Günstig und aus der Schweiz – diese Kombination tritt nicht oft zusammen auf, schon gar nicht im Fahrrad-Universum. Das EGO Movement Skarabäus Flex bietet Swiss Engineering, technische Raffinessen auf Höhe der Zeit und das alles in einem schmucken Gesamtpaket. Wo ist das Haar in der Suppe?
Der Skarabäus: ein göttliches Tier und zugleich Glücksbringer, jedenfalls in der ägyptischen Mythologie. Ob er deshalb der Namensgeber für das neue urbane E-Bike der Marke EGO Movement ist? Der Grund ist wohl eher, dass das E-Bike die Farbgebung des Käfers übernommen hat. Ein wenig Glück kann aber natürlich auch nicht schaden. In jedem Fall will das Skarabäus Flex mit moderner Formsprache und aktuellen technischen Features überzeugen. Das IoT-Modul mit GPS, Bluetooth und 4G-Funkverbindung, der BAFANG-Hinterrad-Nabenmotor, der 350 Wh große Akku und nicht zuletzt Schweizer Präzision sollen dieses City-Bike mit extra Schub auszeichnen und das alles mit 2.499 € zu einem ziemlich erschwinglichen Preis. Welchen Effekt hat ein günstiger Preis auf das Gütesiegel Swiss Engineering bei einem E-Bike und wie kommt er zustande?
EGO Movement Skarabäus Flex
2.499 €
Ausstattung
Motor BAFANG H600 LG 30 Nm
Akku LG Cells 350 Wh
Display Bafang DP E.160C
Fork Rigid
Bremsen Logan 160/160mm
Schaltung LTWOO 1x10
Reifen Kenda 700x42c
Technische Daten
Größe S/M L
Gewicht 18.5
Tuning Tipps: Ergo-Griffe mit Handballenablage | komfortabler Sattel | bessere Bremsen, wenn die Handkraft begrenzt ist
Schick, dynamisch und trotzdem günstig – Was macht das EGO Movement Skarabäus Flex besonders?
Ganz schön schick! Und modern urban! Das äußere Erscheinungsbild des EGO Movement Skarabäus Flex weiß zu überzeugen, jedenfalls von weitem. Der dunkelblaue Metallic-Lack funkelt auf dem Rahmen und der Gabel aus Aluminium. Zwei Varianten bietet EGO Movement an: die Variante Flex mit tief heruntergezogenem Unterrohr für den einfachen Aufstieg und die Variante Flow mit klassischem Diamantrahmen. Dazu gibt es noch ein paar Gewindeösen für Taschen, Schloss und Ähnliches. Die Schweizer Marke zieht das Design der aufeinander abgestimmten Brauntöne konsequent durch: Sattel, Reifen und Griffe sind in der gleichen Farbgebung, was ein gutes Auge fürs Detail beweist und dem gesamten E-Bike einen gewissen Retrotouch verleiht. Bei genauerer Betrachtung kann der Hochglanz-Eindruck allerdings nicht ganz aufrechterhalten werden. Einige No-Name-Parts bzw. Teile von wenig bekannten Asia-Herstellern mischen sich mit Mittelklasse-Parts. So kommen Antrieb, Bremsen, Sattel und Lenker ohne Branding. Immerhin finden sich bei den verbauten Teilen mit BAFANG-Hinterradmotor, Busch + Müller-Rücklicht, Curana-Schutzblechen und Kenda-Reifen auch ein paar namhafte Hersteller. Der Rahmen macht dafür grundsätzlich einen guten Eindruck, auch wenn die Schweißnähte ganz schön grobschlächtig ausfallen und sich nicht verstecken können. Auch die verlegten Kabel wirken eher halbherzig integriert. Die Silhouette ist dennoch – und trotz des Akkus im Rahmen – eher schmal, die Motorunterstützung wird damit ebenfalls erst auf den zweiten Blick deutlich. Für so ein schlankes City-Bike liegt das Gewicht mit 19,8 kg eher auf der schwereren Seite.
Das integrierte IoT-Modul ist ein Highlight am EGO Movement Skarabäus Flex. Es bietet viele hilfreiche Funktionen wie GPS-Tracking und AXA-Speichenschlossverriegelung ohne Schlüssel. Die zugehörige App „EGO Movement – Electric bikes“, mit der alle Funktionen sowie Fahrdaten-Tracking genutzt werden können, gibt es gratis dazu. Die Schweizer haben sich für den 30 Nm starken BAFANG H600-Nabenmotor im Hinterrad entschieden. Kurzer Disclaimer: Nm-Angaben für Hinterrad-Nabenmotoren sind nicht 1:1 mit Mittelmotoren vergleichbar, aber 30 Nm reichen für die meisten urbanen Anwendungsfälle. Generell ist das allerdings nicht super viel Kraft. Am zugehörigen BAFANG DP E160.C-Display können die 5 Unterstützungsstufen geschaltet, das Licht bedient, die Schiebehilfe aktiviert, der Akkustand abgelesen sowie der Motor ein- und ausgeschaltet werden. EGO Movement gibt für den 350 Wh starken Akku eine Reichweite von 100 km an. In der Realität sollte es deutlich weniger werden, je nach Steigung, Systemgewicht, Unterstützungsstufe etc. Eine Akkuladung dürfte in den meisten Fällen reichen, um zwei Tage lang alle Wege in der Stadt zurücklegen zu können, vor allem da das E-Bike gut rollt und es dank der starken Eigenleistung zum Reintreten animiert.
