Riese & Müller schickt ihr kompaktestes Lastenrad, das Multitinker, in den Test. Multi steht bekanntlich für die Vielseitigkeit und das Wort „Tinker” will übersetzt so viel wie „einstellen” heißen. Hat der Hersteller also ein vielseitig einstellbares Cargobike für jeden Lastenrad-Fan entwickelt? Wir haben es getestet.

Riese & Müller Multitinker Vario | Bosch Performance Line CX/625 Wh | 80/- mm (v/h)
41,18 kg in Größe One Size | 6.769 € | Hersteller-Website

Riese & Müller schickt neben ihrem Offroad-Cargobike Packster2 70 Touring das kleinere und kompaktere Multitinker in den Lastenrad Test. Das Multitinker Vario ist eine Mischung aus dem im Portfolio bestehenden Bikes Tinker und Multicharger und soll die beiden Modelle nicht nur im Namen, sondern auch in Sachen Fahrcharakteristik vereinen. Das Multitinker übernimmt vom Multicharger das lange Heck und vom Tinker die kleinen 20”-Reifen. Dadurch soll ein superkompaktes Long Tail mit niedrigem Schwerpunkt ermöglicht werden. Der für Riese & Müller typisch umfangreiche Konfigurator lässt das Bike auf die persönlichen Vorlieben abstimmen und auch eine Modellwahl mit Shimano-Kettenschaltung oder stufenloser Enviolo-Nabenschaltung ist möglich. Das Multitinker ist in der Basisausstattung ab 6.199 € zu haben und wurde von uns mit 569,50 € teuren Zusätzen im Konfigurator bestückt, die den Gesamtpreis auf 6.768,50 € erhöhen. Damit liegt es nur knapp 400 € über dem 6.536 € teuren Durchschnittspreis der Cargo-Bikes in unserem Lastenrad Test. Auf der Waage bringt das Multitinker die Nadel bei 41,18 kg zum Stehen und liegt damit unter dem Durchschnittsgewicht im Lastenrad Test von 47,4 kg. Bei dem zulässigen Gesamtgewicht von 200 kg bleiben am Multitinker also noch knapp 160 kg für Fahrer und Zuladung übrig.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Cargo-Bike – Die 12 heißesten Bikes im großen Vergleichstest.

Klein, clever, Multitinker – Was macht das Riese & Müller Multitinker im Lastenrad Test besonders?

Wirklich? Ein Cargo-Bike? Das Multitinker wirkt auf den ersten Blick zu klein, um wirklich große Transportaufgaben übernehmen zu können. Die kompakte Bauweise lässt den Tiefeinsteiger aber charmant wirken und versprüht ein Hop-on-Hop-off-Feeling. Das typische Kompaktbike-Design mit tiefem Einstieg weist einen aufgeräumten Hinterbau auf, der bei genauerem Hinsehen clever jeden Raum nutzt.

Getäuscht! Hier wird also aufgeladen! Anders als beim Long John spielt beim Long Tail, wie der Name schon sagt, die Musik auf der Rückbank und auf der ist am Multitinker Vario ordentlich Platz. Die große Sitzbank mit Fußrasten am Heck trägt locker zwei Kinder, die das erlaubte Gewicht von 65 kg aber nicht überschreiten sollten. Riese & Müller gibt dafür eine Altersempfehlung von sieben bis neun Jahren an. Der verbaute Speichenschutz sichert das Hinterrad vor zappelnden Beinen. Die im Konfigurator für 69,90 € erhältlichen Sitzpolster und Kindergriffe bieten den Kiddies auf der Rückbank eine Möglichkeit, sich während der Fahrt festzuhalten und bequem zu sitzen. Zwei Transporttaschen (249,90 €) mit 42 l Volumen pro Tasche haben wir im Konfigurator zusätzlich ausgewählt, die mit kleinen Einkäufen beladen und genutzt werden können, auch während die Kids auf der Rückbank sitzen.
Will man vom Getränkemarkt zwei Sprudelkisten mitnehmen, muss man entweder die Kiddies daheim lassen und die Kisten gut verzurrt auf der Rückbank platzieren oder man legt die Flaschen einzeln in die großen Taschen. Eine ganze Sprudelkiste passt aber nicht hinein. Alternativ bietet der ab Werk verbaute Frontgepäckträger noch Platz für kleine Gegenstände. Mehr als 8 kg dürfen auf diesen aber nicht aufgeladen werden. Der Raum im Hinterbau wurde clever ausgenutzt, denn ein kleines Handschuhfach, ähnlich wie am Specialized Porto, ist hier geschickt versteckt. Riese & Müller schützt das auch gleich vor Langfingern und sichert das kleine Fach mit einem Zahlenschloss.

