Das Offensichtliche einmal vorweg: Douze ist nicht nullachtfünfzehn! Das Douze Cycles Lastenrad Hêta 2S CUES Di2 ist ein ganz schöner Brocken – schön und schwer. Der Hersteller verspricht eine Kombination aus Schwerlastmaschine und flexibler Familienkutsche. Klingt ambitioniert – aber kann das wirklich aufgehen?

Die noch junge Bikeschmiede Douze Cycles aus dem französischen Ladoix-Serrigny ist auf Lastenräder spezialisiert. Gegründet 2012 – daher der Name Douze (französisch für zwölf) – hat sie neben dem getesteten Hêta zwei weitere Modelle im Portfolio. Mit Innovationen wie der ersten Seilzuglenkung für Lastenräder haben sich die Franzosen einen Namen gemacht. Seit Ende 2023 vertreiben sie in Kooperation mit Toyota zudem eine Variante des Hêta über 300 französische Autohäuser, die die Bikes auch warten.
Der Begriff „Bikeschmiede“ passt sehr gut zum Hêta, denn der mehrteilige Hauptrahmen entsteht im Aluminium-Druckgussverfahren – in Frankreich, mit recyceltem Aluminium aus Frankreich. Das macht die Produktion zwar teurer, gleichzeitig aber nachhaltig. Insgesamt ist das Lastenrad ökologisch gesehen ein ziemlich heißes Eisen – dazu später mehr. Der starke Fokus auf Nachhaltigkeit vergoldet den Preis allerdings nicht nennenswert: In unserer Ausstattungsvariante mit großer Kunststoff-Ladebox samt Softcover und einem Kinder-Doppelsitz landen wir bei marktüblichen 7.158 €.

Auch die übrigen Werte des Hêta lesen sich wie aus einem Guss: Douze stattet diesen klassischen Long John mit dem Shimano EP6 Cargo-Motor aus, der mit 85 Nm für kräftigen Anschub sorgt. Der dazugehörige 630-Wh-Akku soll im wahrsten Sinne des Wortes ein schwerwiegendes Problem vermeiden, schließlich bringt das 275 cm lange Aluguss-Geschoss in unserer Ausstattungsvariante stolze 61,2 kg auf die Waage. Angesichts eines erlaubten Systemgewichts von 250 kg will man lieber nicht ohne Saft dastehen und ist daher froh über die leistungsstarke Unterstützung. Die automatische Di2-Schaltung mit 10 Gängen sorgt dafür, dass der Fokus auf Straße und Ladung bleiben kann.
Was macht das Douze Cycles Hêta besonders?
In Zeiten intensiven Greenwashings ist eine gewisse Skepsis gegenüber den Nachhaltigkeitsclaims der Hersteller angebracht. Beim Douze Hêta konnten wir uns jedoch vom Gegenteil überzeugen. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war eine Lebenszyklusanalyse, die die ökologischen Auswirkungen über die gesamte Produktions- und Nutzungsdauer bis hin zur Entsorgung untersuchte – und konsequent optimierte.
Das auffälligste Ergebnis dieses Prozesses ist der mehrteilige Rahmen, der im Aluminium-Druckgussverfahren entsteht. Dabei wird flüssiges, zu 100 % recyceltes Aluminium in eine Negativform gegossen und nach dem Auskühlen nachbearbeitet. Schweißnähte sucht man am Douze also vergeblich – très chic! Gleichzeitig sorgt das Verfahren für die nötige Stabilität, die dieses lange (Schwer-)Lastenrad braucht.



Beim Hêta regiert Flexibilität
„Teile und herrsche“ könnte das Motto des Douze Hêta sein – allerdings anders als in der Politik. Statt Macht zu festigen, steigert diese Teilbarkeit Nachhaltigkeit, Flexibilität und Langlebigkeit.
Das erste Feature dürfte vor allem Bastler begeistern – ist aber wirklich innovativ: Das gesamte Motorsystem ist nämlich austauschbar! Statt fest im Rahmen integriert, sitzt der Mittelmotor beim Hêta in einer separaten Aufnahme. Prinzipiell ließe sich somit jeder kompatible Motor nachrüsten, allerdings bietet Douze selbst keine alternativen Aufnahmen an – wer umrüsten möchte, muss also selbst kreativ werden. Auch der frei am Sitzrohr montierte Akku lässt sich mit wenig Aufwand durch ein anderes Modell ersetzen. Ein weiteres cleveres Detail: Die hoch verlaufenden Kettenstreben ermöglichen den problemlosen Einbau eines Riemenantriebs. Das ist nicht selbstverständlich, da bei vielen Rädern die Kette durch ein geschlossenes Rahmendreieck geführt wird – und ein Riemen, anders als eine Kette, nicht geöffnet werden kann.

