Pendeln wie im Flug? Das neue Cannondale FlyingV will die DNA aus Race, Fitness und Commuting in ein modernes Design überführen. Bei dem in Freiburg entwickelten Rahmen setzen die Amerikaner voll auf Leichtbau, deshalb auch der Light-Motor Bosch SX. Ob sich der Ritt auf dem FlyingV wirklich wie Fliegen anfühlt, haben wir für euch im spätsommerlichen Südtirol herausgefunden.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8828
Cannondale Flying V | 18,06 kg | 5.899 € | Hersteller-Website

E-Bikes werden in den letzten Jahren immer schwerer, sperriger und komplexer: Damit will Cannondale mit dem FlyingV aufräumen. Der amerikanische Hersteller setzt bei seinem neuen City E-Bike voll auf Leichtbau und rückt das Gewicht ganz nach oben in die Prio-Liste. Und dort trifft es auf das Thema Design, das bei Cannondale anscheinend einen ebenso wichtigen Stellenwert hat. Angelehnt an das legendäre MTB DeltaV aus den 1990er-Jahren, soll das neu interpretierte V-Design des Cannondale FlyingV leichtes Aufsteigen und müheloses Tragen ermöglichen und dabei noch schnittig aussehen. So soll das FlyingV wie gemacht sein für alle, die ein leichtes, schnelles und unkompliziertes E-Bike für ihren urbanen Alltag suchen. Und da macht Cannondale auf dem Papier schon mal keine halben Sachen: Carbon-Rahmen, Carbon-Gabel, ja sogar Carbon-Schutzbleche – und dazu den Light-Assist-Motor Bosch Performance Line SX mit verhältnismäßig kleinem 400-Wh-Akku. Damit rückt das FlyingV ganz dicht an die magische 18-kg-Marke. Und da sind schon ein wartungsfreier Riemen und – zumindest beim Topmodell – eine elektronische Nabenschaltung mit an Bord. Kann das neue FlyingV die Versprechen des Herstellers halten? Leicht, schnell, unkompliziert beginnt bei Cannondale jedenfalls bei 4.999 €. Dafür bekommt man viel Carbon und ein Rad, das in den Niederlanden gefertigt wird. Wie das Bike performt, haben wir für euch im sonnigen Brixen gecheckt.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 9216

Das neue Cannondale FlyingV im Detail – Schnittiger City-Flitzer?

Schon das Design des Cannondale FlyingV versprüht Leichtigkeit und Spritzigkeit dank der geschwungenen Formensprache und den schlanken Rohren. Gleichzeitig entpuppt sich das Rad auf den ersten Blick als Bike für die Stadt, ist dabei aber optisch alles andere als langweilig und austauschbar. Ganz im Gegenteil: Das schnittige Design bringt frischen Wind in das Segment der Urban-E-Bikes. Bei all den Design-Merkmalen ist das Cannondale FlyingV dennoch in vier Größen erhältlich: SM, MD, LG, XL.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8725
Die Reminiszenz an das legendäre Cannondale DeltaV macht das FlyingV schnittig und dank des tieferen Einstiegs komfortabel zugleich.

Cannondale bietet das neue City E-Bike in zwei verschiedenen Ausstattungsvarianten an, wobei unser Test-Bike, das Topmodell namens FlyingV 1, nur in der Farbe Silver erhältlich ist. Dabei handelt es sich im Grunde um eine Zweifarblackierung aus Silber mit schwarzen Akzenten – sehr chic, vor allem die Gabelscheiden. Die Farbkombi erinnert an die LAB71-Edition, wie etwa beim brandneuen Allroad-Bike Cannondale Synapse, dem unser Schwestermagazin GRAN FONDO bereits ausführlich auf die schmalen Reifen gefühlt hat. Diese schicke Lackierung gibt es beim etwas günstigeren Modell FlyingV 2 nicht, dafür hat man die Wahl zwischen den beiden Farben Tungsten Blue und Tiger Eye, ein leuchtendes Orange. Zudem handelt es sich bei der Nabenschaltung um eine mechanische Ausführung im Gegensatz zur elektronischen Di2-Variante beim Top-Spec.

