Bye, Igluzelt auf nasskalter Wiese! Ciao, eingeschränkte Mobilität im Dachzelt-Urlaub! Hat Thule mit dem Outset, einem 4.000 € teuren Modell für die Anhängerkupplung, die perfekte Symbiose aus Dach- und Campingzelt entwickelt? Welche Vorteile bietet diese Variante, wieso haben wir es auf unseren legendären Roadtrip mitgenommen und wo hadern wir noch? Lest rein, es ist spannend!

Wir haben die spannendsten 12 ½ Dachzelte im direkten Vergleich getestet und dafür 20 Dachzelt-Newbies und -Experten, 2 Kleinkinder, 2 Hunde und 1 Riesenteddy auf einen legendären Roadtrip mitgenommen – hier geht’s zur Kaufberatung und zum Überblick über alle von uns getesteten Dachzelte.

Was hat ein Faltzelt für die Anhängerkupplung in einem Dachzelt-Vergleichstest verloren? Auf den ersten Blick vielleicht nicht so viel. Aber: Selbst wenn es kein Dachzelt ist, sollten wir dem Thule Outset genauso viel Aufmerksamkeit widmen. Zum einen vermeidet man auch mit diesem Modell den Transport eines großen Zeltes im Kofferraum und schafft dadurch Platz fürs Gepäck. Interessant ist es aber vor allem deswegen, weil es dank der Befestigung an der Anhängerkupplung eine echte Alternative bietet und einigen großen Dachzelt-Kritikpunkten den Wind aus der Zeltplane nimmt:

  • Die teils nervige und kräftezehrende Montage,
  • aufwändige Turnmanöver auf dem Autodach,
  • Leiterklettern,
  • den erhöhten Luftwiderstand auf dem Dach (blöd v. a. bei E-Autos).

Natürlich thront man mit Thule Outset nicht über den (Auto-)Dächern, dennoch versucht das Faltzelt einige Vorteile des Dachzelts zu übernehmen. Mehr dazu unten. Somit zählen wir es als „halbes“ Dachzelt und addieren es einfach zur Summe der 12 Dachzelte im Testfeld. Das Interesse der Outdoor-Community an Thules neuem Campingprodukt für die Anhängerkupplung steigt jedenfalls: Immerhin etwa tausendmal pro Monat wird das Thule Outset in den Suchmaschinen nachgefragt. Aber 4.000 € sind ein ordentlicher Batzen für ein Zelt auf Stelzen. Sind die Unterschiede zum Zelt am Boden groß genug, um den Preis zu rechtfertigen?

Thule Outset | 70 kg | 3.999,95 € | Hersteller-Website

Thule Outset

€3.999,95

Technische Daten

Typ Faltzelt für die Anhängerkupplung
Personen 2 Erwachsene, 1 Kind
Gewicht 70 kg
Abmessungen (geöffnet und vom Boden aus gemessen)
264 x 144 x 178 cm
Abmessungen (geschlossen)
144 x 74 x 90
Innenraumhöhe max. 115 cm

Matratze

Liegefläche 225 x 134 cm
Dicke 7 cm
Material Keine Herstellerangabe
Bezug abnehmbar und waschbar

Thule Outset

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Serienausstattung

Abnehmbares Regenverdeck mit Spannstangen.
Schloss zum Festschließen des Zelts an Anhängerkupplung oder zum Abschließen bei allein stehendem Zelt.

Empfohlenes optionales Zubehör

Spannbettlaken für 3 Personen 59,95 €

Vorbereitung und Montage des Thule Outset aufs Fahrzeug

Bei der Montage punktet das Thule Outset gewaltig: Zunächst ist kaum eine Vormontage nötig; das Zelt wird wie ein Trolley von der Palette zur Anhängerkupplung gerollt und angedockt. Montiert werden muss dann bloß das Nummernschild. Die Vorrichtung dazu ist schon an der Rückseite des Zeltkoffers angebracht und fast das Fummeligste am ganzen Aufbau.

