Kaum einer hat die Entwicklung der Automobilbranche intensiver begleitet als René Staud. Er gilt bis heute als der Starfotograf der Automobilwelt, der Peter Lindbergh des Autos und hat seit 50 Jahren bereits jedes wichtige Auto vor seiner Linse gehabt. Wir haben ihn in den Staud Studios besucht, um über Automobildesign, aussterbende Ikonen, Dominanzverhalten und die Zukunft der Mobilität zu sprechen.
Lieber, René – in über 50 Jahren Automobilfotografie hast du die Entwicklung des Automobils begleitet wie kaum sonst jemand auf der Welt. Was hat sich aus deiner Sicht über die Jahrzehnte am stärksten gewandelt?
Ich verfolge die Entwicklung der Automobilbranche seit den 60er Jahren, natürlich vor allem mit dem visuellen Schwerpunkt durch die Linse der Kamera. Generell war das damals eine ganz andere Welt: Autos waren in Deutschland Mangelware, die Nachfrage war so hoch, dass Autos nicht vermarktet werden mussten. Ganz anders als in den USA, wo der Markt bereits gesättigt war und die Werbung sowie die Fotografie dadurch natürlich schon viel weiter waren. Mit 15 Jahren hatte ich mein erstes Auto vor der Linse, das war zu einer Zeit, in der Autos für Werbung noch gezeichnet wurden. Marketingabteilungen gab es damals kaum und in Zielgruppen hatte noch niemand gedacht. Wenn man Autos fotografierte, dann in der Natur, und man bildete ganz rational seinen praktischen Nutzen ab. Zu dieser Zeit gab es ja meist noch nicht einmal Prospekte, sprich, die Kommunikation war noch sehr rudimentär und keiner dachte daran, wie begehrlich ein Auto sein könnte – und wie man es entsprechend darstellen könnte!
Erst Ende der 60er-Jahre entwickelte sich die Automobilfotografie und damit änderte sich auch die Darstellung des Autos. Autos wurden erstmals fotografiert wie andere Industriegüter, edel und clean in Szene gesetzt. Und damit begann die Ära der Studiofotografie. Ich erkannte früh, dass man Autos wie Designobjekte bewusst in Szene setzen sollte, ähnlich wie Menschen in der Aktfotografie. Je weniger man beleuchtet, desto mehr kann man reininterpretieren oder gewisse Merkmale betonen. Das spiegelt übrigens auch den Vermarktungsprozess der Autos in der damaligen Zeit wider. Damals entstanden die Entwürfe aus dem Design heraus und nicht aus der Vermarktung. Das hat sich inzwischen komplett geändert: Um ein Auto zu vermarkten, werden heute gigantische Zielgruppenanalysen erstellt und Kommunikationsstrategien ausgearbeitet. Hatte früher ein kleines Team über neue Produkte oder Design entschieden, sind es in den Konzernen mittlerweile riesige Heerscharen mit unendlichen Abstimmungsprozessen. Das liegt natürlich auch daran, dass die Automobilbauer sich umfassend absichern wollen – denn jedes neue Modell ist mit riesigen Investitionssummen verbunden.
Auch in der Fotografie hat es riesige Veränderungen gegeben. Heute geht ohne CGI gar nichts mehr. Darin waren wir mit den Staud Studios die ersten, die vor zwanzig Jahren in diese damals noch recht neue Technologie investierten. Während viele andere Fotostudios schließen mussten, investierten wir in Zukunftstechnologien und konnten sogar deutlich wachsen. Heute ist CGI der Großteil unseres Business. Beim CGI, das ist die Kurzform von Computer Generated Imagery, werden Bilder digital durch 3-D-Computergrafik erzeugt und auch animiert. Dieses Verfahren kommt ursprünglich aus der Film-Animation zur Erzeugung von Spezialeffekten und ist heute aus der Kommunikation nicht mehr wegzudenken.
Früher standen Autos für Freiheit, Glamour und Zukunft, heute stehen viele Autos in der Kritik, sie scheinen deutlich ihre Sympathiewerte verloren zu haben. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Das ist eine wichtige Frage, die man sicherlich von mehreren Seiten angehen muss. Wir sprechen hier ja von einer Form des Empfindens, das ist bei unterschiedlichen Menschen und Kulturen jeweils anders ausgeprägt. Viel wird auch von außen gesteuert, dann spielt das Design eine Rolle und letztendlich entscheiden die gelernten Emotionen über love oder hate.