Trotz des sportlich-schlanken Äußeren lässt es das Cannondale FlyingV an nichts fehlen, was beim Biken in der City wichtig ist: Beleuchtung, Schutzbleche, Ständer und Gepäckträger mit 18 kg Traglast. Theoretisch ließe sich also ein zweites FlyingV auf dem Gepäckträger … Aber lassen wir das 😉 Das zulässige Gesamtgewicht inkl. Rider und Gepäck liegt bei mehr als ordentlichen 150 kg.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8673
Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8834 600x400
Nulldiät? Schutzbleche sind ganz normal am City E-Bike – aus Carbon sind sie aber ganz selten.
Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8781 600x400
Die Zweifarblackierung im LAB71-Look macht auch auf der Flaniermeile eine gute Figur.

Dem Gewicht zuliebe ist der Light-Assist-Motor Bosch Performance Line SX (Test unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE) verbaut, der aber in seiner Klasse zu den stärksten Vertretern zählt. Mit 60 Nm Drehmoment und satten 600 W Spitzenleistung steht er vielen Full-Power-Motoren kaum nach. Bei vollem Leistungsabruf hält aber auch der vergleichsweise kleine Bosch CompactTube-Akku mit seinen 400 Wh nicht sehr lange. Gut für alle City-Cruiser mit Reichweitenangst: Das FlyingV ist bereit für die Aufnahme des Range Extenders Bosch PowerMore mit 250 Wh extra.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8845
Light-Assist: Der Bosch SX-Motor bringt genug Power für die City – und spart Gewicht.

Seine Kraft überträgt der Bosch SX über einen Riemen und eine 5-Gang-Nabenschaltung an das Hinterrad – für ein urbanes Alltagsfahrrad eine super Kombi, verspricht sie doch sorgenfreies, wartungsarmes und unkompliziertes Biken. Der Gates CDC-Carbon-Riemen soll bis zu 30.000 km halten, bevor er gewechselt werden muss. Nur so als Hausnummer: Bei einer täglichen Pendelstrecke von 25 km und noch weiteren Spaßfahrten mit 80–100 km pro Woche, hält der Riemen fast zwei Jahre. Bei einem konventionellen Kettenantrieb wären in dieser Zeit mindestens zwei Kassetten und vier Ketten heruntergeritten. Mal ganz abgesehen von den Kosten, ist auch der Arbeitsaufwand für das Wechseln nicht zu vernachlässigen. Beim Cannondale FlyingV heißt es also Fahren statt Warten (Achtung: doppeldeutig). Auch die elektronische Nabenschaltung von Shimano verspricht wenig Wartungsaufwand. Die Nexus INTER-5E Di2 am FlyingV 1 stellt 5 Gänge zur Verfügung und übernimmt die Schaltarbeit auf Wunsch vollständig automatisch. Bei der Version FlyingV 2 verbaut Cannondale die mechanische Variante der 5-Gang-Nabe.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8837 600x400
Für uns die passende Kombi am Fast-Sorglos-Bike: Riemenantrieb …
Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8830 600x400
… und Nabenschaltung – beides weitgehend wartungsfrei.

Die Ausstattung unseres neuen Cannondale FlyingV – Die Leichtigkeit des Seins

Der Top-Spec FlyingV 1 unseres Test-Bikes unterscheidet sich nur marginal von der Variante FlyingV 2. In erster Linie ist am 1er mit der Mini Remote eine kleinere Lenkerfernbedienung als die LED Remote am 2er verbaut. Obendrein gibt es beim teureren Modell Reifen, die für schlauchlosen Einsatz geeignet sind. Tubeless Ready – das zeigt auch, an wen sich Cannondale mit dem FlyingV richtet: an sportliche Biker, die vielleicht schon aus der sportiven MTB- oder Gravel-Ecke kommen. Allen Modellen gemeinsam sind 50 mm breite Reifen mit recht geringem Profil, die auf 28“ großen Alu-Laufrädern des niederländischen Herstellers Ryde aufgezogen sind.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8839
Die 50 mm breiten Reifen sorgen bei passendem Luftdruck zumindest für ein bisschen Komfort – und sie rollen gut.