Teilen zum Zweiten: Das gesamte Bike kann in zwei große Teile zerlegt werden. Das erleichtert nicht nur die Lagerung, etwa im Winter, sondern ermöglicht auch den Transport auf Fahrradanhängern mit entsprechender Zuladung. Als Pkw-Ersatz auf Wohnwagen-Tour eröffnet das Douze Hêta damit spannende Möglichkeiten für Sommerurlaube oder längere Camper-Reisen, sofern ihr den nötigen Stauplatz für das Lastenrad habt.
Und zu guter Letzt: Alle 17 Bauteile des Douze sind einzeln austauschbar, sodass bei einem Schaden nicht gleich das ganze Rad ersetzt werden muss – insgesamt ein konsequentes Konzept, das in Sachen Reparierbarkeit und Nachhaltigkeit Maßstäbe setzt.
Schwerlastmaschine oder Familienkutsche?
Das Douze Hêta 2S CUES Di2 lässt sich auf zwei Arten nutzen: als reines Nutzfahrzeug mit einer großzügigen offenen Ladefläche (85 x 60 cm) oder, wie in unserer Variante, als familienfreundlicher Allrounder mit großer Ladebox (77 x 52 x 47 cm). Die Basisversion als Nutzfahrzeug ist ab 6.190 € erhältlich. Wer schwere Lasten transportiert und die Ladefläche schonen möchte, kann für 179 € eine Schutzplatte mit stabilen Zurrösen im Konfigurator hinzufügen.
Die stoßabweisende, wärmeisolierte EPP-Kunststoffbox des Family-/Allround-Modells ist recyclebar und kostet weitere 680 €. Sie fasst zwar weniger sperriges Gut, bietet dafür aber unter anderem Platz für zwei bis drei Kinder – je nach Alter und Größe. Passend dazu gibt es im Konfigurator einen Zweier-Kindersitz mit magnetischen Dreipunktgurten für 198 €. Das dritte Kind in der Box säße unangeschnallt. Nachhaltiger Clou: Das Füllmaterial für die Sitze stammt aus Resten der Boxproduktion. Ein weiteres Kind kann in einem regulären Kindersitz auf dem Gepäckträger mitfahren, der bis 25 kg zugelassen ist. Und da das Hêta auch für Fahrradanhänger freigegeben ist, gehen im Notfall sogar noch zwei weitere: Macht summa summarum bis zu sechs Kinder – pas mal!


Damit es auch bei schlechtem Wetter keine Ausrede gibt, das Auto zu nehmen, bietet Douze einen Wind- und Regenschutz zur Box für 345 € an. Zum Schutz sonstiger Ladung in der Kunststoffbox stehen überdies zwei Abdeckungen zur Wahl: Das wasserabweisende Softcover für 90 € wird per Klettlaschen an umlaufenden Ösen befestigt, das abschließbare Hardcover für 330 € erlaubt, Dinge sicher im Bike zurückzulassen. Die Lichter sind zwar hochwertig, allerdings ohne Fern- und Ablendlicht vorne und ohne Bremslicht hinten – da geht in dieser Preisklasse mittlerweile durchaus etwas mehr.
Douze Cycles Hêta 2S CUES Di2
7158 €
AUSSTATTUNG
Motor: Shimano EP6 Cargo 85 Nm
Akku: Shimano 630 Wh
Display: Shimano Steps SC-EN600
Federgabel: 80 mm
Bremsen: Tektro M705 4-Kolben 180/203 mm
Antrieb: Shimano CUES Di2 1x10
Laufräder: Alu 20"/26”
Reifen: Schwalbe Pick Up 2,35"
TECHNISCHE DATEN
Größe: Einheitsgröße
Gewicht: 61,2 kg
Maße: 275 cm x 64 cm x 112 cm
Zul. Gesamtgewicht (zGG): 250 kg
Max. Zuladung: 188,8 kg
Anhänger-Freigabe
Besonderheiten
Aluminiumdruckgussrahmen
Seilzuglenkung
automatische Schaltung
Das Douze Cycles Hêta Lastenrad im Praxistest
Wir hatten ausgiebig Zeit, das Douze Hêta in der Praxis zu testen. So viel vorweg: Egal ob schwer beladen, beim Nachmittagsausflug mit zwei Kindern samt unvermeidbarem Krimskrams oder beim Einkauf im Großstadtalltag – das Hêta hat uns immer wieder positiv überrascht und jede Menge Spaß bereitet.
Trotz seiner Größe und seines Gewichts fährt sich das Douze überraschend agil und wendig. In Sachen Manövrierbarkeit lässt es sogar kürzere und leichtere Lastenräder hinter sich – ein Verdienst der exzellenten Seilzuglenkung. Zwar fühlt sich das Lenkverhalten zunächst etwas anders an als gewohnt, da zwischen Lenkimpuls und Bike-Reaktion eine leichte Verzögerung spürbar ist. Diese ist jedoch konstant und berechenbar, sodass es kaum Zeit braucht, sich daran zu gewöhnen. Unterm Strich überwiegen die Vorteile: Mit einem enormen Lenkeinschlag von 75 Grad lässt sich das Hêta nahezu auf der Stelle um sein Hinterrad drehen. Auch das Schieben und Rangieren in engen Parkbuchten fällt deutlich leichter, als es die Größe des Bikes vermuten lässt. Ein weiterer Vorteil der Seilzuglenkung gegenüber der häufig bei Long Johns verbauten Stangenlenkung: mehr Bodenfreiheit. So bleibt man an Bordsteinkanten oder kleineren Stufen seltener hängen – ein praktischer Pluspunkt im urbanen Alltag.