Beginnen wir mit der Steuerung von außen: Die Politik schreibt den Leuten Lebensweisen vor und steuert diese zum Beispiel mit einer Klimapolitik, die Dinge – in unserem Fall Autos – häufig in Gut und Böse einteilt. Heute verkörpert der Verbrenner, insbesondere der Diesel, das Böse in der Klimadiskussion. Dabei ist das paradox: Diesel wurde vor einigen Jahren noch als sehr umweltfreundlich wahrgenommen, in der Werbung wurden die Autos fast schon von Bäumen angelacht. Aber heute wird der Diesel von der Politik verteufelt. Warum? Weil mit den Abgaswerten beschissen worden ist. Durch den Dieselskandal ging Glaubwürdigkeit verloren, was das Empfinden bzw. die Wahrnehmung dramatisch beeinflusst hat. So wurde aus dem Guten der Böse. Ein Riesenfehler, der dem Diesel heute noch nachhängt. Und diese Bad Vibes untergraben bis heute das Fachwissen, obwohl man eigentlich weiß, dass das nicht gerechtfertigt ist. Und da kommen wir wieder zur Werbung: Werbung kann Dinge kommunizieren, aber sie kann niemals Fehlwahrnehmungen richtigstellen, weil Werbung nicht ernst genommen wird. Sie ist im Gegensatz zum Journalismus unglaubwürdig. Das ist das Dilemma des Werbers und auch von mir: Bilder können ein schlechtes Image nicht zurechtrücken.
Ein weiterer Grund für die gesunkene Popularität von Autos ist das Design. Stichpunkt Weltauto. Heute werden Autos nicht mehr von einzelnen Designern entworfen, sondern von ganzen Designgruppen. Da geht dann häufig die klare Linie bzw. das Gesamtkunstwerk verloren, weil ein Auto heute nicht mehr aus einer Feder stammt, sondern sich ein Designteam um den Kühlergrill kümmert, das andere Team um die Scheinwerfer und wieder ein anderes um die Türgriffe. So geht Charakter verloren.
Das hat natürlich auch etwas mit Zeitgeist zu tun. Denn Einstellungen und Geschmäcker ändern sich. Vieles muss auch erst gelernt werden. Nehmen wir den 911er damals, er wurde sehr kritisch gesehen, auch aus dem Zeitgeist der 50er-Jahre heraus. Und obwohl er dem 356 damals technisch deutlich überlegen war, hatte er einen schweren Start. Das ist wie bei uns Menschen, da kommt einer daher, bei dem die Chemie nicht stimmt. Schau mal wie der aussieht und wie der läuft … Erst wenn man sich näher kennenlernt, merkt man, dass die Vorteile die fraglichen Punkte überlagern. Manchmal muss man sich erstmal näher kennenlernen, um sich schätzen zu können. Am Ende hat beim 911er der Fahrspaß gewonnen. Und durch das Design ist er heute noch ein begehrter Klassiker.
Nach drei bis vier Jahren ist ein Auto alt, aber nach 15 Jahren ist es fast schon wieder okay, denn da nähern wir uns langsam ja dem Youngtimer und da sind 15 Jahre schon wieder ein Statement.
Allerdings hat sich der Zeitgeist in eine echt seltsame Richtung gewandelt. Das Design ist teilweise richtig böse geworden: aggressive Autofronten mit bösem Blick, bullige SUVs und scharfe Kanten sind mittlerweile die Norm, nicht die Ausnahme. Hinzu kommt die Farbgebung: Chromteile werden schwarz lackiert – und durch solch eine Lackierung werden Autos vermeintlich cooler, aber alles andere als sympathischer in ihrer Außenwirkung.
Was glaubst du, warum das Autodesign aggressiver geworden ist? Was sagt das über die Menschen, die Gesellschaft aus?
Das hat zum einen mit dem Dominanzverhalten auf der Straße zu tun und ist zum anderen auch dem Sicherheitsbedürfnis unterwegs geschuldet. Im klassischen Oldtimer fühlt man sich klein und verletzbar und man ist nicht gerne lange mit ihm auf der Autobahn unterwegs. Im krassen Kontrast dazu steht der SUV. Das Sicherheitsgefühl ist unangefochten. Deshalb ist es auch rational sehr gut begründbar, dass der SUV für die, die es sich leisten können, zur klassischen Familienkutsche geworden ist. Durch ein großes bulliges Auto entwickelt man ein ganz anderes Selbstbewusstsein. Und je größer und stärker man sich fühlt, desto besser fühlt man sich. Und Selbstbewusstsein steht manchmal kurz vor der Aggressivität.
