Ein City-E-Bike mit vollständig recycelbarem Kunststoffrahmen – klingt zukunftsweisend, oder? Doch wie fährt sich das neue Advanced Reco Urban mit Bosch Performance Line SX-Motor und einem Rahmen aus Composite-Granulat? Wir haben das Bike für euch getestet und verraten euch, ob sich so die Zukunft anfühlt.

Advanced geht auch bei seinem Reco Urban neue Wege: Statt auf bewährtes Aluminium oder Carbon setzt der Hersteller auf einen Kunststoffrahmen, der zu 100 % recycelbar ist. Diese Entscheidung klingt vielversprechend, wenn es um Nachhaltigkeit geht, aber was bedeutet das in der Praxis? Der Rahmen des Reco Urban wird im Spritzgussverfahren hergestellt, was eine Gewichtsersparnis verspricht, doch mit 21,2 kg in One-Size-Größe bleibt das Bike weit entfernt von einem Leichtgewicht – und das trotz kleinem 400-Wh-Akku. Das One-Size-Größenkonzept soll für Fahrer von 1,60 bis 1,85 m passend sein. Preislich geht das Advanced Reco Urban in unserer Ausstattungsvariante für 3.999 € über die Ladentheke.

Advanced Reco Urban | 400 Wh | 21,2 kg in Größe One-Size | 3.999 € | Hersteller-Website

One look is all it takes – Was macht das Advanced Reco Urban besonders?

Das Besondere am Advanced Reco Urban ist zweifellos der zu 100 % recycelbare Rahmen. Er wird in Deutschland im Spritzgussverfahren gegossen und reduziert bei der Produktion die CO₂-Emissionen um rund 50 % im Vergleich zu herkömmlichen Aluminiumrahmen. Ein klarer Pluspunkt für alle, die Wert auf Nachhaltigkeit legen. Alle Infos zum Spritzgussverfahren der Advanced-Rahmen findet ihr im Test des Advanced Reco One.

Schweißnähte? Fehlanzeige! Der Kunststoffrahmen des Advanced Reco Urban wurde mittels eines Spritzgussverfahrens aus einem Guss hergestellt und lässt das Bike super schick wirken.

Optisch wirkt das Advanced Reco Urban super schick, klare Linien und ein minimalistisches Design prägen das Erscheinungsbild. Der Advanced-Schriftzug ist dezent in den Rahmen integriert und verleiht dem Bike ein hochwertiges Finish. Die Farbe „Cloud“ soll die dunklen Wolken am Himmel verschwinden lassen und präsentiert das Advanced Reco Urban in schlichtem Weiß.

Für den nötigen Rückenwind sorgt der 55 Nm starke Bosch Performance Line SX-Motor, der unauffällig im Bike integriert ist und zum edlen Design des Bikes beiträgt. Wir haben für euch bereits herausgefunden, warum das urbane Biken mit dem Bosch Performance Line SX-Motor besser wird. Gespeist wird der Motor vom Bosch CompactTube-Akku mit 400 Wh. In Zukunft soll das Advanced Reco auch mit einem 250 Wh Range Extender erhältlich sein, der dann die Gesamt-Akkukapazität auf 650 Wh erhöht. Der Akku lässt sich beim Advanced Reco Urban jedoch nicht aus dem Unterrohr entnehmen und das City-Bike muss über den Ladeport in Steuerrohrnähe aufgeladen werden. So benötigt ihr bei eurem Abstellplatz eine Steckdose oder müsst das Bike in eure Wohnung nehmen – bei einem Gesamtgewicht von 21,2 kg nicht gerade ideal. Die Abdeckung des Ladeports wird nur über einen Magnetverschluss gehalten und wirkt wenig hochwertig verarbeitet. Gesteuert wird das Motorsystem von der Bosch Purion 200-Bedieneinheit am Lenker, die Display und Remote in einem vereint und gut zum minimalistischen Design des Bikes passt.