Keine Frage, das Hêta braucht einen kräftigen Motor, um mit allem fertig zu werden, was sich theoretisch transportieren lässt. Der Shimano EP6 Cargo ist zwar nicht der Spitzenmotor der Japaner, bewältigte in unserem Test aber auch über 200 kg Systemgewicht ohne Tadel. Positiv macht sich die auf Lastenräder optimierte Firmware bemerkbar: Beim Anfahren und bei niedrigen Trittfrequenzen bringt das System im Vergleich zur Standardausführung des Motors spürbar schneller Druck aufs Pedal und erleichtert so das Fahren mit schwerer Ladung deutlich. Apropos: Wer die zugelassenen 250 kg regelmäßig ausreizt, insbesondere in hügeligem Terrain, sollte im Shop dennoch zur Modellvariante mit dem stärkeren Shimano EP8 Cargo greifen. Dieser hat zwar ebenso wie der EP6 Cargo 85 Nm Drehmoment, allerdings noch etwas mehr Leistung. Beim Anfahren würdet ihr keinen großen Unterschied zwischen beiden Motoren bemerken, schwer beladen kommt ihr mit dem EP8 steile Hügel jedoch schneller hoch.






Das montierte Shimano STEPS EN600-Display am Lenker wirkt mittlerweile etwas oldschool und nicht ganz so aufgeräumt, überzeugt aber mit unkomplizierter Bedienung: Anders als viele moderne Systeme bietet es zusätzlich dedizierte Tasten für zentrale Funktionen wie Licht oder Schiebehilfe. Der 630-Wh-Akku hat uns während der Testfahrten zuverlässig begleitet: Ein Tagesausflug mit Kind und Kegel in den Stuttgarter Hanglagen war problemlos drin. Der Ladeport an der Sattelstütze ist gut erreichbar, realistischerweise wird man den Akku aber eher ausbauen und im Haus laden, während das Bike draußen parkt – durch einen engen Hausflur oder Kellereingang bekommt man das Hêta trotz Seilzuglenkung, aufgrund seiner Größe, kaum manövriert.
Eine weitere Erleichterung im Kinder- oder Lastentransport bringt die mit dem Motorsystem gekoppelte Shimano CUES 10-fach-Di2-Schaltung. Diese Automatikschaltung nutzt Motorsensorik, um den passenden Gang auszuwählen und automatisch einzulegen – solange das Rad in Bewegung ist. Zwei vorkonfigurierte Automatikmodi stehen zur Verfügung, die sich in der App anpassen lassen. Zudem schaltet das System auch ohne Pedaldruck und kehrt beim Anhalten selbstständig in einen frei wählbaren Anfahrtsgang zurück. Gerade unter Last erhöhen diese Funktionen Komfort und Sicherheit. Wer dennoch lieber selbst entscheidet, kann die Automatik jederzeit manuell überschreiben oder ganz auf manuelles Schalten umstellen.



