2023 hebt die myStromer AG das ST2 auf eine neue Evolutionsstufe. Das S-Pedelec wurde weiterentwickelt und kommt jetzt mit individuell konfigurierbarer Sitzposition sowie Pinion-Getriebeschaltung. Das neue ST2 geht für 6.890 € über die Ladentheke, aber wie fährt sich das S-Pedelec mit Pinion-Getriebe?

Stromer ST2 Pinion | CYRO Drive 3/655 Wh
33,1 kg in Größe L | 6.890 € | Hersteller-Website

Die Optik des Stromer ST2 ist auf jeden Fall imposant. Man kann das Design insgesamt als ziemlich massiv bezeichnen, was durch die Electric Green-Farbe unseres Testbikes noch unterstrichen wird. Das soll aber nicht bedeuten, dass das S-Pedelec plump wäre. Die Designer*innen haben hier ein massives, aber dennoch stimmiges S-Pedelec mit schöner Linienführung auf die Räder gestellt. Auch an der Integration sieht man, dass die Entwickler*innen von Stromer einiges an Hirnschmalz eingesetzt haben. Kein Kabel ist unschön verlegt oder liegt unnötig frei, die Anbauteile sind bestens integriert und optisch auf ein Minimum reduziert, wie man z. B. am einstrebigen Gepäckträger sehen kann. Beim Blick auf das Oberrohr fällt das sauber integrierte Touch-Display auf.

Das Stromer ST2 Pinion überzeugt mit einem cleanen und simplen Design.

Um euch und eure Klamotten sauber zu halten, verbaut Stromer sehr ausladende Schutzbleche – bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h kommt man aber leider nicht drumrum, den ein oder anderen Spritzer an der Hose abzubekommen. Das Gepäckträger-System ähnelt sehr stark dem bekannten KIS-System und ist besonders praktisch. So lassen sich zum Beispiel die Stromer Antwerp-Satteltaschen einhängen oder das Berlin Trunkbag befestigen. Der Ständer ist das einzige Teil, das nicht ganz zum Fahrrad passt, denn er sieht eher nach einem Standardständer aus und wirkt nicht so stabil wie der Rest. Schade, denn hier gibt es bei der Konkurrenz mittlerweile deutlich bessere Lösungen! Die Roxim-Lichtanlage am Stromer ist durchaus beeindruckend – man kann zwischen dem Abblendlicht mit 600 lm und dem Fernlicht mit 900 lm wechseln. Die Beleuchtung am Heck hätte für unseren Geschmack dagegen gerne etwas heller ausfallen dürfen. Auf dunklen Landstraßen haben wir uns nachts nicht sehr wohl gefühlt. Das integrierte Positionslicht im Steuerrohr ist auf jeden Fall ein Hingucker, der durch Stromers Smart Helmet abgerundet werden kann, aber dazu später mehr.

Das Rücklicht am Stromer Smart Helm fängt beim Bremsen an zu blinken.

In puncto Motor setzt Stromer beim ST2 Pinion auf den CYRO Drive 3-Nabenmotor. Das Drehmoment ist mit 40 Nm im Vergleich zu klassischen Mittelmotoren der Bosch- oder Shimano-Liga zwar gering, dafür lässt der Motor seine Muskeln bei der Leistung spielen – 750 W Maximalleistung treiben das S-Pedelec an. Zusätzlich bietet der CYRO Drive 3 die Möglichkeit zur Rekuperation. Angesteuert wird er über eine Sechsgang-Getriebe-Schaltung von Pinion mit Zahnriemenantrieb. Die sechs Gänge bieten eine Bandbreite von 259 % – zum Vergleich: Eine herkömmliche Shimano XT-Kettenschaltung bietet eine Bandbreite von ca. 500 %. Der Zahnriemen braucht kein Fett oder Öl, so ist der Antrieb extrem wartungsarm. Beim Akku hat man die Wahl zwischen einer Kapazität von 655 Wh, 814 Wh oder 983 Wh. Entnehmen lässt er sich seitlich – die Entriegelung funktioniert elektronisch über das Display. Das Bike wiegt 33,1 kg, somit wird es zum Kraftakt, das ST2 mal eben die Kellertreppe hochzutragen oder es an die Waage zu hängen 😉

Erster Test des Stromer ST2 Pinion 2023

Zunächst müssen wir das Stromer auf die Straße bringen – das Gewicht sorgt dafür, dass man das schon fast als Ausparken bezeichnen kann. Doch sobald man losgefahren ist, legt sich der erste Schreck – für ein Gewicht von 33,1 kg fährt sich das ST2 Pinion geradezu grazil. Das S-Pedelec ist sehr wendig und schafft es so, seine Kilos gut zu verstecken.

