Ein zweirädriger Mini-LKW? Das Ca Go FS 200 Vario wurde um die geschlossene Transportfläche herum entwickelt und stellt damit eins in den Vordergrund: die Zuladung. Was die rollende Transportbox so besonders macht und welche Features das Lastenrad noch zu bieten hat, verraten wir im Test und sagen euch, ob das E-Cargo-Bike die Pickup-Ladefläche wirklich ersetzen kann.

Ca Go FS 200 Vario Cover Pro | Bosch CargoLine /625 Wh | 80 mm (v)
49,4 kg | 8.299€ | Hersteller-Website

Der ursprünglicher Plan des Herstellers Ca Go war es, die Fahrgastsicherheit der mitfahrenden Kinder zu erhöhen, wofür die Koblenzer eine Schaumstoffbox aus EPP-Schaum entwickelt haben. Wir konnten die Cargo-Variante Vario – ohne Box, dafür mit umso mehr Ladefläche – testen. Die Variabilität der Transportfläche ist geblieben, die Kindersitze sind rausgeflogen – dadurch bietet das Ca Go ein so umfangreiches Angebot an Transport- und Verstaumöglichkeiten wie das Tupperware-Portfolio. Die Koblenzer haben sich aber auch zum Thema (Ladungs-)Sicherheit und Fahrkomfort Gedanken gemacht. Das 2,70 m lange Bike mit abgedeckter Transportfläche und direkter Seilzuglenkung kostet 8.290 €. Womit das Lastenrad punkten kann und was zu kurz kommt, haben wir im ausgiebigen Test herausgefunden.

Eine fahrende Lieferbox – Was macht das Ca Go FS 200 Vario besonders?

Fallen wir mit der Tür ins Haus: Ein Lastenrad sollte mindestens eins bieten und zwar ausreichende Transportmöglichkeit. Davon hat das Ca Go reichlich und geizt auch nicht mit Befestigungspunkten. Die Box ist groß, überdacht und durch ein einfaches Stecksystem leicht zu unterteilen – wie beim Baukastensystem von LEGO: Eins fügt sich ins andere und heraus kommen maßgeschneiderte Fächer für eure Habseligkeiten. Bei den Außenmaßen hat sich Ca Go an den bekannten und genormten Euroboxen orientiert. In der Front des Ca Go finden vier Euroboxen mit 40 x 30 cm, zwei mit 60 x 40 cm oder eine große Box mit 80 x 60 cm Platz. Natürlich müsst ihr euch nicht von den genormten grauen Behältern abhängig machen, sondern könnt auf die Ladefläche packen, was und wie ihr wollt. Mit dem ungefähren Kofferraum-Volumen eines VW Golfs und 70 kg möglicher Zuladung ist das E-Bike natürlich kein Pick-up-Truck, für ein 49,4 kg schweres Zweirad aber nicht zu unterschätzen. Insgesamt könnt ihr bis zu 175 kg zuladen. In der von uns getesteten Ausstattungsvariante Cover-Pro, mit Regenschutz fürs Gepäck und mehreren Fächern in der Textilhülle, wechselt das Lastenrad für stolze 8.290 € den Besitzer.

Mit 70 kg möglicher Zuladung im Korb und cleveren Befestigungsmöglichkeiten …
… steht auch dem Großeinkauf nichts im Weg.

Die Rahmenform des Ca Go sieht nicht nur modern aus, sie steigert auch den Alltagsnutzen des Bikes. Der tiefe Durchstieg erleichtert das Aufsitzen und der praktische Handgriff am Steuerrohr macht das Aufbocken auf den Ständer zum Kinderspiel. Der stabile Standfuß ist genau unter dem Schwerpunkt des Bikes angebracht und nimmt euch dadurch die meiste Last beim Parken ab – auch mit Beladung. Der Ladeport ist etwas unglücklich unter dem Handgriff am Vorderteil des Rahmens platziert und daher frickelig in der Handhabung. Es handelt sich bei der Gummiabdeckung des Ladeports um die Standard-Variante von Bosch. Da diese sehr weich ist und nicht spürbar einrastet, solltet ihr vor allem bei Nässe sichergehen, dass die Klappe richtig geschlossen ist, da euch der Ladeport sonst vollläuft wie eine Badewanne.