Für Verzögerung sorgen hydraulische Zweikolben-Bremsen von Shimano. Diese greifen dabei vorne wie hinten auf 180 mm große Scheiben zu – auf jeden Fall passend zum Einsatzbereich des leichten City E-Bikes. Ebenso wie das Cockpit mit starkem Backsweep, also einer Krümmung des Lenkers nach hinten, und komfortablen Ergon-Griffen für eine entspannte Griffhaltung – top! Die Beleuchtung steuert der deutsche Premium-Hersteller Supernova bei. Der Frontscheinwerfer leuchtet den Weg gut aus, das Hecklicht sorgt mit seinen 34 LEDs und dem integrierten Reflektor ebenfalls für gute Sichtbarkeit. Obendrein gibt es auf alle Supernova-Leuchten 5 Jahre Garantie und 10 Jahre zugesicherte Reparierbarkeit. Aber: Why don’t you Bremslicht, Cannondale?

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8853 600x400
Hochwertige Beleuchtung ab Werk – so soll es sein.
Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8836 600x400
Hinten ist die Integration sehr gut gelungen. Aber warum ohne Bremslichtfunktion?

Connectivity am neuen Cannondale FlyingV – App geht das!

Moderne E-Bikes kommen heute fast immer mit Connectivity-Features, so auch das Cannondale FlyingV. Schon allein das Bosch-Smartsystem bietet eine ganze Reihe an nützlichen Funktionen wie Diebstahlschutz, Antriebskonfiguration, Navigation und Firmware-Updates. Auch ein Tracking ist mit dem optionalen ConnectModule bei Bosch grundsätzlich realisierbar. Allerdings passt das Modul nicht in den schlanken Rahmen des Cannondale FlyingV. Daher haben sich die Amerikaner eine eigene Lösung einfallen lassen: Über eine im Rahmen versteckte Halterung lässt sich ein Bluetooth-Tag von Chipolo anbringen und das Bike somit entweder über die Chipolo-App oder die entsprechenden Dienste von Apple und Google tracken – tricky!

Cannondale hat zudem eine eigene App im Programm. Diese liefert unter anderem Fahrdaten wie Geschwindigkeit und zurückgelegte Entfernung. Und damit das Smartphone auch sicher am Lenker Platz findet, verbaut Cannondale sowohl eine Top Cap mit SP-Connect SPC+ Halter sowie einen universellen SP Connect-Halter für Smartphones bereits ab Werk.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8841 600x400
Cannondale verbaut ab Werk eine Top Cap mit SP Connect-Halter mitsamt abnehmbarer universeller Smartphone-Halterung. Top!
Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8650 600x400
Die Unterstützungs-Modi des Bosch SX-Motors lassen sich in der Bosch App vom Smartphone aus konfigurieren.

Das neue Cannondale FlyingV auf der Straße – Ready for Take-off!

Sattelhöhe einstellen, draufsitzen, losfahren: Das Cannondale FlyingV erfordert keinerlei Einstellarbeit oder Eingewöhnung. Man fühlt sich direkt wohl, als wäre man nie ein anderes Rad gefahren. Das V-Design sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch praktisch dank der recht geringen Überstandshöhe. Das Aufsteigen gelingt ebenso leicht wie das Absteigen oder Anhalten an der Ampel. Die fehlende Dropper Post vermisst man daher nicht schmerzlich. Gut machen würde sich dieses Komfortmerkmal dennoch, auch wenn es sowohl beim Preis als auch beim Gewicht negativ ins Kontor schlagen würde.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8695

