M Multicharger GT Vario verbaut ist.
Tuning-Tipps: keine
Einmal in Bewegung, überzeugt das Tern GSD S00-Lastenrad mit überraschend gutem Fahrkomfort auf Kopfsteinpflaster und anderen unebenen Wegen, trotz kleinen 20”-Laufrädern, starrer Gabel und ungefederter Sattelstütze. Der Komfort kommt von den Reifen, die in Kombination mit den breiten Felgen zu glänzen wissen. Die Lastenfahrrad-spezifische Enviolo Cargo-Schaltung hinterließ bei den Mitgliedern unseres Testteams einen bleibenden Eindruck – leider keinen positiven! Die Übersetzung ist mit 380 % einfach zu gering, steile Anstiege sind damit bereits ohne Gepäck nicht mehr möglich. Bei langsamer Geschwindigkeit fährt sich das E-Lastenfahrrad trotz Lenkstabilisator nervös und wird erst bei höheren Geschwindigkeiten laufruhiger. Beladen weiß das Tern zu überzeugen. Obwohl es ein Bakery-Bike ist, ist der Schwerpunkt der Ladung dank der kleinen Laufräder sehr niedrig, was sich gerade in Kurven positiv bemerkbar macht. Sehr wichtig ist hier aber die richtige Verteilung der Last. Ladet ihr zu viel nach hinten, wird die Front zu leicht und die Nervosität am Lenker steigt weiter. Gleiches gilt übrigens auch, wenn ihr zwei Kids am Heck transportiert. Mit dem optionalen Front-Gepäckträger lässt sich die Lastverteilung am einfachsten regulieren.
Fazit
Das Tern GSD S00-E-Lastenfahrrad überzeugt nicht nur mit kompakten Maßen, es ist auch der perfekte Packesel für kleine, schwere Lasten oder die Fahrt mit größeren Kids in den Kindergarten. Mit Last fährt es sich deutlich besser als unbeladen. Im Gegensatz zum R&M Multicharger ist es jedoch für Touren, Ausflüge in leichtem Gelände und steile Anstiege nicht geeignet. Im Gegensatz zu unserem Tester Benedict, der auf dem Lastenrad alles gegeben hat, sorgt das Tern mit dem Sexappeal eines Dacia Duster für wenig Aufsehen. Dafür ist es aber ein zuverlässiges Nutzfahrzeug mit durchdachtem Konzept.
Tops
- lässt sich dank geringer Abmessungen überall verstauen, sogar im Kombi!
- durchdachtes Konzept, Standard-Eurokisten passen perfekt auf den Träger
- komfortable Reifen-Felgen-Kombination
- praktischer Rangiergriff am Sattel
- tiefer Durchstieg
Flops
- limitierte Bergtauglichkeit der Enviolo Cargo-Schaltung
- nervöse Lenkung, vor allem ohne Ladung
- alter Bosch Performance CX-Motor
- Ständer ist kipplig und sehr schwergängig
Mehr Informationen findet ihr unter ternbicycles.com
Das Testfeld
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Words: Photos: Robin Schmitt