Auch in Sachen Komfort weiß das Douze Hêta zu überraschen. Während Kinder und Ladung durch eine Luftfedergabel mit 80 mm Hub an der Front gedämpft werden, sitzen Fahrerinnen und Fahrer scheinbar ungefedert auf dem massiven Aluheck. Doch die speziell für Cargo-Bikes entwickelten Schwalbe Pick-Up-Reifen sorgen für mehr Komfort, als man erwarten würde. Gleichzeitig bieten sie trotz geringem Rollwiderstand einen guten Grip und hohen Pannenschutz und ermöglichen so sorgenfreie Fahrten – selbst auf Schotter. Wem das dennoch zu ruppig ist, der kann im Rahmen der Angebotsanfrage bei Douze eine gefederte Sattelstütze mitbestellen.
Das Hêta ist vielseitig anpassbar: Lenker und Sattel lassen sich weit ausziehen und ermöglichen Sitzhöhen von 60 bis 83 cm. Allerdings sollte beim Ausziehen des Lenkers darauf geachtet werden, dass die Kabel ausreichend Spiel haben – in unserem Test begrenzte ein zu straff verlegtes Kabel zum Shimano-Display zunächst den Auszug. Die Sitzposition ist angenehm aufrecht, könnte für kleinere Fahrerinnen und Fahrer aber etwas zu gestreckt sein – da kann ein Lenker mit etwas mehr Backsweep, also Biegung nach hinten, Abhilfe schaffen.

Der Ständer ist solide, aber nicht umwerfend: Kleinere und leichtere Fahrerinnen und Fahrer könnten bei voller Beladung oder auf weichem Untergrund auch damit etwas Mühe haben – Die 4-Kolben-Bremsen von TEKTRO verzögern diesen Boliden hingegen sehr ordentlich und auch die im Konfigurator wählbaren Add-Ons überzeugen in Qualität und Funktion. Der passgenaue Kindersitz sitzt sicher in der Box und verfügt über hochwertige Gurte mit benutzerfreundlichen Magnetverschlüssen von FIDLOCK. Ältere Kinder können diese selbst öffnen – je nach Situation ein Vorteil oder Nachteil. Das Softcover für die Kunststoffbox überzeugt ebenfalls und ist sicher befestigt. Wer mehr (Diebstahl-)Schutz für seine Ladung benötigt, sollte zum abschließbaren Hardcover greifen.
Tuning-Tipp: Eine gefederte Sattelstütze sorgt für mehr Komfort, und ein Lenker mit mehr Backsweep erleichtert kleinen Fahrerinnen und Fahrern die Kontrolle.
Für wen ist das Douze Cycles Hêta, für wen nicht?
Das Douze Hêta ist aufgrund seiner soliden Bauweise, der üppigen Ladefläche und des hohen zugelassenen Gesamtgewichts ein echter Transport-Champion. Damit eignet es sich wie wenige andere Lastenräder als Nutzfahrzeug für Selbstständige oder Betriebe in der Großstadt.
Gleichzeitig profitieren auch Familien vom durchdachten Aufbau: Die Box bietet in Kombination mit dem Douze-Kindersitz Platz für zwei Kinder – mit ausreichend Fußraum für Einkäufe. Wer noch mehr Platz braucht, kann mit einem Kindersitz auf dem Gepäckträger und einem Anhänger im Ernstfall bis zu sechs Kinder transportieren: Am Hêta scheitert eure Großfamilie jedenfalls nicht!



Zudem spricht das Douze alle an, die Wert auf Nachhaltigkeit, Technologieoffenheit und europäische Fertigung legen – kaum ein anderes Lastenrad setzt diese Aspekte so konsequent um.
Einen offensichtlichen Haken hat das Rad natürlich: Das Hêta ist groß und schwer. Egal in welcher Konfiguration, es benötigt viel Platz – nicht jeder Großstadtkeller oder Hinterhof wird dem gerecht. Und auch wenn der Akku leicht entnehmbar ist, möchte man das Rad vielleicht nicht permanent unbeaufsichtigt auf dem Bürgersteig stehen lassen.
Fazit zum Douze Cycles Hêta 2S CUES Di2
Voll auf die Zwölf! Douze liefert mit dem Hêta CUES Di2 ein überraschend agiles (Schwer-)Lastenrad, das sich sowohl als robustes Nutzfahrzeug als auch als vielseitige Familienkutsche konfigurieren lässt. Hohe Reparaturfreundlichkeit, spannende technische Lösungen wie die Seilzuglenkung und der Alugussrahmen sowie ein konsequent durchdachtes Nachhaltigkeitskonzept machen das Hêta zu einer zukunftsweisenden Wahl – vorausgesetzt, es steht genügend Platz zur Verfügung.

Tops
- verhältnismäßig einfache Manövrierbarkeit durch Seilzuglenkung
- massiver Aluminium-Druckgussrahmen
- Technologieoffenheit verspricht Langlebigkeit
- ökologisch und nachhaltig konstruiert
- hochwertige Zusatzoptionen im Shop

Flops
- sehr groß und sehr schwer
- einfache Beleuchtung
Mehr Informationen findet ihr unter douze-cycles.com.

Words: Jonny Grapentin Photos: Jan Fock