Man sitzt zentral im Bike, relativ aufrecht, aber mit sportlichem Touch. Die Sitzposition passt sehr gut zum Charakter des Bikes. Wer fliegen will, muss zumindest auch ein bisschen fit und beweglich sein. Sofa ist das FlyingV keines. Es ist auch völlig ungefedert. Dank der 50 mm breiten Reifen und der Carbon-Gabel bietet es aber einen gewissen Rest an Komfort. Natürlich kaum vergleichbar mit einem SUV E-Bike (Lest hier den Vergleichstest unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE), die aber allesamt ungleich schwerer sind. Der SX-Motor ist wie das ganze Bike sehr leise, nur bei starker Last nimmt man ihn wirklich wahr. Auf rumpeligem Untergrund klappert er ein wenig. Die Kraftübertragung per Automatik-Nabenschaltung klappt sehr gut. Zusammen mit dem Riemen arbeitet der Antrieb nahezu geräuschlos. Ums Schalten muss man sich nicht selbst kümmern, kann man aber jederzeit, wenn man will. Dennoch wären mehr als die gebotenen 5 Gänge wünschenswert, da der SX nicht der stärkste Motor ist und besser mit einer hohen Trittfrequenz gefahren wird. Man ist hier tendenziell mit zu geringer Trittfrequenz aufgrund der recht großen Gangsprünge unterwegs. Sportliche Fahrer werden aber gut damit zurechtkommen.

Letztlich jammern wir hier auf sehr hohem Niveau. Gar nichts zu meckern gibt es indes am Fahrverhalten: wendig wie ein Wiesel, dennoch sicher und gut kontrollierbar. Man fliegt förmlich durch den Stadtverkehr. Dazu kommen die standfesten Shimano-Scheibenbremsen, die das Cannondale FlyingV jederzeit sicher zum Stehen bringen. Im spätsommerlichen Brixen hat das Cannondale FlyingV viele interessierte Blicke auf sich gezogen. Mehr als einmal sind wir auf das schnittige Design angesprochen worden, und immer wieder kam die gleiche Frage auf: Hat das Bike einen Motor? Wenn das Ziel von Cannondale war, einen flotten Stadtflitzer zu kreieren, mit dem man sich auch auf der Flaniermeile blicken lassen kann, dann ist das definitiv gelungen.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 8795

Für wen ist das neue Cannondale FlyingV?

Wer auf der Suche nach einem leichten, sportlichen City E-Bike mit modernem Design ist, der sollte das neue Cannondale FlyingV auf jeden Fall zu einer Probefahrt ausführen. Durch sein geringes Gewicht und den wartungsarmen Antrieb eignet es sich für die Pendelstrecke ebenso wie für alle Freizeitfahrten im urbanen Umfeld. Kurze Tragepassagen bereiten mit dem 18-kg-Bike zudem kein Kopfzerbrechen. Lange und steile Anstiege sind allerdings nicht die Paradedisziplin der 5-Gang-Schaltung in Verbindung mit dem Light-Assist-Motor. Sportliche Freizeitradler und alle Hipster und Hipsterista finden mit dem Cannondale FlyingV einen würdigen Begleiter.

Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 9027 600x400 Cannondale FlyingV Test DOWNTOWN WEB 9208 600x400

Fazit zum neuen Cannondale FlyingV

Inlandsflüge sind zu Recht verpönt – außer man unternimmt sie mit dem Cannondale FlyingV. Zwar hebt man damit nicht vom Boden ab. Die Stimmung beim Commuting und Cruisen hebt das leichte, super-schicke E-Bike aber bestimmt. Der Hersteller hat viel unternommen, um das Gewicht möglichst niedrig zu halten. Und das ist definitiv gelungen. Das FlyingV fährt sich sportlich und spritzig und lässt sich bei Bedarf mühelos in den Keller tragen. Eine besser abgestufte Gangschaltung würde auch weniger sportive Personen abholen. Dennoch ist das Cannondale FlyingV ein rundum gelungenes E-City-Bike mit hohem Spaßfaktor.

Tops

  • gelungenes Design
  • geringes Gewicht, gut zu tragen
  • sorgenfreier Antrieb

Flops

  • 5-Gang-Schaltung mit begrenzter Gangabstufung

Mehr Infos unter cannondale.com.

Words: Robin Ulbrich, Patrick Gruber Photos: Lars Engmann