Der Automobil-Verkehr ist generell recht aggressiv; ironischerweise spürt man das vor allem, wenn man selbst in einem aggressiven Fahrzeug sitzt. Da kommt dann das Thema Kräftemessen und Rangordnung durch. Man ist dann umgeben von Kämpfern. Das hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Menschen sind dünnhäutig geworden und schaffen sich mit Aggression eine vermeintliche Sicherheit. Das ist im Straßenverkehr genauso wie im Datenverkehr.
Interessant ist, dass es auch anders geht. Sitzt man in einem besonderen Auto, zum Beispiel in einem Oldtimer, dann sind die Reaktionen ganz anders. Die Leute haben es plötzlich nicht mehr so eiIig, sie freuen sich über den Oldtimer und kaum einer will den anderen von der Straße drängen. Das ist fast so wie in der Hundewelt. Man könnte sagen, diese Fahrzeuge haben eine Art Welpenschutz. Ich würde mir wünschen, dass die Automobilindustrie oder besser die künftigen Automobildesigns weniger Aggressivität versprühen.
Stichwort Vermenschlichung: Volkswagen sagt in der Werbung des neuen ID.Buzz: „Sieh nur, er lächelt.“ Was macht ein Auto sympathisch und welche Trends siehst du in der Formensprache der Autos?
Da kommen wir zu einem ganz wichtigen Aspekt: Dem Gesicht eines Autos. Der Kühlergrill und die Scheinwerfer formen ein Gesicht, dabei ist der Kühler die Mundpartie und er kann – je nach Design – lächeln oder die Zähne zeigen. Die Scheinwerfer sind die Augen. Je runder, desto sympathischer, das ist dem gelernten Kindchenschema geschuldet. Auch eine abfallende Motorhaube wie beim Käfer versprüht immer viel Empathie.
Derart positive Gesichter wie zum Beispiel beim Käfer gibt es heute allerdings immer seltener. Viele Fahrzeuge haben inzwischen ähnliche Scheinwerfer, das wird durch die Bündelung von Partnern und Lieferanten oft vereinheitlicht. Auch die immer komplizierter werdende Technik gewinnt an Bedeutung und bestimmt das Design: So kommt es, dass viele Teile, auch Scheinwerfer, austauschbar geworden sind. Ich selbst kann in der Nacht allein anhand von Heckleuchten und Scheinwerfern oft nicht mehr das Modell oder Marke eines Autos erkennen.
Die klare Formensprache ist insgesamt verloren gegangen, die Hersteller stehen unter dem Druck, immer wieder etwas Neues zu bringen, und manchmal entsteht auch ganz schöner Firlefanz. Selbst beim Mercedes SL sind über die Generationen einige Ausrutscher passiert, während Porsche super zu seiner Linie und Ästhetik zurückgefunden hat. Und dann darf man nicht vergessen, dass Marken wie VW inzwischen Weltautos produzieren müssen. Das heißt, der eigene Markt ist mitunter gar nicht so wichtig. Das Modell muss global bestehen und so entstehen Autos ohne Ecken und Kanten. Da kann gar keine automobile Persönlichkeit mehr entstehen. Das ist im schlimmsten Fall ein bisschen wie in Frankensteins Labor.
Gibt es heute noch automobile Ikonen?
In der automobilen Welt gibt es für mich nur 6 Ikonen: Der Porsche 911, der VW Käfer, die Ente von Citroën, der Jaguar E-Type und der Mercedes 300 SL sowie das G-Modell, der Geländewagen von Mercedes-Benz. Der Grund liegt einfach in der Erziehung und den Einflüssen, die aus der Umgebung auf uns einwirken, und ich bin der Überzeugung, dass Neugeborene das mit der Muttermilch bereits vererbt bekommen! [lacht]
Das ist heute kaum mehr möglich. Warum? Zum einen arbeiten heute, wie bereits gesagt, rund 30 Designer an einem Modell, während man früher das Design eines Autos immer einer Person zuordnete. Dazu kommt, dass wir heute von einer Modell-Inflation sprechen können. Früher hatte beispielsweise Mercedes die S- und die E-Klasse am Markt, heute blickt man fast gar nicht mehr durch bei den vielen Modellen. Gefühlt gibt es aktuell bei AMG allein 20 verschiedene Modelle und ca. 60 Modellvarianten. Auch einzelne Fahrzeugklassen können nicht mehr eindeutig zugeordnet werden, es existieren so viele Formen und Varianten, die sie schwer erkennbar machen, und damit entfernen wir uns immer weiter von Ikonen. Auch auf der Zeitachse muss ständig etwas Neues präsentiert werden: Die Modellwechsel kommen immer rascher, spätestens nach drei bis vier Jahren ist ein Auto alt. Wenn man nach drei bis vier Jahren einen neuen Dienstwagen bekommt, dann muss der ja auch neu aussehen! Ich frage mich: Muss er das wirklich? Und warum kommt mit dem Face-Lifting oft auch gleich ein neuer Motor? Das ist eigentlich paradox: Nach drei bis vier Jahren ist ein Auto alt, aber nach 15 Jahren ist es fast schon wieder okay, denn da nähern wir uns langsam ja dem Youngtimer und da sind 15 Jahre schon wieder ein Statement.