Braucht man bei Dachzelten dann mindestens zwei Leute zur Montage aufs Autodach – bei Alu-Hardtop-Zelten wie dem Intrepid GEO 3.0 oder der Alu-Kraftkiste von Naturbummler oftmals sogar 4 wirklich starke Menschen – geht die Befestigung des Thule Outset am Auto viel einfacher und ist um gefühlte Lichtjahre schneller: Zeltanhänger in Kupplung hängen – fertig. Und das allein! Kein Kraftaufwand, kein Hilferuf im Freundeskreis nötig. Kontra-Argument: Das gemeinsam genossene Kaltgetränk, das traditionell auf die Montage eines Dachzelts folgt, fällt damit allerdings auch weg 😉 Och mann . . .

In Sekundenschnelle ist das Thule Outset an der Anhängerkupplung befestigt und das Zelt ready für Kurztrip und Urlaubsreise. Praktisch: Für Reisestopps gibt es einen einfachen Mechanismus, mit dem das Zelt nach hinten geklappt wird, wenn man an den Kofferraum will.
Wer in unebenem Gelände unterwegs ist, kann das Thule Outset beim Aufbau leichter durch die höhenverstellbaren Füße nivellieren als ein Auto mit Dachzelt durch Auffahrkeile.
Finde das Outset! Tipp: Es eignet sich durch die Montage am Heck bestens für E-Autos wie den VW ID. Buzz

Auf- und Abbau des Thule Outsets für die Anhängerkupplung

Wie bei der Montage lässt sich das Thule Outset gut alleine auf- und abbauen. Um wieder den Vergleich zum Dachzelt zu ziehen: Besonders auf hohen Fahrzeugen ist der Auf- und Abbau ja teilweise umständlich, weil man sich viel auf dem Autodach bewegen muss. Das Herumturnen in großen Höhen fällt beim Outset dagegen weg und die Handgriffe werden die ganze Zeit bequem auf Knie- bzw. Hüfthöhe getätigt. Trotzdem ist nicht zu verschweigen, dass man den superschnellen, einfachen Aufbau eines Hartschalen-Dachzelts, wie etwa denen von Vickywood, Naturbummler oder Intrepid, beim Outset nicht erwarten darf. Man muss sich schlau machen, wie es funktioniert, denn der Aufbau umfasst viele einzelne Schritte und ist nicht gerade intuitiv: Wie positioniert man zum Beispiel die Stützfüße und Querstützen?

So … wie geht das jetzt noch gleich?

Der Aufbau dauert je nach Routine etwa 5–10 Minuten samt Einhaken der beiden Außenstangen, mit denen das Überzelt über das Fenster an der Rückseite gespannt wird. Beim Abbau sind Logik und räumliches Vorstellungsvermögen stärker gefordert als bei den allermeisten Dachzelten. Da muss erstmal geübt werden, wie und in welche Richtung das Zeltgestänge eingeklappt werden muss. Der letzte Abbauschritt, das Verstauen des Zelts in der Reiseabdeckung, kann dann Nerven kosten: Weil der Stoff des Überzugs wenig nachgibt, ist es nicht leicht, ihn über alle Ecken zu bekommen. Das ist ein ziemliches Gezerre.

Die Routine kommt mit jedem weiteren Aufbau, am Ende bekommt man es gut in 5 Minuten hin. Und das allein!
Knappe Kiste: Durch das enge Reisecover wird das Schließen des Reißverschlusses zur Challenge – mit oder ohne Taschenlampe.

Das Thule Outset im Einsatz

Dachzelt-Fans müssen zugeben: Das Outset hat einige Vorteile im Vergleich zum Dachzelt. Angefangen bei seiner niedrigen Einstiegshöhe, die gleich auf mehrfache Weise praktisch ist: Es besteht zum einen keine Sturzgefahr für Kinder, die sich im Zelt aufhalten. Oder für Nachteulen, die (zu) viel gefeiert haben. Wer zum anderen in seiner Bewegung eingeschränkt ist und keine Leitern klettern kann, ist mit dem Outset ebenfalls gut bedient. Und: Die Zeltkante hat eine ideale Sitzhöhe. Seinen Kaffee kann man morgens also noch halb im Zelt und halb außerhalb genießen, genauso wie den Schlummertrunk.

Egal, ob Äppelwoi, …
… Kaffee oder Mittagssnack: Die niedrige Einstiegshöhe macht das Zelt für Ines auch mal zum Campingstuhl-Ersatz.

