Das CENTURION Vario R960i im Test – Lastenrad made in Baden-Württemberg

Schwäbisch = sparsam. Aber nicht, wenn es um Qualität geht! Das Vario R960i ist das erste Lastenrad von CENTURION und soll durch vielfältige Transportmöglichkeiten und natürliche Fahreigenschaften punkten. Kann das Longtail mit einem Preis von 5.699 €, VAUDE-Packtaschen und Bosch Cargo Line-Motor überzeugen?

Wie der Name des Lastenrads von CENTURION bereits vermuten lässt, soll es variabel und vielfältig einsetzbar sein. Der Hersteller verspricht mit dem Vario R960i eine einfache Verknüpfung von Alltagsaufgaben, Freizeitaktivitäten und Transportfunktionen. Dazu will das Bike seinem Premium-Anspruch durch hohe Verarbeitungsqualität und die hochwertigen Komponenten gerecht werden. Für den Preis von 5.699 € bekommt man das volle Paket: Bosch Cargo Line-Motor, viele Detaillösungen und alle Transportmöglichkeiten, wie etwa die Satteltaschen, Trittbrett- und Polsterset, inklusive. Das spiegelt sich auch beim stattlichen Gewicht von gut 41 kg, inklusive oben genannter Ausstattung, wider. Mit viel Stolz schmückt CENTURION das Vario R960i mit dem Label „engineered in Baden-Württemberg” und weckt damit bei manchen Cargo-Bike-Fans einen hohen Qualitätsanspruch. Ob es dem gerecht wird, haben wir für euch herausgefunden.

Die Transportfunktionen des CENTURION Vario R960i

Beim Vario R960i legt CENTURION vor allem Wert auf eine robuste Verarbeitung und ein möglichst umfassendes Transportkonzept. Damit lässt sich so einiges transportieren, wobei das zulässige Gesamtgewicht von 180 kg nicht überschritten werden darf. Abzüglich Bikegewicht und Aufbau am Heck verbleiben so noch 143 kg für die Fahrer*innen, das Gepäck oder weitere Passagiere. Der Heckgepäckträger ist für zwei Kinder freigegeben. Sie nehmen bequem in Kindersitzen oder auf einer gepolsterten Sitzbank Platz, die im Handumdrehen per Klickfix-Schnellverschluss auf dem Longtail installiert ist. Aber auch für Personen ohne Nachwuchs bietet das Lastenrad von CENTURION einige Möglichkeiten, um Einkäufe oder Ausrüstung für die Freizeitaktivitäten zu transportieren. Ab Werk wird es mit zwei großen Packtaschen mit je 37 l Fassungsvermögen für den Heckgepäckträger und einer kleineren Tasche mit 13 l für den Frontgepäckträger geliefert. Alle Taschen sind mit Sicherungssystemen und soliden Verschlüssen ausgestattet, sodass selbst bei kurzen Offroad-Fahrten ein sicherer Halt garantiert wird. Das Taschenset wurde in Kooperation mit dem Outdoor-Ausrüstungs-Hersteller VAUDE vom Bodensee entwickelt. Dazu sind im Lieferumfang der Transportbügel sowie Sitz- und Rückenpolster enthalten, die bei Bedarf durch Euroboxen, eigene Taschen oder Kindersitze ausgetauscht werden können. Für zusätzlichen Halt und Sicherheit sorgt der Transportbügel rund um den hinteren Gepäckträger, der den Maßen einer großen Eurobox (60 x 40 cm) entspricht. Damit die Füße oder auch die Satteltaschen nicht in die Speichen des Hinterrads gelangen können, stützen klappbare Trittbretter von unten und ein Speichenschutz von innen.