Auf der Ebene schiebt der Nabenmotor gut an, besonders im mittleren Drehzahlbereich entwickelt er viel Power. Beim Anfahren braucht der Motor eine Bedenksekunde, was bei diesem Gewicht in Kombination mit dem 6-Gang-Getriebe vor allem am Berg zu Schwierigkeiten führen kann – also Anlauf nehmen und rauf auf den Buckel! Um das Bike und sich selbst dauerhaft mit 45 km/h fortzubewegen, ist einiges an Beinkraft erforderlich. Wir sind tatsächlich leicht verschwitzt im Office angekommen, was aber natürlich auch der Kombination aus Winterjacke und dem Anspruch, die Höchstgeschwindigkeit so oft wie möglich auszunutzen, geschuldet war. Schön, dass es auch etwas sportlich zugeht! Beeindruckt hat dabei die leise Arbeitsweise des Stromer ST2. Das ist nicht nur dem Motor zuzuschreiben, sondern auch dem Riemenantrieb mit Pinion-Getriebe, der so gut wie keine Geräusche von sich gibt. Geschaltet wird über einen Drehgriff am Lenker. Der Drehgriff vermittelt mit seinem Spiel beim Schalten nicht das wertigste Gefühl, ist aber dafür so simpel in der Handhabung, wie es nur geht. Die Bandbreite des Getriebes ist mit 259 % nicht sehr groß und kann, wie schon erwähnt, Probleme am Berg hervorrufen. Fürs Flachland hingegen ist sie mehr als ausreichend!

Mit Anlauf die Steigung hinauf.

Die Leistung des CYRO Drive 3 fällt bei zunehmender Steigung stetig ab, sobald die Drehzahl des Hinterrades sinkt, was aber einfach dem System „Nabenmotor” zuzuschreiben ist. Bei einer niedrigen Drehzahl hat der Motor nicht mehr die Möglichkeit, seine Leistung voll zu entfalten. Bei hohen Geschwindigkeiten kommt manchmal ein Gefühl von Unsicherheit auf. Das liegt primär an der ungefederten Front, dem steifen Chassis und der direkten Lenkung, was für ein nervöses Vorderrad sorgt. Hinzu kommt die Tatsache, dass man aufgrund des hohen Cockpits wenig Druck auf der Front hat und so nur geringe Traktion mit dem 2,35″ breiten Pirelli Angel GT Urban-Reifen aufbaut – damit fehlt dem Bike in Summe spürbar Laufruhe, Souveränität und Komfort bei schlechten Fahrbahnbedingungen. Auch wenn das der Optik nicht zuträglich ist, empfehlen wir die optionale Federgabel zu wählen. Für den Komfort am Gesäß ist durch die gefederte Sattelstütze hingegen erstaunlich gut gesorgt.
Cool: Die Sitzposition kann über den variablen Vorbau leicht verstellt werden, was bei Design-orientierten Bikes wie dem ST2 alles andere als selbstverständlich ist. Dass der Vorbau nebenbei auch SP-Connect+-ready ist, sollte alle erfreuen, die mit ihrem Handy navigieren und es so mit dem nötigen Zubehör am Bike befestigen können.

Die gefederte Sattelstütze ist auch in der Vorspannung verstellbar.
Der CYRO Drive 3-Motor: groß aber clean.

Durch die anpassbare Rekuperation kann die verbaute Stromer HD922-Scheibenbremse gut unterstützt werden. Am ST2 sind sowohl vorne als auch hinten Bremsscheiben von Stromer mit 203 mm Durchmesser verbaut. Das klingt erst einmal positiv, doch an der Front ist oft ein Defizit an Bremskraft zu spüren. Da ist man froh um die Motorbremse der Rekuperation, die individuell angepasst werden und den Bremsvorgang so zusätzlich unterstützen kann.