Der Raum am Hinterbau des Multitinkers wurde clever genutzt und sogar ein absperrbares Handschuhfach findet zwischen Hinterrad und Sitzrohr Platz.
Mit nur wenigen Handgriffen lässt sich der Lenker nicht nur in seiner Höhe, sondern auch in seinem Winkel verstellen.
Wer seine Kids auf dem Multitinker sicher mitnehmen will, sollte das Passagier-Kit für 69,90 € mit Kindergriffen und Sitzpolstern nachrüsten.

Das Größenkonzept am Multitinker geht dank der vielen Verstellmöglichkeiten, wie höhen- und winkelverstellbaren Lenker, gut auf. So kann das Bike von der ganzen Familie genutzt werden. Alle Einstellungen sind am Multitinker Vario werkzeuglos vornehmbar, nur beim Verstellen der Kindergriffe an der Sattelstütze muss zum Werkzeug gegriffen werden. Die justierbare Sattelstütze lässt sich auch gut an kleine Fahrer anpassen. Dadurch sollen Fahrer von 1,50 m bis 2,00 m auf dem Multitinker Platz finden. Eine hydraulische Sattelstütze gibt es leider nicht. Die würde, weil man leichter mit den Füßen auf den Boden kommt, aber im Stop-and-Go-Verkehr am Bike positiv auffallen, ist aber leider mit den Kindergriffen nicht kompatibel.

Das Akku-Konzept ist zwar nicht ganz so flexibel wie bei anderen Bikes, dafür lässt sich der Bosch PowerTube-Akku leicht aus dem Unterrohr entnehmen.
Die größten Lasten werden am Multitinker Vario auf dem Heck transportiert, das im Konfigurator mit zusätzlichen Transportlösungen ausgestattet werden kann.

Das Akkukonzept mit dem integrierten 625 Wh großem Bosch PowerTube ist nicht so flexibel wie das Dual-Akku Konzept am Moustache Lundi. Dafür lässt sich der Akku aber leicht nach oben aus dem Unterrohr ausbauen. Bei hoher Zuladung und längeren Touren sollte man aufgrund der Akkugröße aber dennoch öfters den Blick auf das Display werfen oder im sparsamen Eco-Modus unterwegs sein. Der verbaute Bosch Performance Line CX-Motor ist im Vergleich zum Bosch Cargo Line im Packster2 70 Touring zumindest technisch sehr ähnlich. Beide unterstützen mit 85 Nm, nur hat der CX-Motor keinen Cargo-Modus. Der Cargo Line-Motor liefert 400 % Unterstützung, während man beim CX mit 340 % unterstützt wird. Trotzdem haben wir in Sachen Motorunterstützung am Multitinker nichts vermisst. Interessiert ihr euch für weitere technische Details der aktuellen Motoren, dann ist unser großer Motorenvergleichstest bestimmt das Richtige für euch. Das Bosch Smart System bietet gewohnt clevere Features, wie die zur Diebstahlsicherung integrierte eBike Lock-Funktion oder das rudimentäre Navigationssystem. Der im Konfigurator erhältliche RX-Chip schützt das Multitinker durch die Ortungsfunktion mit integriertem Bewegungsalarm zusätzlich vor Langfingern und hebt das Service- und Connectivity-Paket auf ein hohes Level. Das Multitinker kommt ab Werk in einer soliden Alltagsausstattung und bei unserem Testrad mit Riemen und Nabenschaltung statt Kettenschaltung fallen nervige Serviceaktionen flach.

