Sahniger Karottenkuchen, dicke Möpse und ein E-Lastenrad – das ist nicht die Materialliste eines anzüglichen Filmchens, sondern das Rezept für ein Familienpicknick! Aber kann das einzige Dreirad im Test, das Butchers & Bicycles Mk1-E Automatic aus Kopenhagen, wirklich beim Familienausflug überzeugen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Cargo-Bike im Test

Butchers & Bicycles Mk1-E Automatic | Bosch Performance Line CX/500 Wh
51,3 kg | 6.699 € | Hersteller-Website

Samstagmorgen, es müssen dringend Brötchen her. Was bisher immer mit meckernden Kindern, Parkplatzsuche vor der Bäckerei und einer vollgekrümelten Autorückbank geendet hat, ist mit dem neuen Elektro-Lastenfahrrad der größte Spaß für alle drei und die Mama zu Hause muss ja nicht wissen, dass ursprünglich drei Croissants in der Brötchentüte waren …

Nach dem Frühstück wird gepackt und ab geht’s. Wohin? Eigentlich egal. Der Akku ist voll und der Tag noch jung, Hauptsache in die Natur. Die Kleinen sind zufrieden, solange es Gras unter den Füßen und Blumen zum Pflücken gibt. Der mit dem Auto erreichbare Badesee ist proppenvoll, die nächste Alternative ist mit dem Pkw nicht zu erreichen und bisher war es immer zu mühselig, das ganze Equipment vom Kilometer entfernten Parkplatz zur Liegewiese zu tragen. Die Zeiten sind zum Glück vorbei! Das E-Cargo-Bike bringt euch von der Haustür direkt in die Natur und zurück. Stressfrei ohne Parkplatzsuche und, wenn es sein muss, auch an die abgelegensten Orte! Wieso gab es so was nicht schon in unserer Kindheit?

Das Butchers & Bicycles-E-Lastenrad begeistert mit skandinavischem Design und hat von allen Test-Bikes die meisten Style-Punkte auf dem Konto.

Weich wie Wackelpudding
Die Standard-Feder zur Neigung des Lastenrads ist zu weich und gibt zu schnell nach. Wer nur Cargo-Lasten transportiert, sollte über ein Upgrade auf die straffere Feder nachdenken.
Mit Last am Limit
Der Bosch Performance Line CX-Motor kommt mit Last ans Limit, sobald es den Berg hochgeht. Der große Bruder aus der Cargo Line unterstützt gerade bei niedrigen Trittfrequenzen deutlich besser. In Kombination mit der geringen Übersetzungsbandbreite der Enviolo-Automatikschaltung von 380 % ist das für Berge einfach zu wenig.
Anschnallpflicht
Die Sitzbank ist genau über der Vorderachse platziert und kippt bei einer Vollbremsung abrupt vornüber. Noch dazu macht die Befestigung der Bank am Bike einen wackeligen und minderwertigen Eindruck.

Butchers & Bicycles Mk1-E Automatic

6.699 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 75 Nm
Akku Bosch PowerPack 500 Wh
Display Bosch Intuvia
Bremsen Tektro HD-515 w / Tektro HD-285 w (v/h) 160/180 (v/h) mm
Schaltung Enviolo Cargo Automatik 380 %
Reifen Schwalbe Big Ben 20 x 2.15 / 26 x 2.15 (v/h)

Technische Daten

Größe One Size
Gewicht 51,3 kg
Länge 225 cm
Breite 91 cm
Höhe 106 cm
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 250 kg
Max. Zuladung (Fahrer) 80 kg

Besonderheiten

Feststellbremse
Isofix Befestigungsmöglichkeit für Babyschale


Getränkehalter? Check!
Ob für die Kleinen oder Großen, die Flasche ist jederzeit griffbereit.
Schalthebel? Fehlanzeige!
Die Enviolo-Automatikschaltung kommt ohne Schalthebel aus. Da die Schaltung mit dem Motor gekoppelt ist, lässt sich über die Bosch-Remote die gewünschte Trittfrequenz einstellen.
Black Beauty
Das Butchers & Bicycles-E-Lastenrad begeistert mit skandinavischem Design und hat von allen Test-Bikes die meisten Style-Punkte auf dem Konto. Hut und Moustache? Ganz schön hipster …