Die Positionierung und Abdeckung des Ladeports schreit geradezu nach eindringender Feuchtigkeit, also immer darauf achten, die Klappe fest zu schließen.

Neben der Transportbox spielt auch der Komfort des potenziellen Auto-Ersatzes eine große Rolle. Den erreichen die Koblenzer hauptsächlich durch die Federgabel in der Front und eine gefederte Parallelogramm-Sattelstütze unterm Hintern. Diese ist in der Serienausstattung zwar nicht enthalten, aber unbedingt zu empfehlen, wenn ihr regelmäßig raue Wege fahrt. Die Front-Federgabel schluckt Unebenheiten zuverlässig und sorgt für gleichbleibende Bodenhaftung des Vorderrads. Das steigert die Sicherheit ebenso wie den Komfort und schont zusätzlich noch die Ladung im „Vorderwagen”.

Die Parallelogramm-Sattelstütze von by.Schulz ist zwar aufpreispflichtig, ihr werdet aber bei jeder Bodenwelle froh darüber sein.
Better safe than sorry
Die kräftige Magura CME 5 Bremsanlage stoppt auch vollbeladen zuverlässig.
Integration ist King
Die Zugverlegung durchs Steuerrohr ist super clean und passt zum integrierten Display auf dem Vorbau.

Da die Sicherheit bei Ca Go nicht nur beim Kindertransport großgeschrieben wurde, ist auch das Cargo-Rad mit einigen Features, sowohl für eine hohe aktive als auch passive Sicherheit, ausgestattet. Darunter fällt u.a. die Vierkolbenbremse von MAGURA aus dem Mountainbike Bereich, die auf eine extra große 220-mm-Bremsscheibe hinten und eine 203-mm-Bremsscheibe vorne wirkt. Das sorgt für eine hohe Hitzebeständigkeit – auch auf langen Abfahrten mit einer Menge Zuladung. Die SupernovaLichtanlage garantiert mit der Fernlicht-Funktion für eine gute Sicht bei Nachtfahrten und das Rücklicht fungiert gleichzeitig auch als Bremslicht, was für zuverlässige Sichtbarkeit von hinten sorgt.

Tetris in der Kiste
Das Steckkasten-System beim Ca Go erinnert an Tetris …
…lässt verschieden große Unterteilungen der Fächer zu.

Achtung, Schwertransport voraus! – Was kann das Ca Go FS 200 im Alltag?

Das Ca Go punktet im Fahreindruck vor allem mit dem hohen Komfort. Die Sitzposition ist trotz Unisize-Rahmen und nicht verstellbarem Lenker unter den von uns getesteten Körpergrößen aufrecht und komfortabel. Der flache Sitzrohrwinkel sorgt dafür, dass die Entfernung zum Lenker mit dem Sattelauszug mitwächst – somit geht das Größenkonzept laut Hersteller für Personen von 1,60 m bis 2 m Körpergröße auf. Unterstützt wird der Komfort durch die aktiven Federelemente unter Po und Vorderrad sowie durch die dicken Schwalbe Super Moto-X-Reifen in 2,8″ Breite hinten und 2,15″ vorne. Um das Bike noch besser an die individuellen Bedürfnisse aller möglichen Fahrer*innen anzupassen, wäre eine verstellbare Lenker-Vorbau-Kombination sinnvoll gewesen. Wenn eure Arm- und Beinlängen im Verhältnis zur Körpergröße stark von der Norm abweichen, solltet ihr das Ca Go auf jeden Fall probefahren.