One look is all and it’s gone. Aufgrund des geringen Diebstahlschutzes am Reco Urban sollte man das Bike selbst bei kurzem Einkauf nicht aus den Augen lassen, denn außer der E-Bike-Lock-Funktion, die dank des Bosch-Motorsystems integriert ist, finden sich keine weiteren Schutzmaßnahmen vor möglichen Langfingern am Bike – schade.

Die Bosch Purion 200-Bedieneinheit passt gut zum minimalistischen Design des City-Bikes und zeigt alle nötigen Fahrdaten auf dem kleinen Display an.
Die Abdeckung des Ladeports am Advanced Reco Urban wirkt wenig hochwertig und wird nur über einen Magnetverschluss gehalten.

Geschaltet wird über die stufenlose Enviolo URBAN-Nabenschaltung, die nicht wie herkömmlich mit einer Kette, sondern mit einem wartungsarmen Riemen kombiniert ist. Denn hier fallen nervige Wartungsarbeiten wie Reinigen oder Ölen weg. Auch optisch reihen sich die beiden Komponenten gut ins Gesamtbild ein. Trübt doch mal schlechtes Wetter die Fahrt mit dem Reco Urban, sollen die montierten Schutzbleche den nötigen Spritzschutz bieten. Direkt daran integriert sind Seitenträger, ein TRELOCK-Rücklicht sowie das MicroRack, wobei beim Heckgepäckträger das Limit von 8 kg beim Beladen nicht überschritten werden darf. Bricht dann auch noch die Nacht unverhofft früher ein, bringt euch das helle Lezyne-Frontlicht auch noch zur späten Stunde sicher nach Hause. Wer auf das Front- und Rücklicht sowie Schutzbleche und Gepäckträger verzichten kann, wählt die 300 € billigere Ausstattungsvariante des Advanced Reco Urban.

Für den nötigen Komfort sorgen – zumindest vorn – die 40 mm Federweg der SR Suntour-Federgabel. Gebremst wird über die Shimano-Zweikolbenbremsen, die vorne mit einer 180 mm großen Bremsscheibe und am Heck mit einer 160-mm-Bremsscheibe kombiniert werden. Zum Verzögern benötigen die Hinterradbremse etwas höhere Bedienkräfte, nur die Vorderradbremse sollte behutsamer betätigt werden, um einen Abgang über den Lenker zu vermeiden.

Das MicroRack auf dem Schutzblech des City-E-Bikes darf mit maximal 8 kg beladen werden – für den Single-Haushalt-Einkauf sollte das ausreichen.
Die stufenlose Enviolo URBAN-Nabenschaltung bietet in Kombination mit dem montierten Riemen ein wartungsarmes Antriebspaket, kommt durch die begrenzte Übersetzungsbandbreite aber auf Anstiegen an ihre Grenzen.

Minimalism, no extravagance – Das Advanced Reco Urban im Praxistest

Tiefeinsteiger? Nicht ganz. Der Aufstieg auf das Reco Urban erfordert anfangs ein etwas höheres Anheben des Beins, wird jedoch durch das leicht abfallende Oberrohr erleichtert. Zum Einstellen der Sattelstütze muss zum Werkzeug gegriffen werden, einen Schnellspanner gibt es hier leider nicht. Schade, denn wird das E-Bike von mehreren Personen genutzt, bedarf das Einstellen etwas mehr Zeit.

Praktisch ist jedoch der winkelverstellbare Vorbau, der zwar auch mit einem Werkzeug verstellt werden muss, doch lässt sich so das One-Size Größenkonzept an die persönlichen Vorlieben des Fahrers sowie die Fahrergröße anpassen. Im Vorbau ist außerdem eine SP-Connect-Halterung integriert, die euer Smartphone zum Navigieren im Straßenverkehr trägt. Cool!

… trägt gleichzeitig eine SP-Connect-Halterung.
Praktisch! Der winkelverstellbare Vorbau lässt sich mit Werkzeug verstellen, an die Vorlieben des Fahrers anpassen und …

Startet man seine Fahrt, wirkt das Advanced Reco Urban schon auf den ersten Metern super kompakt. Die Sitzposition ist aufrecht, was eine gute Übersicht über den Stadtverkehr ermöglicht. Tritt man in die Pedale, unterstützt der Bosch Performance Line SX-Motor gut und man erreicht dank der glatten Continental Contact Urban Reifen schnell die 25-km/h-Grenze.