Aber: Das Sicherheitsgefühl eines Dachzelts wird beim Thule Outset durch eben diese niedrige Einstiegshöhe nicht erreicht. Gerade weibliche, alleinreisende Outdoorfans schätzen oft die Höhe eines Dachzelts – am besten, wenn es eine Leiter hat, die man abnehmen und im Zelt lagern kann wie beim Arcta Vento, der Alu-Kraftkiste von Naturbummler oder dem Vickywood Cumaru – da diese eher vor ungewolltem nächtlichen Besuch schützt als ein Zelt auf dem Boden oder in Kniehöhe. Ein weiterer Abstrich, den man beim Outset durch die niedrige Höhe machen muss: Das besondere Erlebnis, mit oftmals grandioser Aussicht über den Dingen zu thronen und sich fast schon als Teil der Natur zu fühlen, fällt leider weg.

Dennoch hat das Zelt für die Anhängerkupplung noch einen zentralen Vorteil gegenüber der schwebenden Konkurrenz von oben: Die maximale Flexibilität in der Urlaubsgestaltung. Ist ein Dachzelt nämlich aufgebaut, ist das Automobil nicht mehr mobil: Man muss das Dachzelt erst wieder zusammenklappen, um seine Brötchen am Morgen holen zu fahren oder den Tagesausflug mit dem Auto zu machen. Das Thule Outset wird dagegen einfach von der Anhängerkupplung abgekoppelt und los gehts.

Ein Bett im Kornfeld … äh auf der Wiese … ist eine trockene kleine Insel bei Regengüssen, die auch den Schlamm außen vor lässt. Schuhe müssen dann aber in die Plastiktüte gepackt werden.

Jetzt aber zur konkreten Nutzung am Urlaubsort: Wie macht sich der Sonderling, das Thule Outset, in unserem Vergleichstest am Tag und in der Nacht? Wir haben festgestellt: Sich im Zelt aufzuhalten, aufrecht zu sitzen und sich umzuziehen geht dank 115 cm Innenraumhöhe problemlos. Auch für die Organisation der Habseligkeiten gibt es gute Lösungen: Großflächige Mesh-Taschen an den Zeltwänden können zum Trocknen von Wäsche oder zur Aufbewahrung des persönlichen Krams genutzt werden. Die Reißverschlüsse laufen gut und sind, wie der Rest des Materials und der Verarbeitung, sehr hochwertig.

In der Nacht erweist sich ein Detail beim Outset als äußerst praktisch: Wer mal raus muss, kann die Seitenausgänge nutzen, ohne über die Schlafenden klettern zu müssen. Danach geht es wieder auf die von der Mehrheit der Testenden als bequem empfundene Matratze. Schließt man die Moskito- und Sichtschutzfenster komplett, ist es rabenschwarz im Zelt. Nordeuropa, here we come! Was kümmert uns die vierundzwanzigstündige Helligkeit?

Polarlichter gibts nicht nur in Skandinavien, sondern auch an der Isar zu sehen.
Die volle Sicht darauf hat man aber nur außerhalb des Thule Outset, das leider nicht mit einem Blick in den Himmel punkten kann.[/caption]

Die Feststellung am Morgen: Es ist keine Feuchtigkeit im Zelt! Das gab es bei den wenigsten Zelten im Test und könnte mit dem Temperaturunterschied von innen und außen zusammenhängen, der bei einem Zelt, das näher am Boden ist, geringer ausfällt als bei einem Dachzelt. Sogar ohne Anti-Kondensationsmatte unter der Matratze war alles trocken. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich die passende für 159,95 € noch dazukaufen. Nicht nur im, sondern auch unterm Zelt bleibt es nachts trocken: Solange man nicht in einem Fluss steht oder es in Strömen regnet, können Schuhe oder zusammengefaltete Campingstühle dann einfach darunter verstaut werden. Auch ein Vorteil zum Dachzelt. Für Matsch und Regen bietet Thule aber keine Lösung wie etwa eine Schuhtasche.

Für wen und welches Auto passt das Thule Outset?

Das Thule Outset für die Anhängerkupplung ist zunächst einmal für alle, die das beste aus zwei Welten wollen: Den Schutz vor Krabbeltieren oder nächtlichen Sturzbächen im Zelt, den auch das Dachzelt bietet, sowie die vollständige Unabhängigkeit vom Auto wie beim klassischen Bodenzelt. Darüber hinaus ist das Thule Outset für 2 (+½) Camping-Fans geeignet, die – obviously – ein Fahrzeug mit Anhängerkupplung besitzen und die den Platz auf dem Dach lieber für Bikes oder anderes Equipment als zum Schlafen nutzen wollen. Oder aber für ein weiteres Zelt auf dem Dach, wenn der Platz im Outset für Eltern und Kids zu eng wird. Besonders attraktiv ist das Thule Outset außerdem für alle, die in der Bewegung eingeschränkt sind und keine Leitern klettern wollen oder können.

