
Das Specialized Turbo Creo 2 Expert wurde offensichtlich als Abenteuer-Maschine konzipiert: Die großzügige Reifenfreiheit von 29” × 2.2, eine Variostütze, ein Dämpfungssystem im Vorbau und das geringe Gesamtgewicht sprechen eine klare Sprache. Serienmäßig verzichtet das Bike vollständig auf eine Alltagsausstattung. Für diesen Test hat Specialized aber zur besseren Vergleichbarkeit eine Sonderausstattung bereitgestellt: Ergänzt wurden ein Gepäckträger, Schutzbleche, Lichter und ein Flaschenhalter mit integriertem Multitool. Kleiner Wermutstropfen: Die Variostütze fiel dabei einem Rücklicht am Sattel zum Opfer.


Es ist empfehlenswert, dass Käufer des Specialized Creo neben den 8.500 € Anschaffungspreis ein ähnliches Upgrade einplanen, um es sinnvoll als Commuter- oder Everyday-Bike nutzen zu können. Zugegeben, ein stolzer Preis, dafür liefern die Amerikaner dann aber auch einiges: Die Verarbeitung des edlen Carbonramens ist tadellos, die Geometrie präzise abgestimmt, der im Vergleich zum Vorgänger überarbeitete und angenehm leise Light-Motor wirkt ausgereift, und mit 15,78 kg in Rahmengröße 56 ist das Turbo Creo 2 Expert das leichteste voll ausgestattete Gravel-Bike im Testfeld. Bleibt die Frage: Ist das Turbo Creo 2 Expert die sagenumwobene eierlegende Wollmilchsau?

SPECIALIZED Turbo Creo 2 Expert
8.500 €
Technische Daten
Motor Specialized 1.2 SL 50 Nm
Akku Specialized SL1-320 320 Wh
Display MasterMind TCU
Bremse SRAM Rival 180/160 mm
Schaltung Sram GX Eagle AXS 1×12
Licht –
Reifen Tracer Pro 47 mm
Federungungssystem (v/h) Future Shock 3.0 20 mm / –
Gepäckträger –
Technische Details
Größen 49 52 54 56 58 61
Gewicht 15,78 kg
Zul. Gesamtgewicht 125 kg
Besonderheiten
Konnektivität
Range Extender
Diebstahlschutz



Das Specialized Turbo Creo 2 Expert im Test – Abenteuer auch im Alltag?
Das ins Oberrohr eingelassene, anpassbare MasterMind TCU-Display liefert einem während der Fahrt übersichtlich alle relevanten Informationen und ermöglicht Software-Updates des Bikes. Über die durchdachte Specialized-App kann das Creo individuell getunt oder aber die Fahrt aufgezeichnet werden. Ein besonderes Highlight ist die Diebstahlsicherung der App: Sie deaktiviert nicht nur den Motor, sondern löst auf Wunsch auch ein Alarmsignal aus, sobald das Bike bewegt wird – da beweist der Abenteurer doch durchaus Alltagstauglichkeit im harten Großstadtdschungel! Ein kleiner Schwachpunkt sind die unter dem Lenkertape verbauten Knöpfe zur Bedienung des Motorsystems. Sie bieten nur wenig haptisches Feedback, was die Bedienung besonders mit Handschuhen erschwert.

Auf und abseits der Piste überzeugt das Turbo Creo 2 mit herausragender Kontrolle und einer sportlich gestreckten Sitzposition, die zu hoher Laufruhe führt. Es ist eben diese Kombination, die das Sicherheitsgefühl stärkt und sich fast von selbst in Kühnheit, Mut und Geschwindigkeit übersetzt – begleitet von einem Dauergrinsen im Gesicht. Zum hohen Sicherheitsempfinden tragen auch die Reifen bei: Die verbauten Specialized Tracer zählen auf dem Trail zu den griffigsten Pneus im Test, während sie auf der Straße kaum schlechter rollen als ihre Konkurrenten – well done! Randnotiz: Die serienmäßige Variostütze mit 50 mm Hub dürfte das Sicherheitsempfinden zusätzlich steigern.


