Die Fusion zweier Welten: Meta, der Tech-Gigant hinter Facebook, und Ray-Ban, der legendäre Brillenhersteller, bringen die ikonische Wayfarer ins smarte Zeitalter. Mit Kamera und Lautsprechern soll sie zeitlose Eleganz und neueste Technologie verbinden. Doch ist das die Zukunft der Smart Glasses – oder nur ein teures Spielzeug mit begrenztem Nutzen?
Die Smart-Sonnenbrille von Meta will kein klobiges Sci-Fi-Gadget sein, weshalb der Rahmen in einem der klassischen Ray-Ban Wayfarer-, Headliner- oder Skyler-Modelle daher kommt. Eine Brille, die Eleganz und Understatement verspricht – ganz im Stil des amerikanischen Brillenherstellers, der mittlerweile Teil der italienischen EssilorLuxottica Gruppe ist. Und doch steckt jede Menge Technik drin.
Mit integrierter Kamera und Lautsprechern in den Bügeln fühlt man sich ein wenig wie 007 – als hätte Q, der Quartiermeister, persönlich im Silicon Valley an der Technik mitgewirkt. Egal ob Fotos, Videos oder heimliches Belauschen des Geschehens im Livestream auf Instagram oder Facebook: Diese Brille macht’s möglich. Und mit der optionalen Transitions-Glas-Technologie bietet Ray-Ban für einen Aufpreis von 100 € neben vielen verschiedenen Gläsern auch noch photochrome als Option. Klingt nach einem Must-have für Influencer, Livestreamer – oder Investigativ-Reporter auf Undercover-Mission. Doch wie clever ist die smarte Wayfarer wirklich? Bleibt sie ein stylisches Gadget und setzt dabei technisch Maßstäbe? Function follows form – oder doch klobige Technikbrille?
Im Test: Was können die Ray-Ban Meta Smart Glasses?
Auf den ersten Blick sind die Ray-Ban Meta Smart Glasses vor allem eines: eine klassische Sonnenbrille mit dem typischen Wayfarer-Look. Erst bei genauerem Hinsehen fallen die technischen Gimmicks auf – eine Kamera im linken Brillenbügel, Lautsprecher, ein diskret in die Bügel integriertes Touchpad und Mikrofone, die überall in das Design der Brille integriert wurden. Technische Notwendigkeiten wie die Ladekontakte wurden unauffällig im Nasenbügel untergebracht, über die sich die Brille nach dem Einlegen ins Case laden lässt.
Der Akku-Stand lässt sich über den Knopf des Case ablesen, der beim Öffnen aufleuchtet. Trotz dieser technischen Upgrades bleibt die Brille vergleichsweise leicht: Mit 49 Gramm trägt sie für Smart Glasses nicht zu unangenehm auf, auch wenn durch die integrierte Technik in den breiteren Bügeln beim zweiten Hinsehen ihre Funktion erkennbar ist. Die hochgezogenen Spitzen verleihen ihr zudem einen dezenten „Cateye“-Look.
Die Kamera lässt sich über den Knopf am rechten Bügel steuern und liefert mit ihren 12 MP solide Ergebnisse – zumindest bei gutem Licht. Die Bildqualität lässt sich mit älteren Smartphones vergleichen und eignet sich für spontane Schnappschüsse oder POV-Videos, und auch die Bildstabilisierung kann überzeugen. Bei wenig Licht zeigen sich Schwächen: Die kleinen Sensoren fangen nur wenig Details ein, sodass die Aufnahmen sehr weichgezeichnet wirken. Eine LED im rechten Brillenbügel signalisiert anderen, dass ein Foto oder Video aufgenommen wird und erkennt, wenn es abgeklebt wird. Praktisch: Ein Knopf für die Tastensperre im Inneren sorgt dafür, dass die Brille nicht versehentlich aktiviert wird. Fotos und Videos werden auf dem 32 GB großen internen Speicher abgelegt und können über die Meta-View-App mit dem Smartphone synchronisiert werden — obgleich das sehr lange dauert. Über die App lassen sich zudem weitere Einstellungen bezüglich Audio und Kamera vornehmen.
Eine angenehme Überraschung im Test war die Qualität der Lautsprecher und Mikrofone. Die Brille eignet sich hervorragend zum Telefonieren: Anrufe lassen sich über das Touchpad bequem annehmen, und die eingebauten Lautsprecher übertragen die Stimme des Gesprächspartners klar. Auch die Mikrofone überzeugen und liefern Ergebnisse, die mit guten Bluetooth-Earbuds vergleichbar sind – nur, dass die Ohren dabei frei bleiben, was zu einem räumlichen Klang führt – so als wäre der Gesprächspartner direkt neben einem. Musik hören ist ebenfalls möglich, doch der Klang ist mehr auf Sprachverständlichkeit als auf basslastigen Sound ausgelegt.
