Laufen ist nur was für einsame Wölfe? Nicht in Dresden. Hier hat eine Running-Crew mit Laufschuhen und Bengalos ein neues Community-Verständnis im Individualsport erschaffen. Warum das spannend ist für alle, die (noch) nicht laufen? Darüber haben wir mit René Claussnitzer und Jan Lau gesprochen, den Gründern von PACE KILLERS.

Laufen ist für die meisten von uns die Folge komplett unrealistischer Neujahrsvorsätze – ausgetretene Turnschuhe auf nasskalten Bürgersteigen an einem trostlosen Januarmorgen. Am Silvesterabend versichert die Freundin, dass es ein unglaublich befreiendes Gefühl ist, wenn man auch mal ganz ohne Bike oder etwaiges Sportgerät in die Natur eintaucht.

„In unserer Crew sind klar viele ehemalige Partykönige und -queens. Die sind dann halt auch tätowiert. Die Mehrheit sieht aber ganz normal aus, du musst safe nicht der Coolste sein!“ – René

Es fallen Worte wie Waldbaden, Minimalismus, Lauf-Flow und eben auch Running-Crew. Zwar liegen unsere Neujahrsvorsätze jetzt weit zurück, doch haben wir nach unserem Gespräch mit Jan Lau und René Claussnitzer, den beiden Gründern der PACE KILLERS aus Dresden, richtig Bock aufs Laufen bekommen! Euch wird es genauso gehen.

Biken ist angesagt, Laufen auch

Dass Radfahren in all seinen Facetten absolut durch die Decke geht, gehört schon längst nicht mehr zu den News. Laut Laufikone René ist das eben auch in der Laufszene der Fall. Er sieht hier eine klare Tendenz: Da in Zeiten von Kontaktbeschränkungen keine Kontakt- und Mannschaftssportarten möglich waren, wollten sich die Menschen anderweitig fit halten, einfach mal rauskommen und das am besten sicher und flexibel. Mit dem Individualsport treibt es viele zurück zu den Wurzeln.

Das Leben in der City liebt die Effizienz und floriert zwischen der kurzen Einheit im Gym und der nächsten Verabredung. Doof nur, wenn das Fitnessstudio seit Monaten geschlossen ist. Wer jetzt monatelang im Home-Office gehockt ist und in seiner Verzweiflung die alten Hallentreter aus dem muffigen und verstaubten Sportbeutel gefischt hat, hat schnell gemerkt: Zum Laufen in der Natur eignen die sich nicht wirklich. Der Wunsch, sich den Elementen auszusetzen und in seine eigene Gesundheit zu investieren, ist groß, also gönnen sich viele den neuesten Running-Swag.

So finden Laufschuhe reißenden Absatz, während sich schicke Kartons mit glänzenden Fußballschuhen in den Lagern stapeln. Bei der EM 2021 schien es so, als hätte nicht einmal mehr die deutsche Nationalelf Bock gehabt zu kicken und wäre stattdessen lieber wild und frei von A nach B gerannt. Laufen ist angesagt und damit verbunden ist auch ein ganz neues Verständnis des Sports. Für alle Laufwütigen und auch für alle, die es noch werden wollen, sind Running-Crews ein perfekter Startpunkt!

Joggen war kacke, jeder hat es gehasst. Jetzt wird es neu entdeckt und alle feiern es hart ab! – René aka @master_goodvibe

Nicht selten rümpfen Lauf-Profis die Nase über die Hobby-Crew. Cool aussehen und dann nur zum Spaß laufen? Wo bleibt da die Topleistung? Hier ist man Mensch, hier kann man’s sein!

Crewlove statt Vereinskasse

Die Idee zur Gründung der PACE KILLERS entstand in den Köpfen von René und Jan vor gut drei Jahren. Ursprünglich waren es schlicht und einfach fünf Leute, die gerne laufen, Spaß und Training kombinieren wollten und all das auf keinen Fall im Rahmen einer verkalkten Vereinsstruktur. In welche Richtung das Ganze genau gehen sollte, war offen. Es standen nur der Name PACE KILLERS und die folgenden drei Grundpfeiler:

  • Kein Vereinsheim, sondern das Zapfenstreich. Eine Kneipe in der Dresdner Neustadt.
  • Kein starrer Zeitplan, der sich über die halbe Woche erstreckt, sondern ein Running-Date am Dienstagabend.
  • Keine Beitragsgebühr, sondern ein auf Sympathie basierendes Zusammensein. Alle dürfen kommen und wer Bock hat, kann gerne dabeibleiben.