Das Butchers & Bicycles Mk1-E Automatic ist der Hipster unter den E-Lastenrädern. Das einzige Dreirad im Test wartet mit Achsschenkellenkung und ausgeklügelter Neigetechnik auf und ist ab 6.699 € zu haben. Der Bosch Performance CX Gen2-Motor wird über einen Riemen angetrieben und von einem 500-Wh-Akku mit Energie versorgt. Typisch skandinavisch kommt das Butchers & Bicycles mit viel Understatement in minimalistischem Design daher – ohne Frage eins der coolsten Lastenfahrräder auf dem Markt! Die riesige Transportbox fasst mit 220 l noch mal 40 l mehr Volumen als die des Urban Arrow und bietet auf einer Ledersitzbank zwei Kindern Platz – exklusiver können die Zwerge auch in Opas Benz nicht durch die Gegend kutschiert werden. Mit Opas leicht abgerocktem Benz verbindet die Sitzbank allerdings auch, dass ihre Befestigung nicht gerade den stabilsten Eindruck macht. Besonders familienfreundlich: Das Butchers & Bicycles kann durch eine zweite Sitzbank als einziges Lastenfahrrad im Test bis zu vier Kids transportieren, mit einer Isofix-Befestigung kann sogar die Babyschale aus dem Pkw installiert werden.

Helm Fox Flux

Gegen Aufpreis ist es möglich, der Transportbox auf der Vorderseite eine Tür zu spendieren, um den ansonsten sehr hohen Einstieg zu erleichtern. Das ist super praktisch und die 250 € definitiv wert! Die Kleinen bringen ja schon fast einen zweistelligen Betrag auf die Waage, sobald sie sitzen können, und bei der Höhe der Box kann es auf Dauer wirklich anstrengend werden, die Kids auf ihre Sitze zu heben. Der Akku ist im abschließbaren Handschuhfach mit Getränkehalter untergebracht, der Ladeport ist leider recht gut auf der Unterseite des Lastenfahrrads versteckt und nicht besonders gut zugänglich. Optional kann man auch auf das Bosch Dual-Battery-System mit insgesamt 1.000 Wh upgraden – allerdings nicht mit der in unserem Test-Bike verbauten Enviolo Harmony H-Sync-Schaltung. Wie die Riese & Müller-E-Lastenräder bietet auch das Butchers & Bicycles-Lastenfahrrad einen GPS-Tracker zum Diebstahlschutz an. Der PowUnity-Tracker wird im Fall eines Diebstahls aktiviert und sendet ein GPS-Signal ans Smartphone.

Super praktisch ist die Tektro-Scheibenbremse mit Feststellfunktion im Stand. Sie hindert das Bike daran, einfach eigenständig loszufahren, und ist sinnvoll, wenn man den Ständer mal nicht ausklappt. Das Dreirad steht zwar von alleine, allerdings nur auf einer perfekt ebenen Fläche.

Als einziges Bike im Test verfügt das Mk1-E Automatic-E-Lastenrad über eine Enviolo Cargo-Automatik-Schaltung, d. h. es gibt keinen Schalthebel mehr, über den man die Gänge selbst schalten kann. Da die Schaltung mit dem Motor gekoppelt ist, lässt sich über die Bosch-Remote die gewünschte Trittfrequenz einstellen. An ihr orientiert sich die automatische Gangwahl, was in meisten Fahrsituationen sehr gut funktioniert. Möchte man jedoch beim Anfahren richtig Druck auf die Pedale bringen oder befindet sich in dynamischen Fahrsituationen mit schnell wechselnden Trittfrequenzen, dann kommt die Schaltung nicht mehr hinterher, wodurch man beispielsweise deutlich langsamer aus dem Stand beschleunigt, weil einfach der Gegendruck fehlt. Für alle, die gemütlich fahren, reduziert sich hingegen das Risiko, im falschen Gang unterwegs zu sein oder das Schalten ganz zu vergessen. Ein weiteres Manko der Schaltung ist, wie auch bei den manuell geschalteten Enviolo-Nabenschaltungen im Test, die geringe Übersetzungsbandbreite von 380 %, die in Kombination mit dem alten Bosch Performance CX in steilen Anstiegen schlichtweg nicht ausreicht. Hier merkt man, dass auch dieses Lastenfahrrad im flachen Kopenhagen entwickelt wurde!

In Sachen Komfort kann das E-Lastenrad nicht überzeugen. Das Butchers & Bicycles ist überhaupt kein Freund von Kopfsteinpflaster und unebenen Wegen, dort wird die große Plastikbox auch zum unangenehm lauten Resonanzkörper.

