Petrolheads wollen nicht die Welt verbessern – und nicht jede Person, die die Welt verbessern will, möchte mit einem langweiligen grünen Image abgestempelt werden. Hier kommt das Brekr Modell B ins Spiel. Mit Café-Racer-Design und lokal emissionsfreiem E-Antrieb will es beide Seiten überzeugen. Hat es dazu das Potenzial?
Key Facts:
- Preis: 4.749 €
- Gewicht: 79 kg
- Akkukapazität: 2 kWh
- Max. Leistung: 4 kW
- Reichweite: 50–80 km
- Laufradgröße: 17”
- Führerscheinklasse: AM
Stell dir vor, du hast Benzin im Blut. Das ist keine Schande, schließlich sind die meisten von uns in einer Zeit aufgewachsen, als die Tankrechnungen noch billig und die Rufe nach Klimaschutz noch leise waren. Klar, vielen von uns geht es ähnlich. Obwohl die rationalen Gedanken der CO2-Einsparung einleuchten: Was uns antreibt, sind Emotionen. Und die werden nur allzu häufig vom lauten Knattern heißer Öfen transportiert. Bei unserer Testerin Paulina sind diese Emotionen besonders tief verankert, wurde sie doch in einer Familie groß, in der schon immer an Zweirädern geschraubt und mit ihnen über die Rennstrecke geheizt wurde – auch sie macht da keine Ausnahme. Umso schöner, dass es Bikes gibt, die es schaffen, Emotionen nicht über den Sound, sondern über ihre Optik und das Fahrgefühl zu transportieren. Das Brekr Modell B-E-Moped kommt wie ein Café Racer daher und schafft es so trotz lautlosem Gleiten, die Blicke von eingefleischten Petrolheads wie Paulina auf sich zu ziehen. Ob es unser 4.749 € teures Test-Bike schafft, die Aufmerksamkeit durch seine Performance auch in Begeisterung umzuwandeln, zeigt unser Test.
Das Brekr Modell B im Detail
Das Brekr Modell B glänzt mit Minimalismus: eine Sitzbank, zwei Reifen, ein elektrischer Nabenmotor an der Hinterachse und ein leichter Aluminium-Rahmen, der alles zusammenhält und in dem sich die Box mit dem Akku versteckt. Natürlich hat das Bike auch Bremsen, einen Lenker und Federelemente, doch grundsätzlich kommt es optisch sehr schlank daher. Das Herzstück des Brekr Modell B ist der kraftvolle Nabenmotor, der im Hinterrad sitzt und 2,5 kW Dauerleistung sowie 4 kW Spitzenleistung zur Verfügung stellt. Mit Strom versorgt wird er von einem 2 kWh fassenden Akku, der sich in der Box unter der Sitzbank versteckt. Im Tausch gegen Stauraum und 1.499 € lässt sich dort noch ein zweiter, gleich großer Akku verbauen. Dadurch verdoppelt sich die von Brekr angegebene maximale Reichweite von 70 auf 140 km. Daneben gefallen an unserem Test-Bike die soliden Komponenten aus dem Motorradbereich bei Reifen, Federgabel und Bremsanlage. Apropos Bremsanlage: Im Schubbetrieb und beim Betätigen der Bremse ist das Brekr in der Lage, Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie umzuwandeln. Mit diesem Rekuperation genannten Prozess soll das Bike seinen Akku bei Bergabfahrten und beim Bremsen aufladen und so die Reichweite steigern.
