ROSE präsentiert mit dem Sneak+ ein neues E-Bike für den urbanen Raum und setzt dabei auf Minimalismus pur. Ein Gang, ein Bedienelement und eine verhältnismäßig geringe Motorpower. Ob das Konzept aufgeht und für wen das Rad der perfekte Partner für den urbanen Raum ist, erfahrt ihr hier.

ROSE Sneak+ | 15,28 kg in Größe M | 2.599 € | Hersteller-Website

Mehr ist gleich besser? Viele können sich bestimmt an die Zeit in der Schule erinnern, in der wir über unsere ersten Räder und deren glanzvolle Ausstattung diskutiert haben. Wer hat das teuerste Bike, die lauteste Klingel und die meisten Gänge? Früh wurden wir darauf geprägt, dass höher, schneller und weiter die bevorzugte Richtung ist. Und auch in der heutigen Zeit und der aktuellen Entwicklung moderner E-Bikes ist das Credo oft, dass ein Bike mit mehr X und Y die bessere Wahl ist. Mehr Newtonmeter, mehr Wattstunden, mehr Funktionen, mehr Remote-Knöpfe. Das macht sich natürlich auf dem Datenblatt gut und beeindruckt die belesene Kundschaft. Auch lassen sich viele oftmals davon blenden und zum Kauf des deutlich teureren Bikes animieren. Dabei hätte es für die meisten in der Praxis keinerlei Unterschied gemacht, wenn das Rad mit weniger X und Y ausgestattet gewesen wäre. Aber wie heißt es doch so schön: Haben ist besser als brauchen. Wie aber passt das neue Sneak+ des deutschen Versenders ROSE in das dargestellte Bild? Ihr seht ganz richtig: Es passt gar nicht. Weder hat es einen riesigen Akku, noch einen beeindruckend starken Motor. Und wenn wir aufs Thema Gänge und Knöpfe zu sprechen kommen, ist es auch ganz schnell schon wieder vorbei. Denn: Das ROSE Sneak+ steht auf die Zahl 1 und kommt mit genau einem Gang und einem Button aus. Absolute Simplizität und Fixed-Gear-Feeling, schlicht und einfach. Doch geht das Konzept in der heutigen Zeit auf oder hat sich ROSE hier verkalkuliert und ein Bike ohne Zielgruppe auf den Markt gebracht?

Das ROSE Sneak+ im Stand – Gelebter Minimalismus

Das soll ein E-Bike sein, da fehlen doch Motor und Akku? Schaut man sich das neue Sneak+ von der Seite an, ist es auf den ersten Blick kaum als motorisiertes Rad zu enttarnen. Weder der Motor in der Hinterradnabe noch der Akku im Unterrohr sind zu erkennen. Das ROSE-Bike überzeugt mit einem sehr cleanen Look und einem unauffälligen Branding. Einzig die goldenen Formula Cura-Bremsen stechen heraus. Was für den einen ein Dorn im Auge sein kann, gefällt dem anderen als polarisierender Farbklecks. Neben der Motorintegration beeindruckt das Sneak+ auch mit perfekter Kabel- und Lichtintegration. Die Bremsleitungen werden seitlich in den Steuersatz geführt und die LightSKIN-Lichtanlage ist perfekt in Lenker und Sattelstütze untergebracht – und wird nebenbei vom Hauptakku mit Energie versorgt. So muss das sein!

Minimalismus pur. Das ROSE Sneak+ verfügt über genau einen Gang, und der hat es in sich.
Die LightSKIN-Lichtanlage in Lenker und Sattelstütze überzeugt mit perfekter Integration. Die Lichtausbeute fällt aber klar in die Kategorie „Gesehen werden“.
Typisch Brooks: Die Griffe müssen sich erst noch eingreifen und sind zu Beginn noch recht hart und rutschig.
Der Rahmen ist für den Riemenantrieb mit Rahmenschloss und horizontalen Ausfallenden ausgestattet. Der Nachteil: Muss das Hinterrad bei einem Defekt ausgebaut werden, müssen erst die Schutzbleche gelöst werden.