Das Handling des Reco Urban ist einfach und das Bike setzt Lenkimpulse direkt um. In Verbindung mit den kompakten Maßen fährt man so flink und agil über den vollen Wochenmarkt. Aufgrund des einzigen Federelements am Reco Urban, der 40-mm-Federgabel an der Front, ist der Komfort am Bike aber mangelhaft. Der weiche Sattel am Heck und der leichte Flex des Kunststoffrahmens schaffen etwas Abhilfe, bei der Fahrt über den Marktplatz wird man auf Kopfsteinpflaster aber trotzdem ordentlich durchgeschüttelt. Bloß keine Eier einkaufen!

Der Komfort des Advanced Reco Urban ist so schlecht, dass selbst Jan’s Bräunungsstreifen darüber nachdenken, weicher zu werden.
Durch das intuitive Handling und die kompakten Maße des Advanced Reco Urban lässt sich das Bike agil über die Asphaltstraße jagen.

Stark limitiert wird das Advanced Reco Urban von der Enviolo-URBAN-Nabenschaltung. Während diese zwar an der Ampel den Vorteil bringt, im Stehen die Übersetzung anzupassen, kommt sie durch die zu geringe Bandbreite von 256 % in Verbindung mit dem Bosch Performance Line SX-Motor auf steileren Straßen an ihre Grenzen. Denn sie harmoniert schlecht mit dem Motor, der gerne mit einer etwas höheren Trittfrequenz gefahren werden will, was an Anstiegen bei der begrenzten Übersetzung nicht möglich ist. Selbst kurze Anstiege auf dem Asphalt benötigen deshalb viel Eigenleistung und enden mit knackenden Geräuschen der Nabenschaltung. In hügeligen Städten wie beispielsweise San Francisco oder auch Stuttgart muss hier abgestiegen werden, es sei denn, ihr habt Oberschenkel wie Arnold Schwarzenegger. Geht es wieder bergab, verzögern die Shimano-Bremsen zuverlässig.

Für wen ist das Advanced Reco Urban, für wen nicht?

Das Advanced Reco Urban ist ideal für stilbewusste Stadtbewohner, die auf der Suche nach einem umweltfreundlichen und gleichzeitig schicken Bike für kurze Strecken sind. Es eignet sich auch gut für den täglichen Weg zur Arbeit oder die schnelle Fahrt zum Tennisplatz 🙂 Wer jedoch in hügeligen Städten wohnt oder regelmäßig längere Touren plant, sollte sich aufgrund der begrenzten Übersetzungsbandbreite und Akkukapazität nach einer Alternative umsehen.

Abkühlung gefällig? Wem der Fahrtwind auf dem Reco Urban noch nicht ausreicht, der greift zur Wasserspritzpistole und kann so für Erfrischung sorgen 😉

Fazit zum Advanced Reco Urban

Advanced präsentiert mit dem Reco Urban ein edles City-Bike, das dank der Kunststoffspritzguss-Technologie nicht nur nahtlos schick aussieht, sondern auch einen vollständig recycelbaren Rahmen bietet. Doch auch wenn es auf den ersten Blick viele Pluspunkte sammelt, zeigt der Praxistest einige Schwächen: Besonders die begrenzte Bandbreite der Nabenschaltung und die geringe Akkukapazität schränken das Einsatzspektrum ein. Für flache, urbane Strecken ist das Reco Urban jedoch eine attraktive und umweltfreundliche Wahl.

Tops

  • recycelbarer Kunststoffrahmen
  • Minimalistisches, schickes Design
  • gute Agilität

Flops

  • geringer Diebstahlschutz
  • zu geringe Übersetzungsbandbreite
  • wenig Komfort

Für mehr Infos besucht Advanced.tech

Words: Benedikt Schmidt Photos: Antonia Feder