Während der Fahrt zeigt sich das Ca Go auffallend agil und wendig für ein Bike mit 2,70 m Länge und fast 50 kg Eigengewicht. Das ist vor allem auf die Seilzuglenkung zurückzuführen – diese ist redundant ausgeführt, also mit zwei Lenkzügen pro Seite: Wenn eins reißt, gibt es immer noch ein Backup-Lenkseil. Diese Art der Lenkung gibt Lenkbefehle unverzüglich an das 20″ kleine Vorderrad weiter und ermöglicht – im Gegensatz zu einer Lenkung mit Lenkstange – einen sehr hohen Lenkeinschlag von beinahe 90°. Das macht das Rangieren im engen Innenhof oder das Wenden (fast) auf der Stelle möglich. Das Beste daran: Selbst unter Last neigt das Ca Go nicht zum Aufschaukeln. Nur in eng gefahrenen Kurven sollte man aufpassen, nicht zu ruckartig einzuschlagen, damit das Vorderrad die Haftung nicht verliert. Im Stand fühlt sich das E-Cargo-Bike manchmal kippelig an, daher solltet ihr darauf achten, sicher mit den Füßen am Boden zu stehen. Hier würde eine absenkbare Sattelstütze Abhilfe schaffen. Immerhin unterstützend und vorausschauend wirkt die Enviolo AUTOMATIQ-Gangschaltung. Diese legt bei Stillstand zuverlässig den leichtesten Gang zum Anfahren ein, sodass ihr nicht gegen eine Wand treten müsst, wenn die Ampel auf Grün springt. Einziges Manko: Sobald das Bike beladen ist, reicht die Übersetzung im leichtesten Gang für sehr steile Anstiege nicht mehr aus.

Cago FS200 Vario

8.290 €

Ausstattung

Motor Bosch CargoLine 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Kiox 300
Fork SR Suntour Mobie 32 80 mm
Bremsen MAGURA CME 5 203/200 mm
Schaltung Enviolo AUTOMATiQ Heavy Duty
Reifen Schwalbe Big Ben / Schwalbe SuperMoto-x 20 x 2,15"/27.5 x 2,80"

Technische Daten

Größe one size
Gewicht 49,4 kg
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 225 kg
Max. Zuladung (Fahrer) 175,6 kg
Anhänger-Freigabe yes
Ständeraufnahme yes

Besonderheiten

Doppelter Akku möglich
sehr hohes zulässiges Gesamtgewicht
von 225 kg

Für wen ist das Ca Go FS 200 Vario das richtige Lastenrad?

Das Ca Go zeigt sich als variable Lösung für alle (Vor-)Stadtbewohner, die auf ein Auto verzichten möchten, aber nicht auf Komfort und Sicherheit. Die optionale Akkukapazität von 1.250 Wh und das komfortable Fahrwerk machen das Ca Go durchaus langstreckentauglich. Die Transportbox stiehlt dem VW Golf die Show, während der Wendekreis kleiner ist als beim Cityflitzer schlechthin: dem Smart fortwo. Wer mit dem Preis von 8.290 € einverstanden ist, bekommt hier eine valide Transportmöglichkeit mit rund 175 kg Zuladung, cleaner Optik und hohem Sicherheitsgefühl.

Kurvenmeister
Durch die Seilzuglenkung geht das lange Ca Go um die Kurve wie ein Gokart und lässt sich gut rangieren.

Das Ca Go FS 200 Vario bietet ein so umfangreiches Angebot an Transport- und Verstaumöglichkeiten wie das Tupperware-Portfolio

Unser Fazit zum Ca Go FS 200 Vario

Das Ca Go überzeugt nicht nur mit seinem variablen Transportsystem, sondern auch mit einem sicheren und komfortablen Fahrgefühl. Zusammen mit der hochwertigen Ausstattung und der cleanen Anmutung entsteht ein Gesamtpaket, das dazu einlädt, den Autoschlüssel freiwillig abzugeben. Die stufenlose Automatik-Gangschaltung von Enviolo steigert den Komfort im Stadtverkehr, ist aber keine Empfehlung für diejenigen, die sehr steile Hügel auf ihrem Weg erklimmen müssen.

Tops

  • hochwertige Verarbeitung
  • durchdachte Transportlösungen
  • hohes Maß an Integration am Cockpit
  • doppelte Akkukapazität möglich (1.250 Wh
  • schickes Design

Flops

  • Bandbreite der Nabenschaltung an steilen Bergen zu gering
  • begrenzt einstellbare Ergonomie am Cockpit

Tuning Tipp:Eine gefederte Dropperpost würde den Komfort beibehalten und beim Anhalten maximale Sicherheit garantieren.

Words: Julian Schwede Photos: Jan Richter