Steht der Oldtimer-Hype heute dafür, dass die modernen Automobile es nicht schaffen, gewisse Bedürfnisse zu befriedigen?
Zunächst einmal stellt sich die Frage: Warum der Hype? Warum wollen die Leute so gerne einen Oldtimer? Da muss man zwischen Rationalität und Emotionalität entscheiden. Die rationalen Käufer sehen den Oldtimer als Geldanlage und Spekulation. Technisch verstehen sie davon oft wenig. Und dann gibt es die Käufer, die einen Oldtimer aus Nostalgiegründen kaufen. Da spielt technische Faszination eine Rolle, Design und Kultur. Es ist cool, mit fast schon prähistorischer Technik auszukommen, ohne Klimaanlage und elektrische Fensterheber. Einfach Spaß am Fahren ohne Schnickschnack – das entschleunigt ungemein.
Egal ob Oldtimer oder Neuwagen: Technische Perfektion ist nicht alles. Ein Oldtimer hat viel mit Emotion und Persönlichkeit zu tun. Beispielsweise bietet Lexus die vermutlich perfektesten Autos. Das Problem ist: Sie sind so perfekt, dass du gar nicht mehr merkst, dass du Auto fährst. Auch das killt eine Marke, wenn sie keinerlei Emotionen weckt und keine Persönlichkeit hat.
Einfach Spaß am Fahren ohne Schnickschnack – das entschleunigt ungemein.
Heute sind Autos häufig nur noch reine Fortbewegungsmittel ohne emotionalen Wert oder Persönlichkeit. Funktionale und günstige Autos gibt es mittlerweile von unglaublich vielen Herstellern rund um den Globus – viele davon kennen wir gar nicht. Zwei Drittel der Fahrzeuge in Tokyo kann man als Europäer ja gar nicht mehr zuordnen – aber sie machen ihren Job.
Die deutschen Automobilhersteller beginnen sich dahingehend, um ihr Überleben zu sorgen, und versuchen, sich über den Luxusmarkt zu positionieren, wo es um weit mehr geht als Funktionalität und auch die Wertschöpfungskette eine ganz andere ist. Den Anspruch an Marke, Fahrgefühl und Lifestyle findet man eben meist nur in entsprechenden Preisklassen und das zieht sich in unterschiedlichste Lebensbereiche. Wenn ich reise und mir persönlich ein Auto miete, tue ich dies nicht nach der monetären Klasseneinteilung der Autovermieter, sondern ich frage: Was habt ihr denn da? Und dann suche ich mir das Automodell aus, auf das ich Lust habe.
Wir stecken zurzeit zwischen Hybrid, E-, Benzin- und Dieselmotoren … Wenn du für einen Tag Olaf Scholz sein könntest, was würdest du als Erstes ändern?
Ich würde die Technologie-Offenheit predigen, aber ich würde nichts reglementieren und nichts bestrafen. Keine Verbote, sondern Gebote! Pauschale Verbote halte ich für den falschen Weg, weil die Wahrheit bzw. das, was einen tatsächlichen Nutzen bringt, häufig einer deutlich differenzierteren Antwort bedarf. Viele Verbote führen ja nur zu neuen Ausweichsymptomen oder dem Ausnutzen von Schlupflöchern. Aber für bestimmte Regionen nur E-Fahrzeuge einzusetzen, das würde Sinn machen. Es gibt ja auch Ski-Orte, zu denen man nicht mit dem Auto hinkommt. Vielleicht macht an manchen Orten auch ein Hydrid Sinn, um kleine Distanzen im klar abgegrenzten Umfeld rein elektrisch zu fahren, sodass man kein Extra-Auto braucht.