Aus der Anlaufstelle wurde schnell eine kleine Institution. Lauf-Fans konnten sich im Rahmen der Dienstage connecten und verabredeten sich dann nach Lust und Laune flexibel für weitere Events in der Restwoche. Für die PACE KILLERS eine perfekte Balance aus einer Halt gebenden Routine und zeitlicher Ungebundenheit. Dabei war es René und Jan wichtig, dass es natürlich ums Laufen geht, aber darüber hinaus eben besonders um eine gesunde Community. Die beiden wollten Menschen zusammenbringen und geben gleichzeitig gerne zu, dass Leute, die laufen, ja immer auch ein bisschen leistungsgetrieben sind.

Im Gegensatz zur traditionellen Vereinsstruktur, wo sich alles darum dreht, die Schnellsten und Besten noch schneller und besser zu machen, geht es ihnen darum, für die Schwächsten eine coole Umgebung zu schaffen, in der sie sich mit Freude verbessern können – wenn sie wollen. Die Förderung des „Vereins-Stars“ findet nicht statt, sondern die Neulinge bekommen ordentlich Support. Auch die Schwarmintelligenz spielt für die beiden eine große Rolle, denn wo sich die unterschiedlichsten Skills-Levels treffen, gibt es viel Wissen, das geteilt werden kann.

We kill the pace. We kill beers.

Die Crew ist seit ihrer Gründung stetig gewachsen und zählt mittlerweile gut 40 Mitglieder – für viele Neuzugänge sind die Vorzüge schnell klar: Hier teilt man eine gemeinsame Passion, findet neuen Spaß am alten Laufen und vor allen Dingen lernt man hier neue Freunde kennen. All das in feinster „Alles-kann-nichts-muss“-Manier und natürlich kostenlos. Was damit gemeint ist, wenn René sagt, dass sich die Crew mit Spaß an der Sache und ohne Leistungsdruck verbessern will? Das wird direkt klar, wenn nach der Strava-Segmente-Jagd über die Dresdner Elbbrücken die Bierkorken ploppen.

So eine Crew ersetzt immer auch ein Stück weit deine Psychotherapie – gerade wenn du nicht so super outgoing bist. – René

Squad-Race statt Vereinsmeisterschaft

Das On SquadRace ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Gründer der PACE KILLERS ein modernes Laufevent vorstellen – klar, dass sie mit ihrer Crew daran teilnehmen und die Event-Station in Dresden sogar organisieren. Beim SquadRace laufen zwei Vereine, Firmen oder eben Running-Crews in entgegengesetzter Richtung auf einer 5 km langen Strecke. Dabei gewinnt nicht die schnellste Person, sondern das Team mit der schnellsten Durchschnittszeit. Und die anderen verlieren? Nein! Mit maximaler Stimmung geht es darum, sich eine halbe Stunde lang gegenseitig zu pushen und dann zu feiern!

Auf halber Strecke liegt die Cheer-Zone und dort schieben sich die Lauf-Fans gegenseitig mit bengalischen Feuern und Megafonen nach vorne. Egal ob persönliche Bestzeit oder der Kampf ums reine Überleben: Die Konfettikanone verschießt biologisch abbaubare Munition und egal ob eigene Crew oder nicht, alle werden voller Inbrunst angefeuert.

Wir machen jetzt ’ne halbe Stunde Sport, haben danach noch ein paar Bier und feiern einfach! – René

„Klar darf man sich bei einem Event auch mal selber feiern. Wenn Fotograf Carsten Beier dabei ist und alle danach ein paar coole Bilder von sich haben, kommen alle auch gerne wieder.“ – René

Was 2019 als Pilotprojekt begonnen hat, wird 2021 zum weltweiten Event. Seinen Zauber soll das SquadRace trotzdem beibehalten und die Rahmenbedingung scheinen vielversprechend. Mit kostenloser Teilnahme, massig Stimmung und angepinnter Startnummer können wirklich alle echtes Renn-Feeling erleben und – für Jan und René besonders wichtig – einfach Mensch sein und eine gute Zeit haben.

Alle, denen traditionelles Vereinsleben nicht gerade zeitgemäß erscheint, finden in einer Crew wie den PACE KILLERS zwanglos Inspiration und Gleichgesinnte. Mit flexiblen Angeboten, viel Style und schier endloser Leichtigkeit steht sie für die neue Interpretation eines uralten Sports. Spaß und Toleranz inklusive! Vom Greenhorn bis zum Profi können sich alle nach eigenem Gusto ausleben, von der Community profitieren und sich dabei auch ziemlich cool fühlen. Also sucht schnell eure alten Hallentreter!

Mehr zu den PACE KILLERS erfahrt ihr auf running-culture.de und auf ihrem Instagram-Profil.

Words: Ben Topf Photos: Carsten Beier