Trotz seiner ausgeprägten Laufruhe vermittelt das intuitive Specialized jedoch kein „Schienenfeeling“ wie das noch laufruhigere ROSE BACKROAD Plus EQ. Die präzise Lenkung und das geringe Gesamtgewicht verleihen dem Turbo Creo 2 Expert vielmehr eine angenehme Leichtgängigkeit, die zu langen Tagen im Sattel und spontanen Antritten einlädt. Allerdings erreicht das Creo nicht die Verspieltheit des BMC URS AMP LT TWO oder des Moustache Dimanche 29.4. Besonders gefallen hat uns die große Bandbreite der elektronischen Schaltung SRAM Rival eTap AXS mit 10–50 Zähnen – selbst in den steilsten Passagen bleibt damit das Grinsen mit 16–16 Zähnen fest im Gesicht stehen.



Die Flucht nach vorn und die brachiale Kraft der Wollsau schon mal unter Beweis gestellt, fehlen jetzt nur noch Eier und Milch. Hier können wir sagen: Das intuitive und präzise Handling des Turbo Creo 2 Expert gefällt sogar unter Zuladung, was unter anderem auf den hervorragend verarbeiteten Carbonrahmen zurückzuführen sein dürfte. Bemerkenswert dabei: Obwohl das Bike nicht primär als Commuter ausgelegt ist – zur Erinnerung, es verfügt serienmäßig über keine Alltagsausstattung – verhält es sich mit ordentlich Gewicht am Gepäckträger nahezu identisch wie ohne. Wackeln oder Hecklastigkeit? Fehlanzeige! In dieser Disziplin muss sich das Specialized Creo lediglich dem Specialized Turbo Tero X 5.0 geschlagen geben. Wohlgemerkt handelt es sich beim Bruder im US-Portfolio um ein E-SUV, das wir bewusst als Kontrast zu den E-Gravel-Bikes ins Testfeld aufgenommen haben.



In Sachen Komfort überzeugt das Future Shock 3.0 genannte Dämpfungssystem im Vorbau mit 20 mm Federweg. Per Drehknopf auf dem Vorbau lässt sich das Ansprechverhalten Dämpfung während der Fahrt sprichwörtlich im Handumdrehen anpassen. Die verbaute Feder ist in drei Härtegraden im Lieferumfang enthalten, wodurch sich das System individuell auf das Fahrergewicht abstimmen lässt. Im gesamten Testzeitraum hat das Future Shock 3.0 spürbar bessere Dämpfungseigenschaften gezeigt als die Elastomer-Varianten am Moustache Dimanche 29.4 EQ oder dem BMC URS. Dennoch kann es erwartungsgemäß nicht mit den Luftfedergabeln im Test mithalten, wie etwa am Riese & Müller UBN Five commute. Zudem wirken Bikes mit kombinierter Front- und Heckdämpfung insgesamt ausbalancierter im Komfort. Dazu zählen neben dem Testsieger Canyon Grizl:ONfly CF Daily auch das Moustache Dimanche, das BMC URS und das Specialized Turbo Tero X.


Beim Thema Usability und Ausstattung hinterlässt das Specialized Turbo Creo 2 Expert einen zwiespältigen Eindruck: Einerseits kann das geringe Gewicht auch im urbanen Umfeld seine Vorteile ausspielen – etwa für diejenigen, die ihr Bike in den vierten Stock tragen müssen. Zudem ist es sowohl Heck- als auch Frontträger-kompatibel und bietet zusätzliche Anschraubpunkte am Rahmen und an der Gabel, was reichlich Optionen zur Individualisierung schafft. Andererseits beschleicht uns das Gefühl, dass ein Umbau zum Alltags- oder Pendelrad dem Bike einen Teil seiner eigentlichen Bestimmung nimmt. Ein kleines Beispiel: Die großzügige Reifenfreiheit von bis zu 29” x 2.2 schrumpft mit montierten Schutzblechen auf das Testfeld-Mittelmaß von 45 mm. Tatsächlich sind die verbauten Tracer-Reifen mit 47 mm Breite eigentlich schon zwei Millimeter zu breit für die vorhandenen Schutzbleche. Darüber hinaus lassen sich weder der Akku entnehmen noch ein Fahrradständer nachrüsten.