Viele staatlich verordnete Maßnahmen fördern einfach nur mehr Konsum und bringen der Umwelt wenig. Zum Beispiel fördert man mich mit 11.000 € beim Kauf eines E-Smart, damit ich 3 Jahre fast kostenlos den kleinen Stromer fahren darf. Das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Dann wirst du belohnt, wenn du in die Stadt fährst, also dein Konsum und dein Verbrauch werden belohnt! Ich frage mich: Fördert man damit einen tatsächlichen Umstieg in der Mobilität oder einfach mehr bzw. einen anderen Konsum?
Dann die Nachhaltigkeits- und Umweltzertifikate bei dicken Autos, das ist der größte Witz. Die 2 Prozent Spaßautos, die es aktuell auf dem Markt gibt, das hat eh keinen Impact. Vielmehr geht es darum, die Massenmobilität umweltfreundlich gestalten. Vorher müsste man die fetten Gas- und Kohlegrills verbieten, die produzieren mehr Feinstaub als die paar Sport- und Spaßwagen! Was ich tatsächlich verbieten würde, sind Zwei-Takt-Laubbläser, die nicht nur stinken, sondern mit teils 110 dB Lautstärke jedem den Nerv rauben!
Bringt E-Mobilität deiner Meinung nach die Lösung des Klimaproblems voran?
Viele Regulierungen sind nur regional gedacht, und bringen global nichts, außer dem guten Gewissen. Betrachtet man die ganze Welt, sieht man, wie alt der Fahrzeugbestand insgesamt eigentlich ist. Marokko, so meine ich, bläst mit seinen 2 Millionen Autos wahrscheinlich mehr CO2 in die Luft als wir in Deutschland mit mittlerweile 47 Millionen.
Wir machen die Moral immer mehr kaputt und wollen die Leute mit Subventionen dazu bringen, ihre alten Autos abzugeben. Aber die Leute kaufen so oder so immer das Neuste. Und jedes Auto, das wir in Deutschland abgeben oder ersetzen, wird ja weiterhin gefahren, nur woanders, weil unsere alten Autos ja nicht wirklich alt sind. Das ist nur eine Problemverlagerung und bringt nichts. Und die Grundressource, der Strom, kommt ja doch wieder größtenteils aus Kohle.
Autonomes Fahren – was ist deine Meinung dazu?
In einer perfekten Welt würde es mehr Sicherheit bedeuten. Aber daran glaube ich nicht. Es ist aktuell nicht möglich. Bislang funktioniert ja nicht mal die Flächenabdeckung des Telefons. Und wenn man sich das Desaster anschaut, als wir neulich weder tanken noch einkaufen konnten, weil das EC-Karten- und Kreditkartensystem bundesweit ausgefallen ist, will ich mir ein solches Fiasko nicht im Verkehr vorstellen. Wenn das System für autonomes Fahren ausfällt, dann stehen Millionen Autos. Und da will ich nicht wissen, was die letzten 5 Sekunden passiert, bevor sie stehen. Und was ist mit dem alten Fahrzeugbestand oder mit alten Traktoren, Fahrrädern und Co – was machen wir mit denen? Wie sollen die mit den neuen Hightech-Autos kommunizieren? Ich glaube, da fehlt vorher noch ein wichtiger Technologie-Schritt, sodass die Autos ohne Internet sicher miteinander kommunizieren können.
Du besitzt vom E-Smart über E-Rad und E-Rasenmäher sowie Hybrid-Auto einiges an E-Fahrzeugen. Welches willst du nicht missen?
Ganz eindeutig das E-Rad. Ich fahre ein E-MTB von Storck, das ist einfach eine göttliche Erfindung, die aber lange gebraucht hat, um mich zu begeistern. Die E-Bikes sind eine fantastische eigene Fahrzeugklasse. Das würde ich mir auch beim E-Auto wünschen, dass es eine eigene Fahrzeugklasse wird und nicht den Diesel ablösen soll. Ich finde auch die Hybrid-Autos schwierig, zum Beispiel stelle ich mir bei meinem Hybrid ständig Fragen wie: Ist er an? Ist die Tür zu? Ist der Gang drin oder nicht? Welchen Hebel muss ich jetzt drücken? Es ist alles nicht mehr so cool und intuitiv, wie es früher war. Da mussten zu viele Kompromisse gemacht werden und zu viel ist noch am alten Verbrenner angelehnt.
René, vielen Dank für das interessante Interview!
Gerne, hat Spaß gemacht!
Für mehr Infos, besucht renestaud.com
Words: Susanne Feddersen, Robin Schmitt Photos: Staud Studios, Noah Benjamin, Volkswagen, Lexus