Beim Antrieb setzt ROSE bei unserem Testrad auf den GATES-Riemenantrieb, der neben seinen Vorteilen – dazu gleich mehr – auch einen Haken hat. Für die Montage und das Spannen des Riemens verfügt das ROSE-Bike über ein Rahmenschloss und horizontale Ausfallenden. Habt ihr in der Hektik des Alltags eine Scherbe übersehen und euch einen Plattfuß am Hinterrad eingefangen, müsst ihr entweder sehr geübt sein und den Schlauch des Reifens ohne Ausbau flicken oder aber erst das Schutzblech demontieren, um das Rad anschließend nach hinten rausziehen zu können. Wer auf der Suche nach einem Bike mit Ständer oder Gepäckträger ist, wird sie beim neuen ROSE vergebens suchen – und sie auch nicht nachrüsten können, da die Anschraubpunkte schlichtweg fehlen. Das Bike zieht den Minimalismus also auch in der Alltagsausstattung durch und wird lediglich mit zwei Schutzblechen ausgeliefert, die für unseren Geschmack jedoch ein Tick zu schmal sind – an der Stelle wäre etwas weniger Minimalismus angebracht gewesen. Immerhin befinden sich Anschraubpunkte für Trinkflasche bzw. Range Extender und ein Schloss an Sitzrohr und Oberrohr am Sneak+, und auch die Carbon-Gabel ist für den Urban-Explorer mit Anschraubpunkten für kleine Taschen ausgestattet. In puncto Verarbeitungsqualität gibt sich das Sneak+ keine Blöße und macht einen soliden Eindruck.

Der GATES-Riemenantrieb ist mit einer Laufleistung von 20.000 km angegeben. Wer schafft das in zwei Jahren?
Per Anschraubpunkte auf der Unterseite des Oberrohrs lässt sich ein Schloss am Bike montieren.
Hier findet wahlweise entweder ein Flaschenhalter oder der optional erhältliche Range Extender Platz.

Das ROSE Sneak+ in der Hand – Wie benutzerfreundlich ist das Bike im Alltag?

Ein großer Vorteil des Sneak+ ist das wirklich geringe Gewicht von lediglich 15,28 kg. Wer sein E-Bike also täglich auf dem Weg zur Arbeit über Absetze heben, es zwei Stockwerke die Treppen hoch oder einfach in die U-Bahn, einen Fahrstuhl oder an die Fahrradhalterung an der Wand heben muss, wird sich über die kompakten Maße des Fliegengewichts freuen. Neben dem erwähnten Nachteil des GATES-Riemenantriebs hat dieser im Alltag jedoch auch einen großen Vorteil. Er ist durch seine Bauweise komplett wartungsfrei und wird vom Hersteller mit einer Laufzeit von 20.000 km angegeben – das dürfte für die meisten von uns mehrere Jahre ausreichen. Außerdem läuft man nie Gefahr, beim Weg ins Büro die teure Anzughose mit Öl zu beschmieren.

Möchtet ihr das Bike ungern mit in die Wohnung nehmen und parkt eure Bikes entweder in der Garage, dem Fahrradkeller oder draußen im Hof, ist dort hoffentlich eine Steckdose in der Nähe. Denn: Der Akku des ROSE Sneak+ ist nicht entnehmbar und fest im Unterrohr verschraubt. Euch bleibt also nur die Möglichkeit, das E-Bike während der Arbeit zu laden – eine Steckdose in der Nähe des Abstellorts vorausgesetzt – oder der Kauf des optional erhältlichen Range Extenders. Dieser Zusatzakku wird durch die Anschraubpunkte im Stil einer Trinkflasche am Sitzrohr angebracht, mit dem Ladeport des Hauptakkus verbunden, verfügt über eine Kapazität von 208 Wh und versorgt den Hauptakku mit Strom. Das passiert unabhängig davon, ob ihr in Fahrt seid und der Akku gefordert wird oder ob ihr mit dem Bike steht. Aufgrund der Tatsache, dass der Hauptakku über 252 Wh verfügt, reicht ein voller Range Extender jedoch nicht aus, den komplett entleerten Akku auch vollständig wieder zu befüllen. Wo wir gerade beim Thema sind, machen wir hier doch direkt weiter.

Anschraubpunkte für Gepäckträger sucht man vergebens, immerhin an den Seiten der Starrgabel lassen sich kleine Taschen anbringen.