Das Motorsystem mit Bosch Cargo Line

Lastenräder ohne Elektroantrieb gehören mittlerweile größtenteils der Vergangenheit an. 180 kg mit eigener Muskelkraft zu bewegen, macht nur einigen wenigen Mucki-Pumpern Spaß. Deshalb wird auch das Vario R960i von einem Bosch Cargo Line-Motor mit 85 Nm und 400 % Tretunterstützung angetrieben – 60 % mehr als beim „normalen” CX-Motor. Neben der spezifischen Cargobike-Anpassung des Motors sind die klassischen Features, wie eine Schiebehilfe oder vier unterschiedlich kraftvolle Fahrunterstützungsmodi, ebenfalls vorhanden. Die Energie liefert ein Bosch PowerTube-Akku mit 625 Wh, mit dem man je nach Fahrweise und Steigung alle Erledigungen eines Tages ohne Ladestopp bewältigen kann. Wem das zu wenig ist, der kann sich anstelle eines zweiten Flaschenhalters einen Bosch PowerPack als DualBattery-Option installieren und die Akkukapazität um bis zu 500 Wh vergrößern. Nach der Rückkehr vom ausgiebigen Einkaufsbummel kann das Bike entspannt am Ladeport auf dem Oberrohr oder – nach leichter Akku-Entnahme – auch in der Wohnung geladen werden.

Das CENTURION Vario R960i im Detail

Bei der Ausstattung haben die Entwickler aus dem Schwabenland nicht gespart: Das Cargobike ist mit 4-Kolben-Bremsen von Shimano mit 203-mm-Bremsscheiben, 80-mm-Federgabel von SR Suntour und SRAM SX-Schaltwerk ausgestattet. Passend zur Longtail-Kategorie des Bikes rollt es mit Schwalbe Pick-Up-Reifen in 26 x 2,35” vorne und 24 x 2,35” hinten. Damit auch der Heimweg bei Nacht sicher gelingt, leuchtet ein Supernova MINI 2 am vorderen Schutzblech den Weg und am Heckgepäckträger sorgt ein AXA Juno-Rücklicht für Sichtbarkeit. Die Kettenstrebe wird von einem Silent-Protection-Schutz vor Ketteneinschlägen bewahrt und verhindert nebenbei auch nerviges Klackern. Am Rahmen befinden sich mehrere Montagepunkte: Zum einen für Flaschenhalter oder für den modularen PowerPack-Akku am Oberrohr und Unterrohr, zum anderen für beispielsweise ein Schloss, wie am Testbike, hinter dem Sitzrohr. Insgesamt kommt das CENTURION Vario R960i auf ein Gewicht von 41,1 kg (inkl. Zubehör) und kann mit knapp 139 kg belastet werden, bis es das zulässige Gesamtgewicht von 180 kg erreicht.

Der schwäbische Lastenesel im Praxistest

Was man dem CENTURION Vario R960i sicher nicht absprechen kann, sind seine vielen variablen Transportmöglichkeiten. Die großen Packtaschen am Heck und die kleinere Tasche am Lenker bieten mehr als genug Stauraum, um vom Wocheneinkauf bis zur Kletterausrüstung alles transportieren zu können. Wer weniger Stauraum benötigt, kann die Taschen einfach einschlagen oder ganz abnehmen. Der Umbau von Satteltaschen erfordert jedoch etwas Zeit, dafür muss man sich keine Sorgen machen, dass die Taschen beim kurzen Stopp von etwaigen Langfingern stibitzt werden. Als zusätzliche Transportoption können anstelle der Kindersitze oder Sitzpolster Euroboxen oder eigene Taschen auf dem Heck des CENTURION Vario R960i platziert werden. Das Bike besitzt einen massiven Zentralständer unter dem Tretlager, auf dem es aufgebockt werden kann. So steht das Vario schnurstracks senkrecht und macht das Beladen und Entladen des Hecks mit Kind und Kegel besonders einfach. Damit sich das Lastenrad nicht unfreiwillig beim Laden in Bewegung versetzt, arretiert sich der Zentralständer in seiner ausgefahrenen Position und muss anschließend über einen Hebel am Lenker wieder gelöst werden. Neben dem vollaufgebockten Zustand gibt es noch eine Zwischenstellung, in der der Zentralständer arretieren kann. Dies ist eine sogenannte Quick-Stop-Position, die bei kurzen Stopps zum Einsatz kommt und in der das Lastenrad seitlich nur auf einer Seite des Ständers lehnt. Der Ständer ist clever unter dem Schwerpunkt des Bikes platziert und verfügt über eine Fußraste, auf die man sich stellen kann. Dadurch kann selbst das vollbeladene Bike ohne große Anstrengung auf den Ständer gehievt und wieder davon befreit werden.