Swiss-Made-Anspruch mit einem großen Aber– Was kann das EGO Movement Skarabäus Flex wirklich?
Das EGO Movement Skarabäus Flex sieht nicht nur sportlich aus, es fühlt sich auch genauso an. Die Sitzposition ist frontlastig und dynamisch, was den Druck auf die Handballen erhöht. Die Griffe sind dafür leider nicht sonderlich gut geeignet, hier wären ergonomische Griffe deutlich angenehmer. Der BAFANG-Hinterradmotor verrichtet seine Arbeit zuverlässig und fast lautlos. Im Stadtgetümmel hört man ihn eigentlich nie. Er bietet einen unaufdringlichen Support und entfaltet seine Kraft geschmeidig. Sowohl das Fade-in beim Anfahren als auch das Fade-out bei Geschwindigkeiten über 25 km/h sind nur minimal spürbar. Das ergibt einen entspannten Rückenwind statt eines dicken Schubsers. Anstelle auf eine Connectivity-Lösung von BAFANG zu setzen, hat sich EGO Movement für eine eigene App entschieden. Die Verbindung zum Smartphone geht schnell, bricht aber von Zeit zu Zeit ab. In der App lässt sich hinsichtlich Motorleistung nichts einstellen, was nicht auch über den Remote-Controller gehen würde. Zusätzlich lassen sich aber sehr viele Fahrdaten zum E-Bike ablesen, das AXA-Speichenschloss lässt sich so zudem schließen und öffnen. Weiterhin zeigt das IoT-Modul auf einer Karte an, wo das EGO Movement Skarabäus Flex zuletzt verbunden war. Die Smartphone-Halterung von SP Connect auf dem Vorbau ist praktisch und mit speziellen Handyhüllen für verschiedene Smartphone-Modelle nutzbar.
Alle Anbauteile ohne Branding tragen zum cleanen Gesamtbild des Bikes bei. Leider schlagen sich die No-Name-Parts in Sachen Performance den Vorurteilen entsprechend. Sie fühlen sich trotz Lederoptik künstlich und unergonomisch an, eine Aussage über die Haltbarkeit fällt schwer. Sowohl Sattel, Griffe als auch der Rahmen fühlen sich zudem relativ hart an, was den Komfortfaktor drückt. Wünschenswert wäre hier eine High-Brand-Ausstattung mit Zurückhaltung, um dem Swiss-Made-Anspruch gerecht zu werden. Das Handling lässt sich als direkt, aber nicht nervös bezeichnen. Auf gut geteerten Straßen und langen Geraden läuft das E-City-Bike somit sehr gut. Kippelig wird es nur bei sehr langsamen Geschwindigkeiten. Beim Thema Fahrsicherheit fallen die Bremsen negativ auf. Sie bringen gerade noch ausreichende Bremsleistung im normalen Stadtverkehr. Sobald aber der Wocheneinkauf am Fahrrad hängt, ist die Bremsleistung nicht mehr ausreichend. Das Vorderlicht ist sauber integriert, aber relativ klein und der Abstrahlwinkel schmal. Gesehen wird man damit, viel sehen außerhalb der Stadtbeleuchtung kann man allerdings nicht. Dafür bringt der reflektierende Streifen am Unterrohr mehr Sichtbarkeit bei dunklen Verhältnissen. Eine angemessene Wahl für urbane Anwendungsfälle sind die Kenda-Reifen. Das leichte Profil hilft bei Regen und Abstechern in den Stadtpark jedoch nicht, den Grip zu behalten.
Für wen ist das EGO Movement Skarabäus Flex?
Wenn der Alltagsnutzen im Vordergrund steht, ist das EGO Movement Skarabäus Flex durch Gepäckträger, Schutzbleche und Connectivity eine Überlegung wert. Es eignet sich für alle, die ein nicht zu protziges Bike wollen, das stilsicher aussieht. Es verknüpft im Wesentlichen Nützlichkeit mit urbanem Style, dafür fehlt es an Komfort. Großstädter mit kurzen Wegen, die aus Einfachheit gern auf High-End-Parts verzichten können, matchen mit diesem E-Bike. Auch wer nicht immer Rücksicht auf das Fahrrad und die Teile nehmen will, weil es eben ein Gebrauchsgegenstand und kein Kunstobjekt ist, kann zuschlagen.
Für einen Kaufpreis von rund 2.500 € muss man beim EGO Movement Skarabäus Flex für das Label Swiss Engineering Qualitätsabstriche machen. Es ist damit sicher kein Preis-Leistungs-Wunder, bietet aber einige clevere Features. Die Low-Budget-Parts und das niedrige Komfort-Level beschränken das Einsatzgebiet auf eine junge urbane Zielgruppe, die weniger Wert auf Premium-Parts legt. Dem Schweizer Streben nach Perfektion kann das City-Bike damit nicht ganz gerecht werden, auch wenn es gute Ansätze liefert.
Tops
- schickes urbanes Design
- unauffälliger Hinterradmotor mit angenehmer Unterstützung
- praktische Alltagsfeatures wie Schutzbleche, Lichtanlage und Schloss
Flops
- viele No-Name-Parts mit schlechter Performance
- eingeschränkter Komfort
Mehr Informationen findet ihr unter egomovement.de.
Words: Martin Staffa Photos: Martin Staffa