Riese & Müller Multitinker Vario

6.768 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch Powertube 625 625 Wh
Display Bosch Kiox 300
Fork Suntour Mobie 34 CGO Boost 80 mm
Sattelstütze JD/Riese & Müller Alu
Bremsen MAGURA MT5/Magura MT4 180/203 mm
Schaltung Enviolo Heavy Duty 380 %
Lenker Satori Horizon 620 mm
Laufradsatz Mach1 Trucky30 20"
Reifen Schwalbe Super Moto-X 62-406; Schwalbe 20" Smart Sam Plus 60-406 ECE-R75* 2,4"

Technische Daten

Größe One Size
Gewicht 41,18 kg
Zul. Gesamtgewicht (zGG) 200 kg
Max. Zuladung (Fahrer) 158 kg
Ständeraufnahme ja

Besonderheiten

ABUS-Rahmenschloss
verstellbarer Vorbau
Abschließbares Staufach im Rahmen

Tuning-Tipp: Parallelogramm-Sattelstütze für mehr Komfort im Alltag

Das Riese & Müller Multitinker im Lastenrad Test – Der Frachtflitzer für alle Tage?

Durch die kompakte Länge von 1,87 m ist das Multitinker das kürzeste Long Tail und zweitkürzeste Bike im Lastenrad Test und lässt sich daher noch einfach neben dem Auto in der Garage abstellen. Will man das Bike beladen und auf den Ständer stellen, lässt es sich leicht aufbocken. Beladen und einfach das Gepäck oben auf die Rückbank draufpacken, ist beim Multitinker aber nicht drin. Hier müssen entweder im Shop die Seitentaschen nachgekauft werden oder man befestigt den Transport mit einer eigenen Lösung sicher. Hier bietet der Hersteller auch im Konfigurator weitere Zusätze für eine individuelle Transportlösung. Auch vorne muss entweder eine Tasche (99,90 € kompatibel mit Standard Gepäckträger) bzw. der extra große Cargo-Frontgepäckträger mit Straps (49,90 €) aus dem Shop nachgekauft oder eine eigene Befestigungsvariante überlegt werden.

Das Größenkonzept am Riese & Müller Multitinker Vario geht dank der vielen Verstellmöglichkeiten, wie höhen- und winkelverstellbaren Lenker, gut auf. So kann das Bike von der ganzen Familie genutzt werden.

I´m still standing! Yeah! Yeah! Yeah! – Wer das Multitinker in der Garage platzsparend verstauen will, kann das am besten aufgestellt auf dem Hinterrad oder wie üblich auf dem stabilen Zweibeinständer.
Durch die kompakte Größe des Lastenrads lässt sich das Multitinker auch durch enge Gassen oder auf den schmalen Pariser Fahrradwegen problemlos navigieren.

Besonders einfach ist das Aufsteigen auf den Tiefeinsteiger, das durch das niedrige Unterrohr erleichtert wird. Sitzt man auf dem Bike, nimmt man eine kompakte und aufrechte Position ein, die sich über die Verstellmöglichkeiten des winkel- und höhenverstellbaren Vorbaus schnell anpassen lässt. Das quirlige Multitinker hat auch beim Anfahren keine Startschwierigkeiten und man startet mit dem Cargo-Bike sicher in den Straßenverkehr. Das Multitinker hat nicht nur ein agiles Handling beim Slalom durch den vollen Wochenmarkt, sondern auch der tiefe Schwerpunkt vermittelt dem Fahrer viel Sicherheit. Das Lastenrad ist selbst von hoher Beladung unbeeindruckt und hält zuverlässig die Linie, die man mit dem Lenker vorgibt. Multitinker fahren ist also fast so einfach, wie normales Fahrrad fahren – außer man belädt die Rückbank weit nach oben, wodurch der Schwerpunkt weiter hoch wandert und man Fahrstabilität verliert. Der Bosch Performance Line CX-Motor macht das Bike zusätzlich spritzig und das Multitinker hatte bei unseren Ampelsprints gegen seine Long-Tail-Geschwister im Test die Nase vorne.