Das Brekr Modell B will verändern, wie wir uns in engen Städten mit zu viel Autoverkehr bewegen. Dabei will es auffallen, um ein Bewusstsein für die sich verändernde Mobilität zu schaffen. Und damit alle Brekr-Fans auch auf ihre eigene Weise auffallen und ihre Individualität ausleben können, kann man das Bike optisch an persönliche Wünsche anpassen: Die Farbe des Hauptrahmens, der Feder am Hinterbau und der Sitzbank können gegen Aufpreis zwischen verschiedenen Optionen getauscht werden. Zusätzlich ist auf Wunsch ein profilierterer Offroad-Reifen verfügbar. Als Ergänzung zum Bike selbst gibt es die Brekr-App, die über das im Bike verbaute GPS-Modul die zurückgelegten Fahrten aufzeichnet, den Standort des Bikes zeigen und bei verdächtigen Umständen warnen kann – etwa wenn das Bike im abgestellten Zustand bewegt wird. Nach dem Kauf des Brekr Modell B hat man ein Jahr lang kostenlos Zugang zur App, bevor eine monatliche Rate von 3,95 € fällig wird.
Das Brekr Modell B im Alltag
Das Brekr Modell B glänzt grundsätzlich mit einer intuitiven Bedienung, die von einem Motorrad inspiriert ist und nichts mit Fahrrädern zu tun hat. Alle Knöpfe sind mit den Händen am Lenker zu erreichen, was praktisch und sicher ist. Um den Akku zu laden, kann man ihn entweder komplett herausziehen und in die Wohnung mitnehmen oder einfach direkt im Bike an das Ladegerät anschließen. Die Entnahme des Akkus sowie das Anschließen ans Ladegerät sind dabei sehr einfach.
Weniger praktisch ist jedoch das Gepäckkonzept des Bikes. Zwar hat das Modell B einen Gepäckkorb vor der Sitzbank, der ist jedoch nicht geschützt vor schlechtem Wetter. Außerdem ist das längenverstellbare Gummiband zur Befestigung des Gepäcks im Korb entweder sehr fest oder sehr locker eingestellt. Auch der Stauraum unter der Sitzbank ist beschränkt auf schmale, kleine Gegenstände – beim Einsatz eines zweiten Akkus verschwindet er sogar komplett. Ebenfalls unglücklich ist die schlechte Ablesbarkeit des Displays bei Sonneneinstrahlung. Reichweite und Ladezeit des Brekr Modell B stimmen mit den Angaben des Herstellers meist überein. Bei ausgeglichenem Terrain kommt man mit einem Akku im Modus 4 knappe 70 km weit, während das Aufladen knappe 5 Stunden dauert.
Das Brekr Modell B im Test
Schlüssel nach rechts drehen, einmal an der Bremse ziehen, um vom neutralen Modus in den Fahrmodus zu schalten, und schon kann es losgehen mit dem Brekr Modell B! Dazu stehen vier Fahrmodi zur Verfügung, zwischen denen auf mehreren Ebenen ein spürbarer Unterschied liegt. Im schwächsten Modus 1 ist die Beschleunigung gemütlich und man braucht echt Anlauf, um die 45 km/h zu erreichen – bergauf ist sogar schon bei 40 km/h Schluss. Im stärksten Modus 4 geht es hingegen sowohl aus dem Stand als auch im Durchzug echt vorwärts. 45 km/h sind dann auch bergauf schnell erreicht und laut Tacho läuft das Bike in der Ebene sowie bergab sogar noch etwas schneller. So kann man im Stadtverkehr locker mit den Autos mitschwimmen oder sie beim Ampelstart abhängen. Gleiches gilt für die Rekuperation: In Modus 1 ist sie sehr sanft, in Modus 4 kickt sie richtig rein, was am Anfang schon fast überraschen kann. Die beiden Modi 2 und 3 liegen dabei sinnvoll abgestuft zwischen den Modi 1 und 4.