Das ROSE Sneak+ unter Strom – Der MAHLE Ebikemotion X35+ Motor im Detail

ROSE setzt beim Sneak+ auf MAHLES Ebikemotion X35+ Nabenmotor, der das cleane Design erst ermöglicht und euch mit bis zu 40 Nm Drehmoment unterstützt. Das ist im Vergleich zu anderen Motoren wie dem Bosch Performance Line CX-Motor mit 85 Nm vergleichsweise wenig, passt jedoch perfekt zum Bike und seinem Einsatzgebiet. Der X35+ ist über ein Bedienelement auf dem Oberrohr sowie einer Smartphone-App steuerbar und wiegt inklusive Akku, Kabeln und Steuereinheit 3,5 kg. Wie bereits erwähnt, kann der Range Extender die Gesamtkapazität des ROSE Sneak+ um 208 Wh auf 460 Wh erweitern, um eine Reichweite im dreistelligen Kilometerbereich zu ermöglichen. Das dürfte jedoch nur in der niedrigsten der drei Unterstützungsstufen und mit vollem Körpereinsatz realisiert werden. Wichtig dabei: Die Reichweite hängt nicht nur von der Größe eures „Tanks“ ab! Auch Stromverbrauch, Effizienzgrad und Leistung eures Motors, sowie rund 20 weitere externe Faktoren sind entscheidend – u. a. die Fahrweise, das Fahrergewicht und die gefahrenen Kilometer oberhalb der 25 km/h-Grenze. Deshalb kann man keine allgemeingültige Aussage über die Reichweite bzw. Reichhöhe treffen. Mehr dazu lest ihr im Artikel unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE „Die Wahrheit über Labortests“.

Mit der gelungenen Ebikemotion Smartphone-App könnt ihr die Intensitäten der drei Unterstützungsstufen anpassen, eure Touren navigieren und die Historie eurer Fahrdaten inklusive Stromverbrauch auswerten. Praktisch ist auch die Möglichkeit, einen Pulsgurt mit der App zu verbinden und Herzfrequenzbereiche zu definieren, in denen euch der Motor mit bestimmten Intensitäten unterstützen soll. Was aus einem Rad mit Gangschaltung einen perfekten Trainingspartner auf welligem Terrain macht, hat beim Sneak+ mit nur einem Gang jedoch eher einen eingeschränkten Nutzen. Die Bedienung erfolgt über den iWoc ONE-Knopf auf dem Oberrohr, der durch LEDs in verschiedenen Farben die gewählte Unterstützungsstufe und auch die Restkapazität des Akkus in 25-%-Schritten anzeigt. Im Vergleich zu den meisten anderen Fahrradmotoren auf dem Markt regelt der MAHLE X35+ Motor die Unterstützung nicht nach Kadenz oder erbrachter Eigenleistung, sondern nach der Geschwindigkeit, mit der sich die Kassette im Vergleich zur Nabe dreht. Dadurch schiebt euch der X35+ auch nach vorne, wenn ihr gar nicht in die Pedale tretet, sondern die Beine einfach fallen lasst. Das klingt zwar verlockend, im Vergleich zu Systemen mit Drehmomentsensor fühlt sich die von Pedaldruck und Trittfrequenz unabhängige Unterstützung in diesen Situationen jedoch nicht wirklich natürlich an.

Ein Knopf, mehr nicht. Der MAHLE Ebikemotion X35+ Motor wird per iWoc-Knopf auf dem Oberrohr bedient.

In puncto Beschleunigung zeigt sich der MAHLE Ebikemotion-Motor von seiner angenehmen Seite und schiebt euch von hinten sanft bis an die 25-km/h-Schwelle. Je nach gewählter Unterstützungsstufe, Intensität und eigener Beinarbeit kann das natürlich mehr oder weniger schnell gehen. Hier fällt schnell auf, dass die beiden niedrigen Fahrstufen recht nahe beieinander liegen, auch nach einer Feinjustierung über die Smartphone-App. Je nach Setup unterstützt erst die höchste Stufe dann mit ordentlich Wumms. Um die Unterstützungsstufe zu wechseln, muss mit dem iWoc ONE-Bedienelement im Oberrohr systembedingt immer eine Hand vom Lenker genommen werden. Die Geräuschkulisse ist angenehm dezent und fällt nach kurzer Eingewöhnung gar nicht mehr auf. Eine Stärke des X35+ Motors ist das Fahren an der 25-km/h-Schwelle. Die Unterstützung nimmt sehr linear ab, bevor ihr mit reiner Muskelkraft weitertretet – ihr fahrt nicht von einer auf die andere Sekunde gegen eine Wand. Hier ist die verhältnismäßig geringe Motorleistung ein Pluspunkt, da ihr, je nach Terrain, auch vorher schon eine gewisse Eigenleistung erbringen müsst. Auch das Wiedereinsetzen des Motors ist eine geschmeidige Angelegenheit, ganz ohne Ruckeln oder andere unangenehme Nebeneffekte.