Das Multitinker Vario hat nicht nur ein agiles Handling beim Slalom durch den vollen Wochenmarkt, sondern auch der tiefe Schwerpunkt vermittelt dem Fahrer viel Sicherheit.

Durch die Federgabel an der Front ist der Komfort auf dem Multitinker besser als auf den ungefederten Long-Tail-Lastenrädern im Test. Unebenheiten werden solide abgefedert. Am Heck wird der Komfort aber etwas vermisst und die Beladung wird beim Überfahren von Bordsteinkanten stark durchgeschüttelt. Eine gefederte Sattelstütze wie am Moustache Lundi würde hier einiges zur Sache tun. Was in der Stadt noch für Agilität und ein intuitives Handling sorgt, nämlich kleine Reifen und ein direktes Lenkverhalten, sorgt bei Trekking-Touren auf schlecht befestigten Wegen für ein eher forderndes Handling und macht eine Fahrt auf Feldwegen zu einer eher ruppigen Angelegenheit. Auch die Bandbreite der Enviolo-Nabenschaltung ist für Überlandfahrten nicht geeignet, das wird spätestens im sehr hügeligen Terrain klar. Denn für steile Anstiege fehlt es dem Multitinker an einer einfachen Übersetzung und man muss mit viel Kraft in die Pedale treten.

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Für wen ist das Bike? Und für wen nicht?

Das Riese & Müller Multitinker richtet sich an Platzminimalisten, die viel transportieren wollen, aber nicht viel Platz in der Garage haben. Das Multitinker holt aber auch Pendler ab, die auf dem Weg zur Arbeit enge Schleichwege nutzen und ein möglichst natürliches Bike-Feeling haben wollen. Der Konfigurator lässt das Lastenrad an verschiedene Fahrertypen und unterschiedliche Transportaufgaben anpassen. Der Enviolo-Nabenschaltung fehlt es allerdings an Bandbreite, damit Trekking-Enthusiasten auch Touren mit vielen Höhenmetern bestreiten können.

Fazit zum Riese & Müller Multitinker Vario

So groß kann klein sein! Das kompakte Multitinker realisiert ein cleveres Transportkonzept auf kleinem Raum und vereint Fahreigenschaften, wie ein agiles Handling, ein hohes Sicherheitsgefühl sowie Fahrspaß. Auch das Größenkonzept geht gut auf und bietet vielen Fahrern im Handumdrehen komfortabel Platz. Das Lastenrad schafft es durch den Konfigurator, die Bedürfnisse von Pendlern und Transportern abzudecken, muss aber bei Fahrten über unbefestigte Wege in Sachen Trekking-Eigenschaften einpacken.

Tops

  • intuitives Handling und sicheres Fahrverhalten
  • wenig Platzbedarf
  • gutes Größenkonzept auch für kleine Fahrer
  • gutes Connectivity-Paket

Flops

  • zu geringe Bandbreite für Trekking-Einsatz
  • starre Sattelstütze schmälert den Sitzkomfort
  • unflexibles Akku-Konzept

Mehr Informationen findet ihr unter r-m.de


Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Cargo-Bike – Die 12 heißesten Bikes im großen Vergleichstest

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Words: Benedikt Schmidt Photos: Antonia Feder, Robin Schmitt