Sicherheit beim Fahren geben einem die hohe Front, die damit einhergehende aufrechte Sitzposition und der breite Lenker. Ohne Last hat das Vario R960i aufgrund seines langen Radstands ein ruhiges Fahrverhalten, ist dafür, aufgrund seiner schieren Länge, aber nicht sonderlich agil. Unter Volllast verändert sich das Fahrverhalten des CENTURION Vario R960i merklich, was am relativ hohen Schwerpunkt liegt. Wenn der Passagier auf dem Heck nicht stillhält, muss man bei niedrigen Geschwindigkeiten aktiv gegensteuern, um nicht in Schlangenlinien zu fahren. Geschwindigkeit stabilisiert bekanntlich: Um schnell in Fahrt zu kommen, schiebt der Cargo Line-Motor von Bosch kraftvoll an und verhilft dem CENTURION Vario R960i schnell auf Reisegeschwindigkeit. Die Schiebehilfe ist angenehm stark, die Motor-Remote lässt sich ohne Verrenkung der Hand entspannt bedienen und auch bergauf bekommt man massig Support, um nicht wieder rücklings hinunterzukullern.

Das One-size-fits-all-Konzept des CENTURION Vario R960i geht auf wie Omas Hefeteig auf der Heizung. Angefangen bei der Sattelstütze, die wie eine Teleskopstange von 280 auf 440 cm ausgefahren werden kann, bis hin zum verstellbaren Vorbau, der gerade bei kleineren Personen nach hinten versetzt werden muss. Wie ein Hefeteig beansprucht es aber auch ein wenig Zeit, das Bike auf die persönlichen Vorlieben einzustellen und geht nicht – wie vom Hersteller versprochen – „im Handumdrehen”. Hier fänden wir eine hydraulisch absenkbare Sattelstütze sinnvoll, um das Auf- und Absteigen an Ampeln und bei unerwarteten Stopps noch einfacher zu gestalten. Darüber hinaus besitzt das Bike eine hochwertige und gut integrierte Ladebuchse, die für Personen jeder Größe und Statur gut erreichbar ist. Für ausreichend Beleuchtung während der Fahrt ist ebenfalls gesorgt. Das Vorderlicht schwenkt beim Lenken angenehm mit, lediglich die Rückleuchte kann durch eventuelle Überhänge am Heck verdeckt werden. Durch die sogenannte „User Indication” hat CENTURION ein weiteres durchdachtes Konzept am Vario R960i realisiert: Alle wichtigen Features und Zugriffspunkte sind durch ein einfach verständliches und selbsterklärendes Leitsystem beschildert. So zum Beispiel der Ladeport, der durch eine magnetisch schließende Abdeckung gegen Verschmutzung oder Wettereinflüsse geschützt ist, oder ein kleines Vorhängeschloss, das ein Schlüsselloch für die Akkuentnahme andeutet. Unserem Testrad hat Centurion ein ABUS-Faltschloss inklusive Halterung am Hinterbau unterhalb der Sitzfläche spendiert. Bei der Position bleibt aber Luft nach oben, da hier viel Geschick und ein Bachelor in Dr. Bibber gefordert ist, um das Schloss zu entnehmen.

Fazit zum CENTURION Vario R960i

Wer auf robuste Verarbeitung, ein durchdachtes Gesamtkonzept und praktische Features Wert legt, macht mit dem CENTURION Vario R960i alles richtig. Für den stolzen Preis von 5.699 € bekommt man ein solides Lastenrad mit einfacher Bedienbarkeit und umfassendem Transportkonzept inklusive. Alles in allem gilt: Für den alltäglichen Transport der Kids oder der Einkäufe in der Stadt und gerne auch mal in hügeligen Regionen ist man mit dem Lastenrad „made in Baden-Württemberg” bestens gewappnet.

Mehr Infos unter centurion.de.

Words: Gabriel Knapp Photos: Julian Schwede