Tuning-Tipps: falls ausschließlich schwere Cargo-Lasten befördert werden, gibt es vom Hersteller straffere Federn für die Lenkung, das Bike soll dadurch weniger schnell umkippen

Das E-Lastenfahrrad fühlt sich deutlich wohler auf asphaltierten Straßen – am besten nicht zu langsam, aber auch nicht zu schnell! Auch wenn Dreirad-Lastenräder in der Theorie ein einfaches, sicheres und intuitives Handling versprechen, sieht die Realität doch anders aus. Generell muss man das Butchers & Bicycles Mk1 mehrere Stunden fahren und damit warm werden, bis man die Neigetechnik und das Kurvenverhalten richtig versteht. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist das Bike recht nervös, schwer zu kontrollieren und hat selbst einige der erfahrensten Mitglieder unserer Testcrew ins Schwitzen gebracht. Das Bike lässt sich von allen E-Lastenrädern im Testfeld am wenigsten intuitiv fahren und erfordert in vielen Fahrsituationen ein Umdenken, im Prinzip muss man das Fahrradfahren komplett neu erlernen. Bei hohen Geschwindigkeiten stabilisiert sich das Mk1 deutlich, kommt in zügig gefahrenen Kurven jedoch schnell ans Limit und braucht einen verhältnismäßig großen Kurvenradius. Um durch solche Kurven sicher zu fahren, bedarf es einer Mischung aus Körpereinsatz und Lenkeinschlag. Kommt man jedoch über einen gewissen Lenkeinschlag hinaus, kippt das Mk1-E Automatic-Lastenfahrrad bis zum Anschlag in die Schräglage und lässt sich kaum mehr wieder aufrichten. Damit ist dieses Lastenfahrrad mit Elektroantrieb sowohl bei hohen Geschwindigkeiten als auch langsamen Fahrten in der Innenstadt nur bedingt empfehlenswert. Auf gut ausgebauten und relativ flachen Radwegen fühlt sich das Butchers & Bicycles Mk1 am wohlsten.

Der Bosch Performance Line CX-Motor kommt mit Last ans Limit, sobald es den Berg hochgeht. Der große Bruder aus der Cargo Line unterstützt gerade bei niedrigen Trittfrequenzen deutlich besser.

Auch das Beladen des Butchers & Bicycles-Lastenfahrrads will gelernt sein. Der Fußraum sollte niemals allein beladen werden, da sonst das Gewicht vor der Vorderradachse sitzt. Und dann kippt das Bike schon durch leichte Lasten nach vorne, sobald niemand draufsitzt oder der Ständer eingeklappt ist. Der Kindersitz ist leider direkt auf der Vorderradachse positioniert, bereits mit 20 kg auf dem Sitz kann das E-Lastenrad bei Bremsvorgängen vorne überkippen – ein komplett unnötiges Sicherheitsrisiko für die Kids, die vorne sitzen! Generell fallen die Hebelverhältnisse und Lastverteilungen dieses Kopenhagener E-Cargo-Bikes ungünstig aus, was je nach Fahrweise zu einer echten Gefahr für alle Beteiligten werden kann. Der einzige Vorteil der Konstruktion ist, dass man das Heck mit der Hand kinderleicht anheben kann und sich das Mk1 super auf den Vorderrädern auf der Stelle drehen lässt.

Fazit

Das Butchers & Bicycles Mk1-E Automatic lässt die Testcrew mit sehr gemischten Gefühlen zurück. Einerseits überzeugen der skandinavische Stil und die riesige Transportbox. Andererseits erfordert das E-Lastenrad eine vergleichsweise lange Eingewöhnungszeit und kann sogar zum Sicherheitsrisiko werden. Aufgrund seines herausfordernden Handlings ist das Butchers & Bicycles definitiv kein Rad für verwinkelte Gassen, enge Städte und holprige Wege. Auch bei steilen Anstiegen kommt es ans Limit. Am wohlsten fühlt es sich auf breiten Radwegen in gemütlichem Tempo.

Tops

  • skandinavisches Design – volle Style-Punktzahl!
  • riesige Transportbox

Flops

  • nervöses Handling, v. a. bei niedrigen Geschwindigkeiten
  • ungünstige Hebelverhältnisse, die zum Sicherheitsrisiko werden können
  • Positionierung der Kindersitze direkt über der Vorderradachse – kippt bei Vollbremsung leichter vornüber
  • geringe Übersetzungsbandbreite der Schaltung

Mehr Informationen findet ihr unter butchersandbicycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Cargo-Bike im Test

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Words: Photos: Robin Schmitt