Geht es mit dem ROSE Sneak+ in eine Steigung, fällt der vergleichsweise geringe Motor-Support sofort auf. Ein Shuttle-Feeling, wie man es von stärkeren Mittelmotoren kennt, kommt hier nicht auf und man muss schon ordentlich in die Pedale treten. Erschwerend kommt an dieser Stelle hinzu, dass der eine Gang zu groß für welliges Terrain ist und das Motorsystem bei geringen Geschwindigkeiten nicht wirklich effizient arbeiten kann. An der Abstimmung von Motor und Antriebssystem erkennt man klar, wo die Marke ROSE ihre Wurzeln hat: im Flachland. Denn nur dort kann das E-Bike mit seinem minimalistischen Konzept seine Stärken voll ausspielen. In bergigem Terrain kommt man um eine Gangschaltung oder einen kraftvolleren Motor nicht herum.

Das ROSE Sneak+ auf der Straße – Wie fährt sich das E-Bike im Alltag?

Es gibt Bikes, die einen beim Losfahren mit einem unerwarteten Fahrverhalten überraschen, oder Räder, bei denen man bestimmte Attribute schon an Hand der Geometrietabelle oder den verbauten Komponenten erwarten konnte. Beim ROSE Sneak+ denkt man nach den ersten Metern unweigerlich: Krass, das Bike fährt sich ja ganz genau so, wie ich es beim Anblick erwartet habe. Es überzeugt mit einem direkten und agilen Handling, wird dabei jedoch niemals nervös oder unberechenbar. Durch die gestreckte Sitzposition sitzt man schon sportlich auf dem E-Bike, man könnte durch das Entfernen der Spacer unter dem Vorbau jedoch noch deutlich sportlicher unterwegs sein. Fortgeschrittene Fahrende und sportliche Commuter werden das Sneak+ als echte Spaßmaschine zu schätzen wissen und können sich voll in die nächste Kurve legen. Neulinge und Shuttle-Fans sind jedoch bereits in Bezug auf die Motorpower nicht der angesprochene Kundenkreis des ROSE-E-Bikes.

Tuning-Tipps: Halterung für Handy (Quad-Lock, SP Connect etc.) | Bar-Roll am Lenker | Beer-Mount an Flaschenhalterung

Die Pirelli Cycl-e DT-Reifen überzeugen mit einer sehr guten Eigendämpfung und sind die einzige Komfortquelle des Bikes.

Wer ein komfortables E-Bike sucht, um auch entspannt über Feld- und Waldwege zur Arbeit pendeln, wird mit dem ROSE Sneak+ keine Freude haben. Das Rad ist sehr straff und liegt satt auf der Straße. Bordsteinkanten, Schlaglöcher oder Kopfsteinpflaster werden 1:1 an den Fahrer weitergegeben, lediglich die Pirelli Cycl-e DT-Reifen steuern mit einer guten Eigendämpfung etwas Komfort bei. Klar ist: Das Sneak+ gehört auf asphaltierte Straßen und fühlt sich in der Innenstadt am wohlsten. Auch in puncto Bremsmodulation entpuppen sich die Formula Cura als Bremsen für Kenner und Könner, da sie sehr digital die Reisegeschwindigkeit verringern und für Neulinge schwer zu dosieren sind. Sportliche Fahrende werden jedoch auch in dem Punkt bestätigt und dürfen sich auf ein wirklich stimmiges Gesamtpaket freuen.

So schmal wie der Einsatzbereich: Beim LightSKIN LED-Lenker kommt Fixed-Gear-Feeling auf.
Nichts für Neulinge: Die Formula-Bremsen arbeiten sehr digital und erfordern eine gewisse Eingewöhnungszeit.

Das ROSE Sneak+ auf den Punkt gebracht – Unser Fazit zum neuen E-Bike aus Bocholt

Mit dem Sneak+ präsentiert ROSE definitiv kein E-Bike für die breite Masse, sondern spricht mit dem minimalistischen Konzept eine klare Zielgruppe an. Wer auf der Suche nach einer geräuschlosen Spaßmaschine mit einem tollen Design, einer perfekten Integration und einem sehr natürlichen Fahrverhalten ist, sollte über entsprechende Fähigkeiten auf dem Bike verfügen und ausschließlich auf asphaltierten Straßen unterwegs sein. Dann wird man jedoch mit dem vollen Sneak-Genuss belohnt und erhält ein agiles Bike für den sportlichen Ride durch die Innenstadt.

Tops

  • cleane Optik und perfekte Integration von Motor, Kabeln und Lichtanlage
  • tolles Design
  • sehr natürliches Fahrverhalten
  • direktes und agiles Handling
  • völlig geräuschlos

Flops

  • aufwendiger Ausbau des Hinterrads
  • fehlender Komfort
  • eingeschränktes Einsatzgebiet

Mehr Informationen zum ROSE Sneak+ erhaltet ihr unter rosebikes.com

Words: Philipp Schwab Photos: Benjamin Topf