Für den Fahrkomfort sollen eine Federgabel und ein Dämpfer am Hinterbau sorgen, wobei Letzterer an das Gewicht der Person auf dem Sattel angepasst werden kann. Trotzdem sinkt das Bike beim Aufsitzen ordentlich in den Federweg, taucht beim Bremsen noch weiter ein und beim Beschleunigen wieder spürbar aus, was bei häufigen Geschwindigkeitswechseln wie eine Schaukel wirken kann – hier erinnert das Fahrgefühl eher an einen fliegenden Teppich als an ein sportliches Race-Gefährt. Trotz ordentlich Federweg und einstellbarem Dämpfer mag das Bike mehrere kurz aufeinanderfolgende Schläge nicht, federt dabei an der Hinterachse harsch aus und leitet die Schläge an den Po weiter.
Die Sitzbank hingegen ist bequem und taugt auch für längere Fahrten. Allerdings ist die genaue Sitzposition darauf nicht definiert. Einerseits kann man dadurch etwas variieren, um z. B. die Beine mal zu strecken und wieder anzuwinkeln, andererseits kann man auf der Sitzbank ungewollt hin und her rutschen. Platz für einen Sozius ist darauf allemal, auch wenn das Bike für zwei Menschen wirklich eher untermotorisiert ist. Durch eine super Lichtanlage, bei der Tagfahrlicht sowie Rück- und Bremslicht schön integriert sind, wird man mit dem Modell B im Stadtverkehr gut gesehen und hat bei Dunkelheit eine sehr gute Sicht. Zumindest nach vorne; die Sicht nach hinten ist eingeschränkt durch den einseitigen Rückspiegel, der eher spärlich dimensioniert ist. Die gute Lichtanlage trägt genauso zur Sicherheit im Straßenverkehr bei wie der Soundgenerator, der Fußgänger*innen vor dem fast lautlos herannahenden E-Moped warnt.
Läuft doch mal jemand unachtsam auf die Straße, dann packen die guten Bremsen kräftig zu und bringen das Bike schnell zum Stehen. Dabei sind aber etwas Fingerspitzengefühl und Achtsamkeit gefragt. Denn die Bremsen sind andersrum angeordnet als an den meisten Fahrrädern – rechts hinten, links vorne – und durch das nicht vorhandene ABS neigt das Hinterrad schnell zum Blockieren. Die Reifen bieten auf Asphalt genügend Grip und man setzt eher mit der Fußraste auf, als die Haftreibungsgrenze der Pneus zu erreichen. Trotzdem stellt sich auf dem Brekr Modell B gerade im Stadtverkehr ordentlich Fahrspaß ein, denn das Bike macht sowohl durch seine Beschleunigung als auch durch seine Kurvenlage richtig Laune – und zwar beim Cruisen genauso wie im etwas sportlicheren Bereich. Außerdem zieht es viele Blicke auf sich. Außerhalb der Stadt gefällt das Brekr dann vor allem auf winkligen Straßen, denn für schnurgerade Landstraßen ist es einfach zu langsam.
Unser Fazit zum Brekr Modell B
Das Brekr Modell B ist ein wendiges E-Moped mit guter Beschleunigung und ausreichender Reichweite. Damit ist es das richtige Gefährt für alle, die sich gerne flink durch die Stadt schlängeln und dabei Motorrad-Feeling und Individualismus feiern. Obwohl das Bike nicht den besten Komfort hat, glänzt es mit viel Fahrspaß und schafft es, auch die Emotionen von echten Petrolheads zu gewinnen. Wer Individualismus nicht braucht, aber Stauraum feiert, sollte sich nach einem klassischen E-Roller umschauen.
Tops
- Beschleunigung und Fahrdynamik in Modus 4
- spaßiges und wendiges Fahrverhalten
- Reichweite entspricht der Herstellerangabe
- sehr gute Sichtbarkeit sowie Sicht bei Tag und Nacht
Flops
- Display bei Sonneneinstrahlung kaum ablesbar
- wenig Bodenfreiheit bei Kurvenlage
- Detaillösungen teilweise noch etwas handgeschnitzt
- wenig Stauraum
Mehr Informationen zum Brekr Modell B gibt es unter brekr.com.
Words: Photos: Benjamin Topf