Insgesamt ist die Wayfarer aber in einigen Punkten noch nicht der große Wurf: Die Sprachsteuerung über das eingebaute Assistenzsystem wirkt unausgereift und ist eher mit Apples Siri vergleichbar anstelle eines modernen Sprachassistenten – hier müssen die umfangreichen KI-Updates folgen, die bereits in Kanada oder den USA erhältlich sind. Damit ist es dann möglich, Real-Life-Situationen in Echtzeit analysieren zu können, zum Beispiel, um dir on-the-fly Übersetzungen einzuspielen oder dir beim Blick in den Kleiderschrank das passende Outfit für die nächste Auslandsmission vorzuschlagen.
Ein Kritikpunkt bleibt der Datenschutz. Obwohl ein Licht die Aufnahme signalisiert, lässt sich dies leicht umgehen – etwa durch das geschickte Überkleben bei laufender Aufnahme. Auch wenn die Mikrofone sich deaktivieren lassen, birgt die Brille das Potenzial für Missbrauch, etwa bei ungewollten Aufnahmen oder Livestreams. Hier bleibt ein fader Beigeschmack, der zur Diskussion über verantwortungsvollen Umgang mit Smart Glasses anregen sollte.
Die Akku-Laufzeit von 3–4 Stunden reicht für kurze Einsätze, wird aber bei längeren Ausflügen schnell knapp. Immerhin: Mit dem mitgelieferten Ladecase lässt sich die Brille in etwa zwei Stunden wieder aufladen und erreicht so theoretisch bis zu 36 Stunden Gesamtbetrieb. Praktisch? Ja. Revolutionär? Nein.
Wichtig bleibt: Die Wayfarer ist im Kern eine „smarte Brille mit Kamera und Lautsprechern“. Keine AR-Overlays, keine Science-Fiction-Features – das macht sie weniger zu futuristischen Smart Glasses und mehr zu einem schicken Gadget-Hybriden. Verglichen mit VR-Brillen wie Metas eigener Quest oder Apples Vision Pro bietet die Wayfarer zwar deutlich weniger Technik, dafür punktet sie mit einem komplett anderen Ansatz: diskret, leicht und alltagstauglich. Die Idee eines Head-Up-Displays wie bei der Google Glass von 2013 wurde nicht übernommen – was das Konzept als Accessoire optisch eleganter macht, aber eben auch limitiert hält.
Braucht man die Ray-Ban Meta Smart Glasses?
Die Ray-Ban Meta Smart Glasses sind ein Gadget für Technik-Enthusiasten und Ray-Ban-Fans, die Stil und smarte Features in einem Produkt vereint sehen wollen. Besonders für Influencer, Streamer und Content-Creator, die authentische Alltagsmomente mit ihren Followern teilen möchten, sind sie interessant. Die Kamera liefert eine authentische POV-Perspektive, doch die Bildqualität entspricht eher einem alten Smartphone als moderner Technologie.
Der Assistent, der mit „Hey Meta“ aktiviert wird, bleibt in Deutschland recht rudimentär und erinnert eher an Siri als an eine fortschrittliche KI. Bislang kann er nur Musik abspielen, Nachrichten vorlesen oder das Wetter melden – und ist derzeit nur auf Englisch verfügbar.
Im Alltag überzeugt die Wayfarer vor allem bei Telefonaten: Stimmen klingen klar, und die Lautsprecher liefern einen natürlichen, räumlichen Klang dank des Designs der Brille. Auch die Mikrofone leisten hervorragende Arbeit und filtern Hintergrundgeräusche effektiv heraus, was freihändiges Telefonieren praktisch und stilvoll macht.
Videotelefonate fehlen jedoch – eine verpasste Gelegenheit, die eingebauten Kameras noch besser zu nutzen. Als technisches Accessoire ist die Wayfarer jedoch sehr schick, mit diskret integrierten Funktionen.
Würden wir die Ray-Ban Meta Smart Glasses kaufen?
Ray-Ban schafft es, das ikonische Design der Wayfarer mit moderner Technik zu kombinieren. Die Funktionen sind aber bisher noch begrenzt. Kameraqualität, Audio und Bedienung liefern ordentliche Ergebnisse, machen die Brille aber nicht zum unverzichtbaren Begleiter. Die rudimentären smarten Features lassen sie bisher leider mehr wie einen Prototypen denn wie ausgereifte Science-Fiction-Technologie wirken. Legt Meta hier in Zukunft in Sachen KI-Assistenz auch in Deutschland nach, könnte aus den James-Bonds-Vibes eine echte Lizenz zum Staunen werden.
Tops
- gelungene Fusion von Technik und Fashion
- spannende Momentaufnahmen durch POV
- freihändiges Telefonieren mit räumlichem Sound
- praktisches und stilvolles Ladecase
Flops
- ausbaufähiges Assistenz-System
- Kameraqualität taugt nur für Schnappschüsse
- etwas klobiger Look der Bügel
Mehr Informationen unter ray-ban.com.
Words: Jan Fock Photos: Julian Schwede