Stromer ST2 Pinion

6.890 €

Ausstattung

Motor CYRO Drive 3 40 Nm
Akku BQ655 655 Wh
Display OMNI C
Bremsen Stromer HD922 by Tektro 203/203 mm
Schaltung Pinion C1.6 2,95
Vorbau Satori Phyton Stem 90 mm
Lenker Sweep Handlebar
Laufradsatz Stromer 27.5"
Reifen Pirelli Angel GT Urban 2,35"

Technische Daten

Größe M L
Gewicht 33,1 kg
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

variabele Akkukapazität
GPS-Sensor

Smart Features am Stromer ST2

Das OMNI C-Display im Oberrohr ist für die Bedienung des ST2 zuständig. Dort lassen sich nicht nur aktuelle Fahrtinfos ablesen oder die Entriegelung für den Akku betätigen, es bietet auch Funktionen wie eine Alarmanlage oder die GPS-Ortung.
Natürlich liefert Stromer auch die passende App, mit der sich zusätzlich der Standort des Bikes anzeigen lässt. Das Touch-Display ist schön ins Oberrohr integriert, was aber auch zur Folge hat, dass man zum Ablesen den Blick für einen Moment nach unten richten muss – bei 45 km/h nicht immer empfehlenswert. Die drei Unterstützungsstufen lassen sich dagegen intuitiv über den am Lenker befestigten Taster einstellen.

Das OMNI C-Display ist schön integriert und “Oh wow! Sogar Touch!”
Die Stromer OMNI-App ist übersichtlich und ausführlich gestaltet.

Helm oder Lichtorgel? Der Stromer Smart Helmet

Wir haben den passenden Helm zum Stromer ST2 gleich mitgetestet. Safety First wird beim Stromer Smart Helmet von Unit1 durch Lichtsignale und das MIPS-System umgesetzt. MIPS steht für Multi-Directional-Impact-Protection-System – es handelt sich um eine reibungsarm angebrachte Schicht auf der Innenseite des Helms. Im Falle eines Sturzes kann sie sich 10 bis 15 mm verdrehen und soll so ruckartige Rotationskräfte zu Teilen abfangen.

Der Fidlock-Magnetverschluss sorgt dafür, dass der Helm auch beim Sturz fest auf dem Kopf gehalten wird, er erlaubt zudem ein einhändiges Schließen und Öffnen des Kinnriemens. Falls ihr nach einem Sturz Hilfe braucht und selbst niemanden mehr rufen könnt, übernimmt das der von Unit1 produzierte Helm für euch und sendet eine SOS-Nachricht an eine angegebene Notfallperson. Um eure Sichtbarkeit nachts zu erhöhen, lässt sich der Smart Helmet mit dem Stromer verbinden und kann so Bremssignale abgeben. Mit einem zusätzlichen Trigger soll der Helm in Zukunft sogar blinken können! Das Lichtspiel des Stromer Smart Helmet ist auf jeden Fall aufsehenerregend. Vorne sowie hinten befindet sich ein dezentes LED-Lichtband, das für Sicherheit bei Dunkelheit sorgt. Was man erst im eingeschalteten Modus sieht: Auf der Rückseite verbirgt sich hinter der Stoffabdeckung ein weiteres Licht, das sich in verschiedenen Farben und Effekten frei über die Unit1 FARO-App konfigurieren lässt. Zum Glück muss man sich auch bei Regen keine Sorgen um die Beleuchtung machen – die Elektronik ist nach der Schutzklasse IPX6 wassergeschützt. Die Belüftung konnten wir leider noch nicht richtig testen – bei den winterlichen Bedingungen hätten wir uns zugegebenermaßen eher eine Heizung gewünscht 😉

Unit1 bietet eine App, um die Lichter des Smart Helmet zu konfigurieren.

Fazit zum Stromer ST2 Pinion

Das Stromer ST2 Pinion ist ein Hingucker und sticht vor allem in unserer Testfarbe Electric Green ins Auge. Die Kombination mit dem Stromer Smart Helmet ist auf jeden Fall eine Besonderheit und ein großes Plus an Sicherheit. Das OMNI C-Display ist schön integriert und strotzt vor smarten Funktionen, dennoch wird das ST2 durch das Fahrverhalten und den Ständer dem Premiumanspruch von Stromer in Teilen nicht gerecht.

Tops

  • gute Integration
  • wartungsarmer Antrieb mit Rekuperation
  • smarte Tech-Features

Flops

  • unsicheres Fahrgefühl bei schlechten Straßenverhältnissen und hohen Geschwindigkeiten
  • wenig Komfort
  • unwürdiger Ständer

Mehr Informationen auf der Hersteller-Website.

Words: Philip Grünewald Photos: Mike Hunger