Insgesamt wirken die nachträglich montierten Anbauteile am Creo im Vergleich zu den alltagstauglichen Bikes im Test erwartungsgemäß weniger ausgefeilt – einzig das Multitool am Flaschenhalter überzeugt auf ganzer Linie. Dennoch vermitteln sie einen guten Eindruck vom Potenzial des Specialized Creo als Everyday- oder Commuter-Bike. Davon abgesehen ist das Gesamtpaket stimmig: Das ausgereifte Motorsystem, die durchdachte Dämpfung, das geringe Gewicht, die makellose Verarbeitung und das intuitive Handling machen das Creo aus unserer Sicht zu einem echten Kauftipp.

Für wen ist das Specialized Turbo Creo 2 Expert?
Das Specialized Turbo Creo 2 spricht vor allem Abenteurer und Tourenfahrer an, die Wert auf Fahrspaß und Offroad-Performance legen. Sein hohes Sicherheitsgefühl resultiert aus der gelungenen Kombination aus Laufruhe, stimmige Geometrie, effektiver Dämpfung und präziser Lenkung – ein Paket, das Entdeckerherzen höherschlagen lassen wird. Die gestreckte Sitzposition und die natürliche Unterstützung des Motors bewahren dabei einen sportlichen Charakter. Unter den E-Gravel-Bikes im Test meisterte das Creo die breiteste Palette an Untergründen souverän. Besonders abseits befestigter Wege überzeugte es die Tester, während auf der Straße andere Modelle knapp die Nase vorn hatten: Für den reinen Straßeneinsatz erwies sich das Ultima Mobility eGRAVEL YIN sport als überzeugende Alternative, und im reinen Pendleralltag glänzte das Riese & Müller. Aber genau das will das Creo ja nicht: Sich vorwiegend auf einen Einsatzzweck konzentrieren.
Mit seinem vielseitigen Profil ist das Turbo Creo 2 die ideale Wahl für ausgedehnte Abenteuer – unabhängig von Untergrund oder Tourlänge. Wer es hingegen als Alltags- oder Pendlerbike nutzen möchte, sollte etwas Zeit in die Auswahl der passenden Anbauteile investieren und ein entsprechendes Budget einplanen.
Fahreigenschaften
SICHERHEITSEMPFINDEN
- niedrig
- hoch
MOTORPERFORMANCE
- niedrig
- hoch
STABILITÄT
- nervös
- laufruhig
HANDLING
- herausfordernd
- intuitiv
Alltagstauglichkeit
- niedrig
- hoch
FAHRSPAß
- niedrig
- hoch
VIELSEITIGKEIT
- niedrig
- hoch
KOMFORT
- straff
- komfortabel
Einsatzgebiet
Pendeln
Abenteuer
Everyday
Eisdiele
Fazit zum Specialized Turbo Creo 2 Expert
Zugegeben, wir haben das Specialized Creo etwas aus seiner Komfortzone gelockt. In erster Linie ist es ein spaßiges Abenteurer-Bike mit natürlicher Motorunterstützung, präzisem Handling und reichlich Reserven für Ausfahrten ins Ungewisse. Doch schon die einfache Alltagsausstattung unserer Testkonfiguration zeigte sein weiteres Potenzial als Pendler-Bike. Sein souveränes Fahrverhalten unter Beladung und das geringe Systemgewicht setzen Maßstäbe. Mit der richtigen Auswahl an Schutzblechen, Beleuchtung und Gepäcklösungen kommt das Creo der eierlegenden Wollmilchsau verdächtig nahe – und verdient sich ungeachtet des Preises unseren Kauftipp!

Tops
- intuitives Handling
- hoher Fahrspaß
- hochwertige Verarbeitung
- geringes Gewicht

Flops
- schwaches haptisches Feedback der Lenkerknöpfe
- fest verbauter Akku
Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com

Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Gravel-Bike 2025 – Die spannendsten Modelle im großen Vergleichstest
Alle Bikes im Test: BMC URS AMP LT TWO, Canyon Commuter:ONfly 7, Canyon Grizl:ON Daily, Moustache Dimanche 29.4 EQ, Riese & Müller UBN Five commute, ROSE BACKROAD Plus EQ, Specialized Turbo Creo 2 Expert, Specialized Turbo Tero X 5.0, Ultima Mobility eGRAVEL YIN SPORT.
Words: Jonny Grapentin Photos: Jan Richter