Alle, die über ein kleineres Budget verfügen, werden jedoch über den Preis von 3.999,95 € stolpern und sich nach Alternativen umsehen, die ebenfalls einen bequemen kniehohen Einstieg bieten. Und hier werden sie im Netz durchaus fündig: Wenn der Transport an der Anhängerkupplung kein Must-have ist, hat man eine ordentliche Auswahl an Zelten auf Stelzen, von superbillig bis 1.000 € plus. Das gibt zu denken.

Zwischen dem ID. Buzz und dem Thule Outset funkt es gewaltig. Den müden Camper interessiert am frühen Morgen aber vor allem die Wärme der Flammen …
Ins Zelt für die Anhängerkupplung passt eine kleine Familie. Platz für den Teddy ist dann aber nicht mehr.

Für diejenigen, die ihre Bikes mit in den Urlaub nehmen wollen, ist das Thule Outset offenkundig nicht die richtige Wahl, zumindest wenn diese auf dem Heckträger transportiert werden sollen – der Platz ist jetzt ja anderweitig besetzt.

Für E-Autos bietet sich das Outset dagegen auf jeden Fall dann an, wenn man Angst um eine geschrumpfte Reichweite mit Dachzelt hat. Auf unserem Dachzelt-Roadtrip war die Kombi ID. Buzz und Thule Outset jedenfalls ein ziemlich gutes Match. Interessanterweise hat der Roadtrip aber auch gezeigt, dass sich der Mehrverbrauch mit Dachzelt durch die angepasste Fahrweise egalisiert – da stellt man sich nämlich automatisch auf die neue Situation ein und drückt weniger auf die Tube. Wer aber mit dem Outset auf der Anhängerkupplung genauso gemütlich fährt wie mit Zelt on the top, hat hinsichtlich des Energieverbrauchs eine bessere Alternative zum Dachzelt.

Kleiner Sidetrack: Wer sich gerne heimlich mit seinem Auto in die Prärie stellt, sollte sich die Anschaffung des Thule Outset gut überlegen. In einer rechtlichen Grauzone befindet man sich nämlich bereits dann, wenn man sein Dachzelt auf nicht ausgewiesenen Campingzonen ausklappt. Mit einem Zelt auf der Anhängerkupplung ist es da sicher noch weitaus schwieriger, einer Strafe durch Park-Ranger zu entgehen.

Das Fazit zum Thule Outset

Wir sind hin- und hergerissen. Am zwölfeinhalbsten „Dachzelt“ im Test gibt es nicht viel auszusetzen: Es bietet die gewohnte Thule-Qualität, ist super, wenn man nichts aufs Autodach montieren und seinen Kofferraum anderweitig beladen will. Auch top: Wir können das Auto dank freistehendem Zelt jederzeit nutzen. Am Ende geraten wir dennoch ins Grübeln. Das knapp 4.000 € teure Thule Outset ist eben ein Zelt auf Stelzen – und ohne die Spezialfunktion des Hecktransports gibt es das im Billigsegment bereits ab 200 €.

Tops

  • Möglichkeit, das Zelt abzukoppeln und frei stehen zu lassen
  • Kinderleichte Fahrzeugmontage im Vergleich zu Dachzelten
  • Einstieg auf Kniehöhe
  • Hochwertige Verarbeitung

Flops

  • Nicht ganz idiotensicherer und nicht ganz einfacher Auf- und Abbau
  • geringeres Sicherheitsgefühl als im Dachzelt
  • rechtlich komplizierte Lage beim freien Stehen
  • fehlende Schuhtasche oder eine Möglichkeit, die Schuhe nachts zu verstauen

Mehr Infos gibts unter thule.com


Das Testfeld

Hier gehts zum großen Vergleichstest – 12 ½ Dachzelte fürs Auto im Dachzelt Test

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Words: Felicia Nastal, Julian Schwede Photos: Mike Hunger, Robin Schmitt